"Guten Tag. Bei mir zahlen Sie drei Euro Parkgebühren, dann fahren Sie circa zwo Kilometer geradeaus auf den großen Torbogen zu. Hinter diesem Torbogen links ist der Parkplatz. Von dort sind es 500 bis 800 Meter bis Burg Vogelsang. Kriegen Sie noch die Broschüren. Danke. Nix zu danken. Wiedersehen."
Erst wenn man seine Parkgebühren bezahlt hat, öffnet sich der Schlagbaum. Noch bis Ende 2005 war hier der Kontrollposten der belgischen Militärs. Jahrzehntelang war das Areal, auf dem Burg Vogelsang liegt, militärisches Sperrgebiet. Erst seit Anfang 2006 ist das großräumige Gelände für jedermann zugänglich. Mitten in der Eifel landschaftlich wunderbar gelegen, verbirgt sich im Wald eine riesige, von den Nazis gebaute Schulungsstätte. Eine mittelalterliche Burg, wie der Name Burg Vogelsang andeutet, findet man hier also nicht, sondern eine so genannte Ordensburg, wie die Nationalsozialisten das nannten. Hier sollte die Führungselite der Partei ausgebildet und geschult werden. Und dafür hatte man sich ganz bewusst diese beeindruckende Naturkulisse ausgesucht, erzählt der Journalist Franz Albert Heinen, der sich seit vielen Jahren mit der Geschichte dieses Ortes befasst hat.
"Diese NS-Ordensburgen sollten nach dem Willen ihres Erbauers Robert Ley an landschaftlich jeweils herausragenden Punkten errichtet werden und hier im Westen wird sich so schnell kein landschaftlich herausragender Ort finden lassen, als eben diese Stelle an der Abbruchkante zum Urftsee. Man hat hier an der einen Seite den steilen Abhang zum Urftsee. Der Urftsee selbst erscheint auf den ersten Blick als fünf Seenland, weil durch zahlreiche Halbinseln wird der See noch mal aufgeteilt, steigt dann wieder steil der Kermeter Staatsforst hoch. Diese landschaftlich herausragende Situation hat dann der Architekt Clemens Klotz versucht zu toppen, indem er diese Landschaft mit dieser Architektur krönen wollte."
Wie überall, wo symbolische Bauten an die Nazis erinnern, hatte man auch hier Angst, dass so ein Ort zu einer Pilgerstätte für Rechtsextreme werden könnte. Solche Probleme habe es seit der Öffnung der Anlage so gut wie gar nicht gegeben, meint Franz Albert Heinen. In jedem Fall aber, meint er, sollten die Besucher an einer Führung teilnehmen, denn sonst könne man gar nicht verstehen, was es hier zu sehen gibt.
"Es macht überhaupt keinen Sinn, hier ohne eine Führung oder einen vorherigen Vortrag das Gelände zu erkunden, weil man es nicht begreifen kann. Hier steht eine riesige Kaserne, die in dieser Form so auch keinen Sinn macht, wenn man nicht die Vorgeschichte kennt."
Besonders an den Wochenenden gibt es daher fast stündlich organisierte Rundgänge. Heute führt Klaus Ring über das Gelände, der für die Entwicklung eines Nutzungskonzepts zuständig ist. Von der Bergkuppe, wo sich einige riesige Bauten entlang ziehen, blickt man den Hang hinunter auf den sich durch das Tal schlängelnden Urftsee.
"Das ist die Urfttalsperre, das ist die älteste Großtalsperre in Deutschland. 1900 Baubeginn, 1904 fertig geworden."
Schon damals, lange bevor die Nazis das Gelände beanspruchten, war die Gegend ein beliebtes Ausflugsziel.
"Es entwickelte sich schon vor dem ersten Weltkrieg ein Tourismus auf Grund der Wasserfläche. Da wurden schon Passagierschiffe eingesetzt. Es hat also bis 1939 einen florierenden Tourismus gegeben."
Oberhalb des Sees fand währenddessen die Ausbildung für diejenigen statt, die später die wichtigsten Positionen im NS-Staat besetzen sollten. Und so wie in Vogelsang gab es noch zwei weitere Ordensburgen, wo den so genannten Junkern, wie die Teilnehmer genannt wurden, die Rassenideologie der Nazis eingeimpft wurde.
"Man hatte sich vorgestellt, dass jeweils ein Jahr in diesen drei Ordensburgen Vogelsang, Krössinsee und Sonthofen stattfinden sollte, und so ein Abschluss von einem halben Jahr auf der Marienburg in Ostpreußen. Keiner von denen, die 1937 angefangen haben mit dieser Ausbildung, hat sie jemals beendet."
1939, mit Beginn des zweiten Weltkrieges, wurde die Ausbildung eingestellt. So gut wie alle der durch und durch fanatischen Eliteschüler meldeten sich sofort an die Front, wo die meisten bald starben, erklärt Klaus Ring, während wir vor einer Steinskulptur eines großen Adlers stehen, der in die Bruchsteinfassade integriert ist.
"Wir stehen hier auf dem so genannten Appellplatz. Das ist der Platz auf dem - hier habe ich ein Foto davon -, auf dem diese Junker jeden Morgen antreten mussten, um ihre Tagesparole entgegenzunehmen. Fahnenappell, und Sie sehen das Hoheitszeichen in Stein in diese Brüstung eingemauert. Natürlich hatte dieser Adler ehemals auch ein Hakenkreuz in den Fängen."
Das haben die Belgier, die das Gelände dann ab 1950 als Kaserne und Truppenübungsplatz nutzten, dann entfernt. Nur an einer, öffentlich nicht zugänglichen Stelle sei das Hakenkreuz noch erkennbar, erklärt Klaus Ring: in dem alles überragenden Turm der Anlage. Der Raum ist nur über eine enge Wendeltreppe erreichbar.
Die steilen Stufen erinnern tatsächlich etwas an einen mittelalterlichen Burgfried, wie die Nazis den Turm auch nannten. Tatsächlich aber ist das alles nur Stahlbeton und in dem Turm war im oberen Bereich ein Wasserspeicher integriert. Darunter allerdings entstand ein zehn bis 15 Meter hoher Raum innerhalb des Turmes, den die Nazis für ihre Zwecke nutzten.
"Das ist also der Kultraum beziehungsweise der Rest davon, wie er sich heute darstellt."
Wir stehen in einem etwa fünf mal fünf Meter großen Raum. An einer Seite ist ein Durchgang zu einem riesigen Saal, in dem damals der Unterricht für die so genannten Junker stattfand.
"Hier saßen also diese 400 Mann und haben dann über das Pult des Redners hinweg in den so genannten Kultraum geschaut, und die Analogie zum Aufbau einer christlichen Kirche ist eigentlich unübersehbar. Also dieser Raum ist der Chorraum oder der Altarraum einer christlichen Kirche, wenn man so will. Und diese 400 Mann schauten dann jeden Tag über den Vortragenden hinweg in diesen Raum und sahen eine etwa 3,80 Meter große Statue eines nackten Mannes, genannt der deutsche Mensch, und das war eine Idealverkörperung dieser Vorstellung von einem neuem Menschen, so wie die Nationalsozialisten ihn auch an diesem Ort schaffen wollten."
Im Steinboden ist das Hakenkreuz noch erkennbar, und man sieht, wo damals die Statue angebracht war. Die Wände sind übersäht von Löchern, die noch von der deutschen Wehrmacht stammen, als sie das Gelände kurz vor Ende des Krieges zur Sprengung vorbereiteten. Später nutzten die Belgier den Raum als Kletterwand. Jetzt steht es für Besucher offen, aber nur im Rahmen von Führungen. Denn wie so vieles hier auf dem Gelände könne man das meiste ohne Erklärung sowieso nicht zu verstehen, betont Klaus Ring:
"Es ist ganz gut, dass dieser Raum im Turm liegt und dieser Raum eine natürliche Zugangssperre hat durch das sehr enge Treppenhaus. Wir werden diesen Turm für vorbestellte Führungen öffnen können in Begleitung, und wir werden eine Kombination aus Turmbesteigung und Besichtigung des Kultraums, und wir freuen uns, dass wir diesen Raum mit geführten Gruppen zugänglich machen können. Dann können wir nämlich die recht komplizierte Interpretation dieses Raums auch mitliefern und haben ihn gleichzeitig auch ein bisschen unter Kontrolle."
Hier, erklärt Klaus Ring, in diesem pseudoreligiösen Kultraum wurden so genannte Braune Hochzeiten gefeiert. Besonders überzeugte Nationalsozialisten gaben sich hier das Ja-Wort. Ein Kultort des Rassenwahns, der nur wenig später in den millionenfachen Massenmord führen sollte.
Langsam und in Gedanken geht es die Treppen wieder hinunter. Draußen wartet jetzt eine ganz andere Führung mit Roland Wolgarten, einem Parkranger des Nationalparks Eifel. Man erkennt ihn gleich an dem typischen Hut, und genau das sei auch die Funktion, erklärt er gleich:
"Deswegen ist das auch bewusst gewählt worden, weil die meisten Ranger der Welt besonders in Europa und in Nordamerika diesen kanadischen Mountyhut anhaben, damit man uns auch von weitem schon erkennt und einordnen kann. Sieht man uns mit unserem Rangerhut, dann sieht man schon von weitem, ach, da kommt ein Ranger. Als Markenzeichen ist der Hut unheimlich gut."
Die frühere NS-Ordensburg liegt nämlich direkt am Rand des Nationalparks Eifel. Dem jüngsten der insgesamt 14 deutschen Nationalparks, der erst 2004 eingerichtet wurde. Als es dann darum ging, wie man die riesigen Bauwerke nutzen könne, einigten sich der Bund, das Land Nordrhein Westfalen und die umliegenden Gemeinden vor einigen Monaten, dass hier eine internationale Begegnungsstätte für Geschichts- wie auch Naturerfahrung entstehen soll. Für Investitionen von über 30 Millionen Euro soll die Nationalparkverwaltung genauso hier einziehen wie ein Dokumentationszentrum zur NS-Geschichte. Und weil man besonders junge Leute für die Kombination von Natur- und Geschichtsvermittlung interessieren will, ist eine große Jugendherberge mit über 200 Betten geplant.
Momentan ist davon noch nicht viel zu spüren. Außer dass die Parkranger hier ihre Führungen in die umliegende Natur beginnen. Aber bevor es losgeht, erklärt Roland Wolgarten noch mal nachdrücklich, dass niemand die gekennzeichneten Waldwege verlassen dürfe.
"Wir haben also an allen Haupteingängen, die für Wanderer zugänglich sind, große Hinweistafeln hingestellt, damit die Leute darauf aufmerksam gemacht werden, dass wir ein absolutes Wegegebot haben. Es ist also verboten, die Wege außerhalb der Bepflockung zu verlassen und andere Wege zu gehen."
Denn auch in den Wäldern rund um die damalige NS-Schule, erklärt der Ranger, liegen noch immer gefährliche Überreste des Zweiten Weltkrieges:
"Wir wissen aus den Quellen, die schon vorher hier waren, durch die belgischen Streitkräfte, dass in diesen Flächen Glasminen sind und Glasminen kann man mit einem normalen Minensuchgerät nicht orten."
Dafür aber, meint Roland Wolgarten, könne man die Tiere hier oft auch tagsüber beobachten, da sie im militärischen Sperrgebiet jahrzehntelang nicht gejagt wurden.
"Hier ist das Wild noch so zu erleben, wie von früher her bekannt ist. Das heißt am Tage auf Offenland. Aus dem einfachen Grunde hier ist so wenig Verkehr gewesen von Militär, dass das Wild sich ungestört im alten Lebensraum halten konnte und nicht wie in den anderen Wirtschaftswäldern, dass das Wild in den Wald gezogen ist und nur noch nachtaktiv war."
Im Nationalpark Eifel wird die Natur bewusst sich selbst überlassen. Bäume, die umfallen, bleiben liegen, und genauso sei das auch mit auch Bewohnern des Waldes, erklärt der Ranger, während er uns am Rande des Weges auf einige Tierknochen aufmerksam macht.
"Wenn irgendwo ein Tier verendet, bleibt es liegen. Was meinen Sie, was ist das? Genau, ein Wildschwein. Die anderen Tiere leben davon. Ob es jetzt der Fuchs ist, oder der Mistkäfer, der da drin ist oder die Ameisen, oder einzelne Vögel. Der Kopf wird ziemlich lange hier liegen bleiben, aber der Rest wird früher oder später weg sein."
Manchmal aber, meint Roland Wolgarten, sei es gar nicht so einfach die Besucher von den Regeln im Nationalpark Eifel zu überzeugen, besonders die tierischen Besucher_
"Es kann natürlich sein, wenn jemand mit einem Hund hier vorbei kommt, das hatten wir letzte Woche, der hatte das dann quer im Mund, so einen schönen Knochen lasse ich nicht mehr los, dann haben wir die Leute gebeten, dass er den Knochen bitte liegen lassen sollte. Das war zwar unheimliche Überredungskunst besonders in Richtung Hund, aber er hat es dann losgelassen."
Erst wenn man seine Parkgebühren bezahlt hat, öffnet sich der Schlagbaum. Noch bis Ende 2005 war hier der Kontrollposten der belgischen Militärs. Jahrzehntelang war das Areal, auf dem Burg Vogelsang liegt, militärisches Sperrgebiet. Erst seit Anfang 2006 ist das großräumige Gelände für jedermann zugänglich. Mitten in der Eifel landschaftlich wunderbar gelegen, verbirgt sich im Wald eine riesige, von den Nazis gebaute Schulungsstätte. Eine mittelalterliche Burg, wie der Name Burg Vogelsang andeutet, findet man hier also nicht, sondern eine so genannte Ordensburg, wie die Nationalsozialisten das nannten. Hier sollte die Führungselite der Partei ausgebildet und geschult werden. Und dafür hatte man sich ganz bewusst diese beeindruckende Naturkulisse ausgesucht, erzählt der Journalist Franz Albert Heinen, der sich seit vielen Jahren mit der Geschichte dieses Ortes befasst hat.
"Diese NS-Ordensburgen sollten nach dem Willen ihres Erbauers Robert Ley an landschaftlich jeweils herausragenden Punkten errichtet werden und hier im Westen wird sich so schnell kein landschaftlich herausragender Ort finden lassen, als eben diese Stelle an der Abbruchkante zum Urftsee. Man hat hier an der einen Seite den steilen Abhang zum Urftsee. Der Urftsee selbst erscheint auf den ersten Blick als fünf Seenland, weil durch zahlreiche Halbinseln wird der See noch mal aufgeteilt, steigt dann wieder steil der Kermeter Staatsforst hoch. Diese landschaftlich herausragende Situation hat dann der Architekt Clemens Klotz versucht zu toppen, indem er diese Landschaft mit dieser Architektur krönen wollte."
Wie überall, wo symbolische Bauten an die Nazis erinnern, hatte man auch hier Angst, dass so ein Ort zu einer Pilgerstätte für Rechtsextreme werden könnte. Solche Probleme habe es seit der Öffnung der Anlage so gut wie gar nicht gegeben, meint Franz Albert Heinen. In jedem Fall aber, meint er, sollten die Besucher an einer Führung teilnehmen, denn sonst könne man gar nicht verstehen, was es hier zu sehen gibt.
"Es macht überhaupt keinen Sinn, hier ohne eine Führung oder einen vorherigen Vortrag das Gelände zu erkunden, weil man es nicht begreifen kann. Hier steht eine riesige Kaserne, die in dieser Form so auch keinen Sinn macht, wenn man nicht die Vorgeschichte kennt."
Besonders an den Wochenenden gibt es daher fast stündlich organisierte Rundgänge. Heute führt Klaus Ring über das Gelände, der für die Entwicklung eines Nutzungskonzepts zuständig ist. Von der Bergkuppe, wo sich einige riesige Bauten entlang ziehen, blickt man den Hang hinunter auf den sich durch das Tal schlängelnden Urftsee.
"Das ist die Urfttalsperre, das ist die älteste Großtalsperre in Deutschland. 1900 Baubeginn, 1904 fertig geworden."
Schon damals, lange bevor die Nazis das Gelände beanspruchten, war die Gegend ein beliebtes Ausflugsziel.
"Es entwickelte sich schon vor dem ersten Weltkrieg ein Tourismus auf Grund der Wasserfläche. Da wurden schon Passagierschiffe eingesetzt. Es hat also bis 1939 einen florierenden Tourismus gegeben."
Oberhalb des Sees fand währenddessen die Ausbildung für diejenigen statt, die später die wichtigsten Positionen im NS-Staat besetzen sollten. Und so wie in Vogelsang gab es noch zwei weitere Ordensburgen, wo den so genannten Junkern, wie die Teilnehmer genannt wurden, die Rassenideologie der Nazis eingeimpft wurde.
"Man hatte sich vorgestellt, dass jeweils ein Jahr in diesen drei Ordensburgen Vogelsang, Krössinsee und Sonthofen stattfinden sollte, und so ein Abschluss von einem halben Jahr auf der Marienburg in Ostpreußen. Keiner von denen, die 1937 angefangen haben mit dieser Ausbildung, hat sie jemals beendet."
1939, mit Beginn des zweiten Weltkrieges, wurde die Ausbildung eingestellt. So gut wie alle der durch und durch fanatischen Eliteschüler meldeten sich sofort an die Front, wo die meisten bald starben, erklärt Klaus Ring, während wir vor einer Steinskulptur eines großen Adlers stehen, der in die Bruchsteinfassade integriert ist.
"Wir stehen hier auf dem so genannten Appellplatz. Das ist der Platz auf dem - hier habe ich ein Foto davon -, auf dem diese Junker jeden Morgen antreten mussten, um ihre Tagesparole entgegenzunehmen. Fahnenappell, und Sie sehen das Hoheitszeichen in Stein in diese Brüstung eingemauert. Natürlich hatte dieser Adler ehemals auch ein Hakenkreuz in den Fängen."
Das haben die Belgier, die das Gelände dann ab 1950 als Kaserne und Truppenübungsplatz nutzten, dann entfernt. Nur an einer, öffentlich nicht zugänglichen Stelle sei das Hakenkreuz noch erkennbar, erklärt Klaus Ring: in dem alles überragenden Turm der Anlage. Der Raum ist nur über eine enge Wendeltreppe erreichbar.
Die steilen Stufen erinnern tatsächlich etwas an einen mittelalterlichen Burgfried, wie die Nazis den Turm auch nannten. Tatsächlich aber ist das alles nur Stahlbeton und in dem Turm war im oberen Bereich ein Wasserspeicher integriert. Darunter allerdings entstand ein zehn bis 15 Meter hoher Raum innerhalb des Turmes, den die Nazis für ihre Zwecke nutzten.
"Das ist also der Kultraum beziehungsweise der Rest davon, wie er sich heute darstellt."
Wir stehen in einem etwa fünf mal fünf Meter großen Raum. An einer Seite ist ein Durchgang zu einem riesigen Saal, in dem damals der Unterricht für die so genannten Junker stattfand.
"Hier saßen also diese 400 Mann und haben dann über das Pult des Redners hinweg in den so genannten Kultraum geschaut, und die Analogie zum Aufbau einer christlichen Kirche ist eigentlich unübersehbar. Also dieser Raum ist der Chorraum oder der Altarraum einer christlichen Kirche, wenn man so will. Und diese 400 Mann schauten dann jeden Tag über den Vortragenden hinweg in diesen Raum und sahen eine etwa 3,80 Meter große Statue eines nackten Mannes, genannt der deutsche Mensch, und das war eine Idealverkörperung dieser Vorstellung von einem neuem Menschen, so wie die Nationalsozialisten ihn auch an diesem Ort schaffen wollten."
Im Steinboden ist das Hakenkreuz noch erkennbar, und man sieht, wo damals die Statue angebracht war. Die Wände sind übersäht von Löchern, die noch von der deutschen Wehrmacht stammen, als sie das Gelände kurz vor Ende des Krieges zur Sprengung vorbereiteten. Später nutzten die Belgier den Raum als Kletterwand. Jetzt steht es für Besucher offen, aber nur im Rahmen von Führungen. Denn wie so vieles hier auf dem Gelände könne man das meiste ohne Erklärung sowieso nicht zu verstehen, betont Klaus Ring:
"Es ist ganz gut, dass dieser Raum im Turm liegt und dieser Raum eine natürliche Zugangssperre hat durch das sehr enge Treppenhaus. Wir werden diesen Turm für vorbestellte Führungen öffnen können in Begleitung, und wir werden eine Kombination aus Turmbesteigung und Besichtigung des Kultraums, und wir freuen uns, dass wir diesen Raum mit geführten Gruppen zugänglich machen können. Dann können wir nämlich die recht komplizierte Interpretation dieses Raums auch mitliefern und haben ihn gleichzeitig auch ein bisschen unter Kontrolle."
Hier, erklärt Klaus Ring, in diesem pseudoreligiösen Kultraum wurden so genannte Braune Hochzeiten gefeiert. Besonders überzeugte Nationalsozialisten gaben sich hier das Ja-Wort. Ein Kultort des Rassenwahns, der nur wenig später in den millionenfachen Massenmord führen sollte.
Langsam und in Gedanken geht es die Treppen wieder hinunter. Draußen wartet jetzt eine ganz andere Führung mit Roland Wolgarten, einem Parkranger des Nationalparks Eifel. Man erkennt ihn gleich an dem typischen Hut, und genau das sei auch die Funktion, erklärt er gleich:
"Deswegen ist das auch bewusst gewählt worden, weil die meisten Ranger der Welt besonders in Europa und in Nordamerika diesen kanadischen Mountyhut anhaben, damit man uns auch von weitem schon erkennt und einordnen kann. Sieht man uns mit unserem Rangerhut, dann sieht man schon von weitem, ach, da kommt ein Ranger. Als Markenzeichen ist der Hut unheimlich gut."
Die frühere NS-Ordensburg liegt nämlich direkt am Rand des Nationalparks Eifel. Dem jüngsten der insgesamt 14 deutschen Nationalparks, der erst 2004 eingerichtet wurde. Als es dann darum ging, wie man die riesigen Bauwerke nutzen könne, einigten sich der Bund, das Land Nordrhein Westfalen und die umliegenden Gemeinden vor einigen Monaten, dass hier eine internationale Begegnungsstätte für Geschichts- wie auch Naturerfahrung entstehen soll. Für Investitionen von über 30 Millionen Euro soll die Nationalparkverwaltung genauso hier einziehen wie ein Dokumentationszentrum zur NS-Geschichte. Und weil man besonders junge Leute für die Kombination von Natur- und Geschichtsvermittlung interessieren will, ist eine große Jugendherberge mit über 200 Betten geplant.
Momentan ist davon noch nicht viel zu spüren. Außer dass die Parkranger hier ihre Führungen in die umliegende Natur beginnen. Aber bevor es losgeht, erklärt Roland Wolgarten noch mal nachdrücklich, dass niemand die gekennzeichneten Waldwege verlassen dürfe.
"Wir haben also an allen Haupteingängen, die für Wanderer zugänglich sind, große Hinweistafeln hingestellt, damit die Leute darauf aufmerksam gemacht werden, dass wir ein absolutes Wegegebot haben. Es ist also verboten, die Wege außerhalb der Bepflockung zu verlassen und andere Wege zu gehen."
Denn auch in den Wäldern rund um die damalige NS-Schule, erklärt der Ranger, liegen noch immer gefährliche Überreste des Zweiten Weltkrieges:
"Wir wissen aus den Quellen, die schon vorher hier waren, durch die belgischen Streitkräfte, dass in diesen Flächen Glasminen sind und Glasminen kann man mit einem normalen Minensuchgerät nicht orten."
Dafür aber, meint Roland Wolgarten, könne man die Tiere hier oft auch tagsüber beobachten, da sie im militärischen Sperrgebiet jahrzehntelang nicht gejagt wurden.
"Hier ist das Wild noch so zu erleben, wie von früher her bekannt ist. Das heißt am Tage auf Offenland. Aus dem einfachen Grunde hier ist so wenig Verkehr gewesen von Militär, dass das Wild sich ungestört im alten Lebensraum halten konnte und nicht wie in den anderen Wirtschaftswäldern, dass das Wild in den Wald gezogen ist und nur noch nachtaktiv war."
Im Nationalpark Eifel wird die Natur bewusst sich selbst überlassen. Bäume, die umfallen, bleiben liegen, und genauso sei das auch mit auch Bewohnern des Waldes, erklärt der Ranger, während er uns am Rande des Weges auf einige Tierknochen aufmerksam macht.
"Wenn irgendwo ein Tier verendet, bleibt es liegen. Was meinen Sie, was ist das? Genau, ein Wildschwein. Die anderen Tiere leben davon. Ob es jetzt der Fuchs ist, oder der Mistkäfer, der da drin ist oder die Ameisen, oder einzelne Vögel. Der Kopf wird ziemlich lange hier liegen bleiben, aber der Rest wird früher oder später weg sein."
Manchmal aber, meint Roland Wolgarten, sei es gar nicht so einfach die Besucher von den Regeln im Nationalpark Eifel zu überzeugen, besonders die tierischen Besucher_
"Es kann natürlich sein, wenn jemand mit einem Hund hier vorbei kommt, das hatten wir letzte Woche, der hatte das dann quer im Mund, so einen schönen Knochen lasse ich nicht mehr los, dann haben wir die Leute gebeten, dass er den Knochen bitte liegen lassen sollte. Das war zwar unheimliche Überredungskunst besonders in Richtung Hund, aber er hat es dann losgelassen."