In einem Bericht der Menschenrechtsorganisation werden zehn Luftangriffe und nächtliche Razzien des US-Militärs zwischen 2009 und 2013 beschrieben, bei denen laut Amnesty 140 Zivilisten getötet wurden. In keinem der Fälle, die man untersucht habe - so die Organisation - sei überhaupt ein Strafverfahren eingeleitet worden. Für den Bericht seien 125 Zeugen, Opfer und Familienmitglieder interviewt worden. Obwohl die US-Armee in den meisten Fällen Untersuchungen angekündigt habe, seien die Angehörigen und Augenzeugen fast nie angehört worden, beklagt die Organisation.
Eine der Fallstudien, die Amnesty veröffentlichte, bezog sich auf eine Razzia einer US-Spezialeinheit in der Provinz Wardak, westlich der Hauptstadt Kabul zwischen 2012 und 2013. Die Organisation berichtete über spurlos verschwundene Personen, Folter an Gefangenen und getöteten Zivilisten. Ein Zeuge, der von dem Spezialkommando Ende 2012 festgehalten wurde, sagte aus, dass er täglich brutal geschlagen und mit Elektroschlägen und Wasser gefoltert wurde. Einer seiner Mitgefangenen sei von den amerikanischen Soldaten getötet worden.
"US-Militärstrafsystem muss reformiert werden"
"Tausende von Afghanen wurden seit der Invasion von US-Truppen getötet oder verletzt, doch die Opfer und deren Familien haben wenig Chancen auf Entschädigung", erklärte der Amnesty-Vertreter Richard Bennett. "Die US-Militärjustiz zieht in fast allen Fällen ihre Soldaten bei unrechtmäßiger Tötung oder anderen Übergriffen nicht zur Verantwortung".
Laut Amnesty hat die US-amerikanische Justiz seit 2009 in nur sechs Fällen US-Soldaten für Verbrechen in Afghanistan vor Gericht gestellt. Die Menschenrechtsorganisation forderte die amerikanische Armee auf, eine umgehende Untersuchung der Vorfälle aus dem Bericht aufzunehmen. Das US-Militärstrafsystem müsse dringend reformiert werden, sagte Bennett.
Auch die Bundesregierung müsse sich als Truppensteller in Afghanistan dafür einsetzen, dass Todesfälle unter Zivilisten umfassend untersucht und Opfer entschädigt würden.
(sdö/pb)