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Abstieg von Al Jazeera
Einst Stimme der Unterdrückten - und heute?

Al Jazeera war angesehen: Der Sender gab Unterdrückten eine Stimme und setzte den klinischen Kriegsbildern der USA etwas entgegen. Und heute? Vom Vorzeige-Journalismus ist nicht viel über. Das hat viel mit dem Geldgeber zu tun: dem Emirat Katar.

Von Sabine Rossi |
    Journalisten arbeiten in Doha, der Hauptstadt von Katar, in einem Newsroom des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira.
    Der Nachrichtenraum des arabischen Nachrichtensenders Al-Jazeera in Doha, der Hauptstadt von Katar. (picture alliance / dpa / Tim Brakemeier)
    Die Krise am Golf und die deutschen Bemühungen zu vermitteln sind der Aufmacher in den Mittagsnachrichten von Al Jazeera Arabic.
    Al Jazeera spielt eine zentrale Rolle im aktuellen Zerwürfnis zwischen Saudi-Arabien und weiteren arabischen Staaten auf der einen und Katar auf der anderen Seite. Saudi-Arabien und Jordanien haben die Büros des Senders geschlossen und die Lizenz entzogen.
    Zu viel staatliche Agenda?
    Der einstige Leuchtturm des Journalismus in der Arabischen Welt ist in Ungnade gefallen. In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Reporter, Redakteure und Korrespondenten dem Sender den Rücken gekehrt - so wie Ali Hashem.
    "Der Grund, warum ich Al Jazeera verlassen habe, ist die mangelnde Professionalität. Ich hatte das Gefühl, dass ich dazu gedrängt wurde, eine bestimmte staatliche Agenda zu bedienen, die Katars."
    Rückblende: Vor gut 20 Jahren - am 1. November 1996 - war Al Jazeera über Satellit auf Sendung gegangen. Für die Zuschauer in der Arabischen Welt etwas völlig Neues. Statt der Propaganda des Staatsfernsehens sahen sie kontroverse Diskussionen, über die brennenden Fragen in der Region. Al Jazeera, das vom Emirat Katar finanziert wird, wollte den Unterdrückten eine Stimme geben, denen, die sonst nicht gehört werden.
    Unter Einsatz ihres Lebens zeigten die Reporter das Leid der Menschen. Al Jazeera leitete damit auch ein Umdenken bei Zuschauern im Westen ein.
    Al Jazeeras Journalismus zunehmend fragwürdig
    Als 2011 Demonstranten quer durch die Arabische Welt gegen die Langzeitmachthaber auf die Straße gingen, war Al Jazeera zu einem internationalen Medienkonzern herangewachsen. Auch diesmal stand der Sender aus Katar auf der Seite der Unterdrückten. Doch in den Jahren darauf verschob sich das mehr und mehr hin zu ausgewählten Gruppen, denen, die das Emirat finanzierte.
    Al Jazeera selbst verteidigt sich, wieder und wieder. In einem Interview mit dem ARD-Studio Kairo sagt Al Anstey, 2014 einer der führenden Programmmacher bei der englischen Ausgabe von Al Jazeera: "Was unsere Journalisten machen, ist Journalismus. Ganz einfach! Und das ist festgelegt in Al Jazeeras interner DNA."
    Doch Al Jazeeras Journalismus ist zunehmend fragwürdig, überschreitet die Grenzen der möglichst objektiven Berichterstattung. So wie im Herbst 2015 im Syrienkrieg. Al Jazeeras Reporter waren live vor Ort, als die libanesischen Streitkräfte und die Nusra-Front Gefangene austauschten. Den Deal mit den Extremisten vom Schlage Al Kaidas hatte zuvor das Königshaus in Katar ausgehandelt.
    Auch diesen Vorfall führen Kritiker heute an - gegen Katar und sein Medienimperium, allen voran Al Jazeera. Wie es mit dem Sender weitergeht, der Programme in der Türkei und auf dem Balkan unterhält, ist offen. Beobachter gehen davon aus, dass Katar zu Zugeständnissen gezwungen ist, will es die derzeitige Krise beilegen.