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Alternative Energiequellen
Bodenschatz Grundwasser

München will das Grundwasser anzapfen, um Gebäude zu heizen oder zu kühlen – je nach Bedarf. Die dafür notwendige Grundwassermessung in und um München wird gerade durchgeführt. Sollte das Projekt klappen, könnte die Stadt ab 2020 mit sauberer Energie versorgt werden.

Von Susanne Lettenbauer |
    "Das hier ist ein sogenanntes Lichtlot. Das ist eine Apparatur, um den Grundwasserstand zu messen."
    Timo Spörlein vom Bayerischen Landesamt für Umwelt hält eine Art Maßband in der Hand. Neben ihm ragt eine Betonsäule aus dem Boden der Münchner Isaraue - direkt im Stadtzentrum.
    "Das Rohr ist ungefähr dreizehn Meter tief und der Grundwasserstand ist bei vier Metern ungefähr, was wir gleich messen können."
    Eine Woche lang werden Timo Spörlein und seine 30 Messtrupps an 6500 ähnlichen Grundwassermesspfeilern den Wasserstand nehmen. Gemeinsam mit 500 Wasserversorgern, Messnetzbetreibern, den Wasserwirtschaftsämtern und Kommunen der Münchner Schotterebene - von Fürstenfeldbruck bis nach Freising und ins Voralpenland - ein Gebiet dreimal so groß wie München:
    "Also das geht jetzt ins Rohr hier rein und das piepst gleich. Jetzt sind wir beim Wasser und müssen es wieder ein Stück rausziehen noch. Jetzt hört es auf und genau bei vier Metern, das können wir hier ablesen, wissen wir in genau vier Metern ist das Grundwasser."
    Heizen mit Grundwasser
    Die Grundwassermessung in und um München ist die bisher umfangreichste in Deutschland. Sie soll vor allem dem langfristigen Zweck dienen, München bis 2020 mit sauberer Energie zu versorgen, denn München sitze auf einem riesigen Reservoir des neu in den Focus gerückten, alternativen Energieträgers. Und die Nutzung sei nahezu unsichtbar, im Gegensatz zu Windkraftanlagen, so Timo Spörlein mit Blick auf die Kritik an Windrädern und neuen Stromtrassen in Bayern.
    Das durchschnittlich acht Grad kalte Grundwasser als regeneratives Heizmittel, aber auch zum Kühlen zu nutzen - das ist das Ziel der Untersuchungen, betont auch Bayerns Umweltminister Marcel Huber. Der Freistaat finanziert das Großprojekt mit 840.000 Euro. München profitiere mehrfach vom "Bodenschatz Grundwasser”, so der Minister, "es wärmt und kühlt klimafreundlich und spart dabei noch Energie.”
    Bis zu 20 Grad Celsius erreicht die Temperatur des Grundwassers im Münchner Stadtkern, angeheizt durch Tiefgaragen und U-Bahnschächte - ein Potenzial, das Bestens zum Heizen von Wohnungen genutzt werden kann, so Kai Zoßeder, der wissenschaftliche Projektleiter von der Technischen Universität München. Er ist überzeugt:
    "Mit Grundwasserwärme und Grundwasserkälte kann der Bedarf einer Großstadt wie München annähernd gedeckt werden."
    Sein Wissenschaftlerteam vom Hydrogeologischen Lehrstuhl erhofft sich von den Daten einen genauen Überblick über Temperaturentwicklung und Fließrichtung des Grundwassers. So können Entnahme- und Rückleitungsstellen, sogenannte Schluckbrunnen, geplant werden, auch Grundwasserwärmepumpen gehören mit zu den Überlegungen. Denn steht genügend Grundwasser zur Verfügung, können Grundwasserbrunnenanlagen in Verbindung mit Wärmepumpen zur Versorgung ganzer Wohngebiete eingesetzt werden.
    "Unser Ziel wäre hier tatsächlich, dass wir hier ein möglichst großes Potenzial ausnutzen können und dass wir hier tatsächlich genau den Bedarf abdecken können über die regenerative Energie oberflächennahe Geothermie, aber nicht nur so, sondern auch in Zusammenspiel mit anderen regenerativen Technologien."
    Die derzeitige Grundwassermessung gilt bei den Wissenschaftlern auch als Pilotprojekt für andere deutsche Großtädte. Ähnliche aktuelle Untersuchungen in Berlin oder in Karlsruhe könnten vergleichbare Energiereserven erschließen wie in München. Dann müssen Klimaanlagen nicht mit Strom betrieben werden, sondern klimafreundlich mit Wasser.
    Wie genau jedoch die Entnahme des Grundwassers für Kühl- oder Heizzwecke und dessen Rückführung sich auf die Gewässerökologie auswirkt, dazu liegen noch keine Erkenntnisse vor. Auch das soll mit dem Projekt erforscht werden.