Egon Ramms, NATO-General a.D., bestätigte im Deutschlandradio Kultur einen Bericht der "Bild"-Zeitung, wonach die Bundeswehr Daten zur gezielten Tötung von Taliban-Kämpfern in Afghanistan gesammelt und genutzt hat.
Ramms war rund vier Jahre lang Kommandeur des Allied Joint Force Command in Brunssum und damit auch zuständig für die Afghanistaneinsätze. Auf die Frage, ob Daten über Taliban-Kämpfer gesammelt worden seien, um diese gezielt zu töten, antwortete Ramms: "Selbstverständlich."
Telefonnummern zur Ortung benutzt
Die "Bild"-Zeitung hatte zuvor berichtet, dass ein deutscher Generalmajor 2011 als Kommandeur in Afghanistan mögliche Personen-Ziele ausgewählt habe. Im deutschen Hauptquartier in Masar-i-Scharif gab es demnach Soldaten, die den Auftrag hatten, dafür Informationen zu sammeln.
Laut dem Bericht hat der Bundesnachrichtendienst (BND) zudem die Erlaubnis gegeben, seine Informationen zur gezielten Tötung von Menschen einzusetzen, falls ein Angriff drohe. "Eine Verwendung zum Zwecke des Einsatzes tödlicher Gewalt ist nur dann zulässig, solange und soweit ein gegenwärtiger Angriff vorliegt oder unmittelbar droht", zitierte die "Bild"-Zeitung aus einem geheimen Bericht zum Taliban-Führer Kari Jusuf aus dem Jahr 2011. Darin habe der Geheimdienst auch Telefonnummern übermittelt, mit denen Jusuf geortet werden konnte.
Ramms: Durch internationales Völkerrecht gedeckt
Die Praxis gezielter Tötungen von Aufständischen ist international hoch umstritten. In Deutschland wird schon lange darüber diskutiert, welchen Anteil die Bundeswehr und der Bundesnachrichtendienst an den meist von den USA geführten Drohnenangriffen haben.
Ramms betonte, die Öffentlichkeit sei keineswegs über die Art des Bundeswehreinsatzes getäuscht worden, denn es habe sich dabei um einen normalen militärischen Einsatz gehandelt, "der nicht mit zivilrechtlichen Maßstäben gemessen werden darf". Zudem sei der Einsatz durch internationales Völkerrecht gedeckt.
Mehr als 1200 Anträge von Ortskräften
Ende 2014 endet die ISAF-Mission in Afghanistan mit deutscher Beteiligung. Die Bundeswehr hat deshalb Ortskräften, die wegen ihrer Tätigkeit für die Armee nach dem Abzug der Truppen gefährdet sind, eine Einreise nach Deutschland in Aussicht gestellt.
Bisher haben laut einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa 1.201 Afghanen einen entsprechenden Antrag gestellt. Etwa 46 Prozent seien positiv beschieden worden.
(hba/bor)