Hans-Dietrich Genscher:
"Mit Befriedigung konnte ich Übereinstimmung in folgenden Punkten feststellen: Der Wille der Deutschen, ihre Vereinigung ordnungsgemäß und ohne Verzögerung zu vollziehen, wurde von allen Teilnehmern anerkannt. Die Einheit Deutschlands soll zu einem Gewinn für alle Staaten werden. Ziel der Gespräche ist es, eine abschließende völkerrechtliche Regelung und die Ablösung der Vier-Mächte-Rechte und -Verantwortlichkeiten zu erreichen."
Auftakt eines historischen Prozesses. Am 5. Mai 1990 gibt der damalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher sichtlich erregt das Ergebnis der ersten Zwei-plus-Vier-Konferenz in Bonn bekannt. Im Weltsaal des Auswärtigen Amtes hatten sich zuvor die Delegationen der Bundesrepublik und der DDR mit den vier Alliierten USA, Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion über den Weg zur Deutschen Einheit geeinigt. Am Tisch saß eine geballte Macht: Seit dem Potsdamer Abkommen von 1945 besaßen die vier Mächte die Rechte und Verantwortlichkeiten in allen Fragen, die Gesamtdeutschland betrafen. Die Vereinigung beider deutschen Staaten und deren Rahmen-Bedingungen waren nur mit ihrer Zustimmung möglich.
Die Schlüsselrolle spielte aber die Sowjetunion, die mit dem Verlust der DDR aus ihrem Einflussbereich das größte Opfer aufzubringen hatte. Erst mit der Zustimmung des damaligen Präsidenten Michail Gorbatschow im Februar 1990 wurde der Weg zur Einheit frei – doch viele Aspekte waren noch ungeklärt. Deshalb musste im Frühjahr 1990 ein Format gefunden werden, in dem die äußeren Aspekte der Deutschen Einheit verhandelt werden konnten. Das war die Geburtsstunde der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen auf der Open-Skies-Konferenz im kanadischen Ottawa Mitte Februar 1990. Auf ihr wollten die Staaten der NATO und des Warschauer Paktes eigentlich über vertrauensbildende Maßnahmen in der militärischen Luftüberwachung verhandeln. Doch die Deutsche Frage überschattete alles. Hans-Dietrich Genscher erinnert sich:
"Gorbatschow hatte gesagt, die Deutsche Einheit sei eine Angelegenheit der Deutschen, aber was nicht geregelt war, welcher Status das vereinte Deutschland haben würde, wie würden die Sicherheitsinteressen in Europa berücksichtigt, wie die Interessen der vier Mächte ... das waren also Washington, Paris, London und Moskau. Und deshalb schlug ich vor, dass man diese Open Skies Konferenz in Ottawa nutzt, um dort den Zwei–plus-Vier Prozess, eine Formel, die zwischen mir und den Amerikanern entwickelt worden war, in Gang zu setzen. Zwei - das hieß die beiden deutschen Staaten - und vier, das sind die eben genannten vier Staaten. Und da alle anwesend waren bei dieser Konferenz in Ottawa ... empfahl es sich, dort über die Einsetzung der Konferenz zu verhandeln, was mit einigen Schwierigkeiten auch gelang."
Mit der Formel Zwei-plus-Vier sollte aber noch viel mehr ausgedrückt werden – nämlich dass die beiden deutschen Staaten in den Verhandlungen gleichberechtigte Partner sein würden und die vier Alliierten nicht über ihre Köpfe hinweg entscheiden könnten. Frank Elbe, damals Büroleiter von Hans-Dietrich Genscher und Mitglied der bundesdeutschen Zwei-plus-Vier-Delegation:
"Wir waren immer noch geschockt von der demütigenden Behandlung, die die beiden deutschen Delegationen erfahren hatten auf der letzten deutschlandpolitischen Konferenz in Genf Anfang der 50er Jahre, wo die beiden deutschen Delegationen an Katzentischen Platz nehmen mussten. Und das wollten wir nicht. Unsere Meinung war, dass die Leistung Nachkriegs-Deutschlands so groß war, was die Stabilisierung der Demokratie anging, dass wir es verdient hatten, mit den anderen an einem Konferenz-Tisch zu sitzen."
Diese Position setzte sich schließlich auch durch. Im Abschluss-Kommuniqué von Ottawa hieß es knapp, dass sich die Außenminister der sechs Staaten treffen würden, um …
"... die äußeren Aspekte der Herstellung der deutschen Einheit, einschließlich der Fragen der Sicherheit der Nachbarstaaten, zu besprechen."
Damit war der Zwei-plus-Vier-Prozess geboren – und eine der spannendsten Phasen der deutschen Nachkriegs-Diplomatie hatte begonnen.
Konkret gab es vier Treffen der sechs Außenminister in Bonn, Ost-Berlin, Paris und schließlich in Moskau. Auf der letzten Sitzung wurde der Zwei-plus-Vier-Vertrag unterzeichnet. Vorbereitet wurden die Treffen durch Konferenzen auf Beamten-Ebene, die alle in Bonn und Ost-Berlin stattfanden. Die erste Außenministerkonferenz in Bonn am 5. Mai 1990 fand bei strahlendem Sonnenschein an einem Samstag statt. Hunderte von Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes hatten sich einen Sonderausweis geben lassen, um an dem historischen Tag mit dabei zu sein. Schnell zeigte sich, dass die Teilnehmer an "einem runden Tisch mit scharfen Ecken" saßen, wie der sowjetische Außenminister Eduard Schewardnadse die Situation später beschreib. Zwar bekräftigte er die generelle Zustimmung der Sowjetunion zur Einheit – doch er machte auch deutlich, dass eine Mitgliedschaft des vereinten Deutschlands in der NATO für Moskau nicht in Frage käme. Peter Hartmann, damals stellvertretender Leiter der Auslandsabteilung im Bundeskanzleramt und Mitglied der bundesdeutschen Zwei-plus-Vier-Delegation:
"Das war für die Sowjets in der Tat die harte Nuss ... Für uns war es eine klare conditio sine qua non, sowohl für den Bundeskanzler, als auch für den Bundesaußenminister, für die Amerikaner ... Das wussten die Sowjets. Aber sie haben natürlich hier noch länger taktiert. Immer unter Berufung darauf, dass es in der Sowjetunion, also in Moskau, Gegner dieses Einigungsprozesses gab. Und insbesondere natürlich auch Leute gab, die hier einen Ausverkauf sowjetischer Sicherheitsinteressen befürchteten ..."
Immer wieder legte die sowjetische Seite in der Bündnis-Frage neue Vorschläge auf den Tisch, die eine NATO-Mitgliedschaft verhindern sollten. Ein großer Rückschlag war vor allem das zweite Zwei-plus-Vier-Minister-Treffen in Ost-Berlin. Doch niemals waren die Äußerungen von Schewardnadse kategorisch. Sie ließen Spielraum zum Verhandeln, waren geradezu eine Einladung, Kompromisse zu finden.
"Das muss man auch aus der Sicht der Sowjetunion verstehen. Über Jahrzehnte hatte man sowohl Deutschland als auch die NATO dämonisiert als den ideologischen Feind, als die Bedrohung der sozialistischen Staaten. Hinzu kam, dass das sowjetische Volk ja einen kolossalen Blutzoll in dem so genannten Großen Vaterländischen Krieg gegen Deutschland geleistet hatte. Und nun ist plötzlich eine Situation da, wo die Sowjetunion zustimmen soll, dass ... Deutschland nicht nur vereint, sondern auch noch Mitglied in der NATO sein soll. Das war eine ungeheuer schwierige psychologische Situation. Und aus diesen Schwierigkeiten heraus wird verständlich, dass insbesondere Schewardnadse immer in Schritten auf uns zugegangen ist ... und nicht von vornherein auf das Thema NATO-Mitgliedschaft springen durfte. Dazu bedurfte es erst eines vorsichtigen, behutsamen Prozesses der Ent-Dämonisierung dieser Frage."
Beide Seiten leisteten dazu ihren Beitrag. Von besonderer Bedeutung war dabei die Konferenz der NATO-Außenminister im schottischen Turnberry im Juni 1990. Die dort vermittelte Botschaft half Gorbatschow, sich auf dem folgenden 18. Parteitag der KPdSU gegen den heftigen Protest der Hardliner gegen eine NATO-Mitgliedschaft des vereinten Deutschlands durchzusetzen. Dort hieß es:
"Wir, die Außenminister der Allianz, bekunden unsere Entschlossenheit, die historische Chance zu ergreifen, die sich aus den grundlegenden Veränderungen in Europa ergibt, eine neue europäische Friedensordnung zu schaffen... In diesem Geiste reichen wir der Sowjetunion und allen anderen europäischen Ländern die Hand zu Freundschaft und Zusammenarbeit."
Diese Entwicklung machte es möglich, dass Gorbatschow der NATO-Mitgliedschaft schließlich zustimmte – zunächst gegenüber den USA und dann auch beim berühmten Treffen von Bundeskanzler Kohl im Kaukasus im Juli 1990.
Diese Zwischenstationen ergänzten den Zwei-plus-Vier-Prozess, der mit den vereinbarten Konferenzen weiter voranschritt. Von besonderer Bedeutung war auch das dritte Zwei-plus-Vier-Treffen in Paris. An ihm nahm auch der polnische Außenminister Krzysztof Skubiszewski teil. Denn es ging um die endgültige Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze als polnische Westgrenze – und damit auch um einen Verzicht des vereinten Deutschlands auf die ehemaligen deutschen Ost-Gebiete. Dies war eine absolute Vorbedingung aller vier Alliierten. Für Hans-Dietrich Genscher gab es daran auch nichts zu deuteln. Schon in Ottawa hatte er klargestellt:
"Wir sagen allen unseren Nachbarn, was wir vereinigen wollen: die Bundesrepublik Deutschland, die Deutsche Demokratische Republik und das ganze Berlin. Nicht weniger, aber auch nicht mehr."
Bundeskanzler Kohl sagte das nicht immer so deutlich. Um das gewichtige Wählerpotential der Vertriebenen-Verbände - treue Wähler der Union - nicht zu verlieren, zögerte er, die polnische Westgrenze anzuerkennen. Dies könne nur ein gesamtdeutsches Parlament nach der Wiedervereinigung, so seine Argumentation. Mit dieser Haltung erregte er nicht nur in Polen und der Sowjetunion tiefes Misstrauen, sondern auch bei den westlichen Allliierten. Auch der Zwei-plus-Vier-Delegation der DDR war die Anerkennung der polnischen Westgrenze ein großes Anliegen. Der damalige Außenminister des Landes, Markus Meckel, erklärt seine Position:
"Für uns war klar: Die Grenze, das heißt die früheren ostdeutschen Gebiete, waren durch Hitler schon verspielt und es ging jetzt um eine langfristige vertrauenserweckende Festlegung dieser Grenze, damit deutlich wird: Wir sagen hierzu nicht nur ja unter Druck, sondern wir Deutsche kennen unsere Verantwortung aus dieser Geschichte und sagen souverän und klar in klarer Selbstbegrenzung hierzu ja."
Anfang September 1990 waren die Verhandlungen auf Beamten-Ebene weitgehend unter Dach und Fach. Auf dem letzen Außenminister-Treffen in Moskau sollte der Zwei-plus-Vier-Vertrag am 12. September unterzeichnet werden. Doch in letzter Minute schoss völlig unerwartet die britische Seite quer und brachte das Abkommen fast zum Scheitern.
Hans-Dietrich Genscher:
"Ich kam abends an und meine Mitarbeiter, die dort noch die letzten Gespräche geführt hatten, holten mich am Flugplatz ab und sagten mir schon, es gebe Probleme, weil London ... verlangte, dass in dem schon fertig formulierten Vertrag noch eine Klausel aufgenommen würde, dass zukünftig auch Manöver der Alliierten im Gebiet der DDR stattfanden. Ich muss zum Hintergrund sagen, dass bei der Lösung der NATO-Frage wir immer darauf bestanden haben, dass das Gebiet der DDR in die NATO eingeschlossen wird, aber es wurde eine Ausnahme gemacht: nämlich das verbündete Truppen auf dem Gebiet der früheren DDR nicht stationiert werden. Und nun kam die Forderung plötzlich und wirklich in letzter Stunde, sie sollten dort Manöver machen können."
Genscher und seine Mitarbeiter waren aufs höchste alarmiert. Zu gut wussten sie, dass die Sowjetunion in der Sicherheitsfrage bis an die Grenze ihrer Möglichkeiten gegangen war und jetzt vom Vertragstext nicht mehr abrücken würde.
Noch am Abend musste eine Lösung her. Ein ohnehin angesetztes Abendessen zwischen Genscher und dem britischen Außenminister Douglas Hurd in der Residenz des deutschen Botschafters kam da gerade recht. Frank Elbe, der daran teilnahm, erinnert sich:
"Genscher hat noch mal seinen Punkt klar gemacht ... Und dann hat Hurd, der ein wirklich hilfreicher Mann in diesem ganzen Prozess war, zu Hans-Dietrich Genscher gesagt: Also, wenn Dir das so viel bedeutet, dann gebe ich jetzt meiner Delegation Weisung, in diesem Punkt nachzugeben. Er hat diese Weisung gegeben. Der Delegationsleiter ... hat sich nicht daran gehalten."
Doch davon wussten Genscher und Elbe noch nichts, als sie am späten Abend erleichtert in ihr Hotel zurückkehrten und auf Dieter Kastrup stießen.
Dieter Kastrup, damals Politischer Direktor im Auswärtigen Amt und Leiter der bundesdeutschen Zwei-plus-Vier-Delegation auf Beamten-Ebene:
"Als Genscher zurückkam von dem Essen, das muss so gegen 11 Uhr gewesen sein, empfing ich ihn im Hotel-Flur. Der kam also sehr fröhlich in sein Zimmer, da habe ich ihn mit den Worten empfangen: Ihnen wird die Fröhlichkeit noch vergehen, wenn ich Ihnen jetzt sage, wie die Lage ist. Ich habe ihm die Situation geschildert und Genscher wurde kreidebleich ... Vorausgegangen war nämlich eine Mitteilung des sowjetischen Protokolls, dass auf Anordnung von Schewardnadse die für den anderen Tag vorgesehene Vertragsunterzeichnung nicht stattfinden könne, da nicht über alle Fragen Einigkeit hergestellt worden sei."
Damit hatte sich die Lage dramatisch zugespitzt. In wenigen Stunden drohte ein diplomatisches Debakel mit weit reichenden Konsequenzen: das Scheitern monatelanger Verhandlungen. In dieser Situation konnte nur noch der Druck der Amerikaner auf die britische Seite helfen.
"Das war eine katastrophale Situation, und wir mussten in der Nacht handeln und Genscher entschloss sich, den amerikanischen Außenminister Baker aufzusuchen. Das war alles etwas kompliziert. Denn die Mitarbeiter von Baker gaben uns zu verstehen, dass er Jetlag habe, eine Schlaftablette genommen habe und auch einen kleinen Whisky getrunken habe. Aber er stand dann trotzdem zur Verfügung. Und wir kamen dann in das Hotel, in dem die Amerikaner untergebracht waren. Und es gab dann die berühmter Pyjama-Konferenz. Baker und seine Mitarbeiter waren in Pyjamas und Schlafröcken erschienen und wir verhandelten dann mit den Amerikanern, wie wir den festgefahrenen Zug wieder in Bewegung bringen könnten."
Schließlich wurde in der Nacht ein Kompromiss gefunden – Dieter Kastrup schrieb eine Protokoll-Notiz, die später in den Vertrag einging. Sie besagt im Wesentlichen, dass die deutsche Seite nach der Vereinigung selbst in verantwortungsvoller Weise über die Manöver-Frage entscheidet. Dieser Lösung stimmten schließlich alle zu, so dass der Vertag doch am nächsten Tag unterzeichnet werden konnte.
Viel wurde spekuliert, warum der britische Delegationsleiter sich gegen die Anweisung des eigenen Außenministers gestellt habe. Genscher und sein Mitarbeiter glauben, dass er auf direkte Anweisung von Margaret Thatcher gehandelt habe, obwohl er dies bestreitet. Dieter Kastrup:
"Das war ein letzter Versuch, so muss man das wohl interpretieren, den Gang der Geschichte aufzuhalten."
Hans-Dietrich Genscher:
"Es war eine sehr kritische Situation, aber ich spürte dann, dass auch der britische Außenminister, Douglas Hurd, der ja sehr offen war für die deutsche Vereinigung und in einem erkennbaren Widerspruch zu Frau Thatcher stand, froh war, dass man – ich darf´s mal etwas volkstümlich ausdrücken - die Kuh vom Eise hatte."
Mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag wurde ein Schlussstrich unter die Nachkriegs-Ära gezogen. Er ermöglichte die Vereinigung der beiden deutschen Staaten, erkannte die Oder-Neiße-Grenze als endgültige deutsche Ostgrenze an und löste die Rechte und Verantwortlichkeiten der Alliierten ab. Dadurch wurde das vereinte Deutschland ein voll-souveräner Staat ohne Sonderstatus. Das Abkommen trat erst nach der Ratifizierung durch die beteiligten Staaten im März 1991 in Kraft. Die Alliierten erklärten sich jedoch bereit, ihre Rechte und Verantwortlichkeiten bereits vor dem 3. Oktober 1990 zu suspendieren, so dass der für diesen Tag angesetzten Einheit nichts mehr im Weg stand. Markus Meckel war es nicht vergönnt, den Vertrag selbst zu unterscheiben, weil zu diesem Zeitpunkt die Regierungs-Koaltion in der DDR zerbrochen war. Er würdigt das Abkommen als große Leistung:
"Nachträglich muss ich sagen, das der Zwei-plus-Vier-Prozess und dann auch dieser entsprechende internationale Vertrag, der ja faktisch, auch wenn nicht formell, faktisch so etwas wie der Friedensvertrag für Deutschland war, ohne dass er ein Friedensvertrag in allen Facetten ist, und damit die Nachkriegszeit beendet hat. Dies ist der wichtigste und ich glaube, der beste Vertag im Zusammenhang der Deutschen Einheit ... Bei Zwei-plus-Vier muss man sagen, ist dies der große Vertrag zur Deutschen Einheit, der die deutsche Einigung in die europäische Einigung einbettet."
Ähnlich sieht dies auch Hans-Dietrich Genscher. Für den in der Nähe von Halle geborenen Außenminister war die Unterzeichnung eine ganz besondere Stunde:
"Der Vertrag war unverzichtbar für die deutsche Vereinigung, weil diese vier Mächte natürlich sicher sein wollten, welchen Weg jetzt sicherheitspolitisch das vereinte Deutschland geht. Wir wiederum waren daran interessiert, dass der Vertrag sicherstellte, dass das vereinte Deutschland die Freiheit behält, Mitglied der NATO zu bleiben und auch innerhalb der Europäischen Gemeinschaft Schritt für Schritt die europäische Sicherheitspolitik auszubauen. Aber für mich war das natürlich auch sehr stark ein emotionales Erlebnis, die Hand unter ein Dokument setzen zu können, das den Weg frei machte für die deutsche Vereinigung. Es ist ja der Vertrag, der die Zustimmung des Auslandes in West und Ost sicherstellte zur Deutschen Einheit. Und ich muss sagen, dass ich innerlich sehr erregt war."
"Mit Befriedigung konnte ich Übereinstimmung in folgenden Punkten feststellen: Der Wille der Deutschen, ihre Vereinigung ordnungsgemäß und ohne Verzögerung zu vollziehen, wurde von allen Teilnehmern anerkannt. Die Einheit Deutschlands soll zu einem Gewinn für alle Staaten werden. Ziel der Gespräche ist es, eine abschließende völkerrechtliche Regelung und die Ablösung der Vier-Mächte-Rechte und -Verantwortlichkeiten zu erreichen."
Auftakt eines historischen Prozesses. Am 5. Mai 1990 gibt der damalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher sichtlich erregt das Ergebnis der ersten Zwei-plus-Vier-Konferenz in Bonn bekannt. Im Weltsaal des Auswärtigen Amtes hatten sich zuvor die Delegationen der Bundesrepublik und der DDR mit den vier Alliierten USA, Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion über den Weg zur Deutschen Einheit geeinigt. Am Tisch saß eine geballte Macht: Seit dem Potsdamer Abkommen von 1945 besaßen die vier Mächte die Rechte und Verantwortlichkeiten in allen Fragen, die Gesamtdeutschland betrafen. Die Vereinigung beider deutschen Staaten und deren Rahmen-Bedingungen waren nur mit ihrer Zustimmung möglich.
Die Schlüsselrolle spielte aber die Sowjetunion, die mit dem Verlust der DDR aus ihrem Einflussbereich das größte Opfer aufzubringen hatte. Erst mit der Zustimmung des damaligen Präsidenten Michail Gorbatschow im Februar 1990 wurde der Weg zur Einheit frei – doch viele Aspekte waren noch ungeklärt. Deshalb musste im Frühjahr 1990 ein Format gefunden werden, in dem die äußeren Aspekte der Deutschen Einheit verhandelt werden konnten. Das war die Geburtsstunde der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen auf der Open-Skies-Konferenz im kanadischen Ottawa Mitte Februar 1990. Auf ihr wollten die Staaten der NATO und des Warschauer Paktes eigentlich über vertrauensbildende Maßnahmen in der militärischen Luftüberwachung verhandeln. Doch die Deutsche Frage überschattete alles. Hans-Dietrich Genscher erinnert sich:
"Gorbatschow hatte gesagt, die Deutsche Einheit sei eine Angelegenheit der Deutschen, aber was nicht geregelt war, welcher Status das vereinte Deutschland haben würde, wie würden die Sicherheitsinteressen in Europa berücksichtigt, wie die Interessen der vier Mächte ... das waren also Washington, Paris, London und Moskau. Und deshalb schlug ich vor, dass man diese Open Skies Konferenz in Ottawa nutzt, um dort den Zwei–plus-Vier Prozess, eine Formel, die zwischen mir und den Amerikanern entwickelt worden war, in Gang zu setzen. Zwei - das hieß die beiden deutschen Staaten - und vier, das sind die eben genannten vier Staaten. Und da alle anwesend waren bei dieser Konferenz in Ottawa ... empfahl es sich, dort über die Einsetzung der Konferenz zu verhandeln, was mit einigen Schwierigkeiten auch gelang."
Mit der Formel Zwei-plus-Vier sollte aber noch viel mehr ausgedrückt werden – nämlich dass die beiden deutschen Staaten in den Verhandlungen gleichberechtigte Partner sein würden und die vier Alliierten nicht über ihre Köpfe hinweg entscheiden könnten. Frank Elbe, damals Büroleiter von Hans-Dietrich Genscher und Mitglied der bundesdeutschen Zwei-plus-Vier-Delegation:
"Wir waren immer noch geschockt von der demütigenden Behandlung, die die beiden deutschen Delegationen erfahren hatten auf der letzten deutschlandpolitischen Konferenz in Genf Anfang der 50er Jahre, wo die beiden deutschen Delegationen an Katzentischen Platz nehmen mussten. Und das wollten wir nicht. Unsere Meinung war, dass die Leistung Nachkriegs-Deutschlands so groß war, was die Stabilisierung der Demokratie anging, dass wir es verdient hatten, mit den anderen an einem Konferenz-Tisch zu sitzen."
Diese Position setzte sich schließlich auch durch. Im Abschluss-Kommuniqué von Ottawa hieß es knapp, dass sich die Außenminister der sechs Staaten treffen würden, um …
"... die äußeren Aspekte der Herstellung der deutschen Einheit, einschließlich der Fragen der Sicherheit der Nachbarstaaten, zu besprechen."
Damit war der Zwei-plus-Vier-Prozess geboren – und eine der spannendsten Phasen der deutschen Nachkriegs-Diplomatie hatte begonnen.
Konkret gab es vier Treffen der sechs Außenminister in Bonn, Ost-Berlin, Paris und schließlich in Moskau. Auf der letzten Sitzung wurde der Zwei-plus-Vier-Vertrag unterzeichnet. Vorbereitet wurden die Treffen durch Konferenzen auf Beamten-Ebene, die alle in Bonn und Ost-Berlin stattfanden. Die erste Außenministerkonferenz in Bonn am 5. Mai 1990 fand bei strahlendem Sonnenschein an einem Samstag statt. Hunderte von Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes hatten sich einen Sonderausweis geben lassen, um an dem historischen Tag mit dabei zu sein. Schnell zeigte sich, dass die Teilnehmer an "einem runden Tisch mit scharfen Ecken" saßen, wie der sowjetische Außenminister Eduard Schewardnadse die Situation später beschreib. Zwar bekräftigte er die generelle Zustimmung der Sowjetunion zur Einheit – doch er machte auch deutlich, dass eine Mitgliedschaft des vereinten Deutschlands in der NATO für Moskau nicht in Frage käme. Peter Hartmann, damals stellvertretender Leiter der Auslandsabteilung im Bundeskanzleramt und Mitglied der bundesdeutschen Zwei-plus-Vier-Delegation:
"Das war für die Sowjets in der Tat die harte Nuss ... Für uns war es eine klare conditio sine qua non, sowohl für den Bundeskanzler, als auch für den Bundesaußenminister, für die Amerikaner ... Das wussten die Sowjets. Aber sie haben natürlich hier noch länger taktiert. Immer unter Berufung darauf, dass es in der Sowjetunion, also in Moskau, Gegner dieses Einigungsprozesses gab. Und insbesondere natürlich auch Leute gab, die hier einen Ausverkauf sowjetischer Sicherheitsinteressen befürchteten ..."
Immer wieder legte die sowjetische Seite in der Bündnis-Frage neue Vorschläge auf den Tisch, die eine NATO-Mitgliedschaft verhindern sollten. Ein großer Rückschlag war vor allem das zweite Zwei-plus-Vier-Minister-Treffen in Ost-Berlin. Doch niemals waren die Äußerungen von Schewardnadse kategorisch. Sie ließen Spielraum zum Verhandeln, waren geradezu eine Einladung, Kompromisse zu finden.
"Das muss man auch aus der Sicht der Sowjetunion verstehen. Über Jahrzehnte hatte man sowohl Deutschland als auch die NATO dämonisiert als den ideologischen Feind, als die Bedrohung der sozialistischen Staaten. Hinzu kam, dass das sowjetische Volk ja einen kolossalen Blutzoll in dem so genannten Großen Vaterländischen Krieg gegen Deutschland geleistet hatte. Und nun ist plötzlich eine Situation da, wo die Sowjetunion zustimmen soll, dass ... Deutschland nicht nur vereint, sondern auch noch Mitglied in der NATO sein soll. Das war eine ungeheuer schwierige psychologische Situation. Und aus diesen Schwierigkeiten heraus wird verständlich, dass insbesondere Schewardnadse immer in Schritten auf uns zugegangen ist ... und nicht von vornherein auf das Thema NATO-Mitgliedschaft springen durfte. Dazu bedurfte es erst eines vorsichtigen, behutsamen Prozesses der Ent-Dämonisierung dieser Frage."
Beide Seiten leisteten dazu ihren Beitrag. Von besonderer Bedeutung war dabei die Konferenz der NATO-Außenminister im schottischen Turnberry im Juni 1990. Die dort vermittelte Botschaft half Gorbatschow, sich auf dem folgenden 18. Parteitag der KPdSU gegen den heftigen Protest der Hardliner gegen eine NATO-Mitgliedschaft des vereinten Deutschlands durchzusetzen. Dort hieß es:
"Wir, die Außenminister der Allianz, bekunden unsere Entschlossenheit, die historische Chance zu ergreifen, die sich aus den grundlegenden Veränderungen in Europa ergibt, eine neue europäische Friedensordnung zu schaffen... In diesem Geiste reichen wir der Sowjetunion und allen anderen europäischen Ländern die Hand zu Freundschaft und Zusammenarbeit."
Diese Entwicklung machte es möglich, dass Gorbatschow der NATO-Mitgliedschaft schließlich zustimmte – zunächst gegenüber den USA und dann auch beim berühmten Treffen von Bundeskanzler Kohl im Kaukasus im Juli 1990.
Diese Zwischenstationen ergänzten den Zwei-plus-Vier-Prozess, der mit den vereinbarten Konferenzen weiter voranschritt. Von besonderer Bedeutung war auch das dritte Zwei-plus-Vier-Treffen in Paris. An ihm nahm auch der polnische Außenminister Krzysztof Skubiszewski teil. Denn es ging um die endgültige Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze als polnische Westgrenze – und damit auch um einen Verzicht des vereinten Deutschlands auf die ehemaligen deutschen Ost-Gebiete. Dies war eine absolute Vorbedingung aller vier Alliierten. Für Hans-Dietrich Genscher gab es daran auch nichts zu deuteln. Schon in Ottawa hatte er klargestellt:
"Wir sagen allen unseren Nachbarn, was wir vereinigen wollen: die Bundesrepublik Deutschland, die Deutsche Demokratische Republik und das ganze Berlin. Nicht weniger, aber auch nicht mehr."
Bundeskanzler Kohl sagte das nicht immer so deutlich. Um das gewichtige Wählerpotential der Vertriebenen-Verbände - treue Wähler der Union - nicht zu verlieren, zögerte er, die polnische Westgrenze anzuerkennen. Dies könne nur ein gesamtdeutsches Parlament nach der Wiedervereinigung, so seine Argumentation. Mit dieser Haltung erregte er nicht nur in Polen und der Sowjetunion tiefes Misstrauen, sondern auch bei den westlichen Allliierten. Auch der Zwei-plus-Vier-Delegation der DDR war die Anerkennung der polnischen Westgrenze ein großes Anliegen. Der damalige Außenminister des Landes, Markus Meckel, erklärt seine Position:
"Für uns war klar: Die Grenze, das heißt die früheren ostdeutschen Gebiete, waren durch Hitler schon verspielt und es ging jetzt um eine langfristige vertrauenserweckende Festlegung dieser Grenze, damit deutlich wird: Wir sagen hierzu nicht nur ja unter Druck, sondern wir Deutsche kennen unsere Verantwortung aus dieser Geschichte und sagen souverän und klar in klarer Selbstbegrenzung hierzu ja."
Anfang September 1990 waren die Verhandlungen auf Beamten-Ebene weitgehend unter Dach und Fach. Auf dem letzen Außenminister-Treffen in Moskau sollte der Zwei-plus-Vier-Vertrag am 12. September unterzeichnet werden. Doch in letzter Minute schoss völlig unerwartet die britische Seite quer und brachte das Abkommen fast zum Scheitern.
Hans-Dietrich Genscher:
"Ich kam abends an und meine Mitarbeiter, die dort noch die letzten Gespräche geführt hatten, holten mich am Flugplatz ab und sagten mir schon, es gebe Probleme, weil London ... verlangte, dass in dem schon fertig formulierten Vertrag noch eine Klausel aufgenommen würde, dass zukünftig auch Manöver der Alliierten im Gebiet der DDR stattfanden. Ich muss zum Hintergrund sagen, dass bei der Lösung der NATO-Frage wir immer darauf bestanden haben, dass das Gebiet der DDR in die NATO eingeschlossen wird, aber es wurde eine Ausnahme gemacht: nämlich das verbündete Truppen auf dem Gebiet der früheren DDR nicht stationiert werden. Und nun kam die Forderung plötzlich und wirklich in letzter Stunde, sie sollten dort Manöver machen können."
Genscher und seine Mitarbeiter waren aufs höchste alarmiert. Zu gut wussten sie, dass die Sowjetunion in der Sicherheitsfrage bis an die Grenze ihrer Möglichkeiten gegangen war und jetzt vom Vertragstext nicht mehr abrücken würde.
Noch am Abend musste eine Lösung her. Ein ohnehin angesetztes Abendessen zwischen Genscher und dem britischen Außenminister Douglas Hurd in der Residenz des deutschen Botschafters kam da gerade recht. Frank Elbe, der daran teilnahm, erinnert sich:
"Genscher hat noch mal seinen Punkt klar gemacht ... Und dann hat Hurd, der ein wirklich hilfreicher Mann in diesem ganzen Prozess war, zu Hans-Dietrich Genscher gesagt: Also, wenn Dir das so viel bedeutet, dann gebe ich jetzt meiner Delegation Weisung, in diesem Punkt nachzugeben. Er hat diese Weisung gegeben. Der Delegationsleiter ... hat sich nicht daran gehalten."
Doch davon wussten Genscher und Elbe noch nichts, als sie am späten Abend erleichtert in ihr Hotel zurückkehrten und auf Dieter Kastrup stießen.
Dieter Kastrup, damals Politischer Direktor im Auswärtigen Amt und Leiter der bundesdeutschen Zwei-plus-Vier-Delegation auf Beamten-Ebene:
"Als Genscher zurückkam von dem Essen, das muss so gegen 11 Uhr gewesen sein, empfing ich ihn im Hotel-Flur. Der kam also sehr fröhlich in sein Zimmer, da habe ich ihn mit den Worten empfangen: Ihnen wird die Fröhlichkeit noch vergehen, wenn ich Ihnen jetzt sage, wie die Lage ist. Ich habe ihm die Situation geschildert und Genscher wurde kreidebleich ... Vorausgegangen war nämlich eine Mitteilung des sowjetischen Protokolls, dass auf Anordnung von Schewardnadse die für den anderen Tag vorgesehene Vertragsunterzeichnung nicht stattfinden könne, da nicht über alle Fragen Einigkeit hergestellt worden sei."
Damit hatte sich die Lage dramatisch zugespitzt. In wenigen Stunden drohte ein diplomatisches Debakel mit weit reichenden Konsequenzen: das Scheitern monatelanger Verhandlungen. In dieser Situation konnte nur noch der Druck der Amerikaner auf die britische Seite helfen.
"Das war eine katastrophale Situation, und wir mussten in der Nacht handeln und Genscher entschloss sich, den amerikanischen Außenminister Baker aufzusuchen. Das war alles etwas kompliziert. Denn die Mitarbeiter von Baker gaben uns zu verstehen, dass er Jetlag habe, eine Schlaftablette genommen habe und auch einen kleinen Whisky getrunken habe. Aber er stand dann trotzdem zur Verfügung. Und wir kamen dann in das Hotel, in dem die Amerikaner untergebracht waren. Und es gab dann die berühmter Pyjama-Konferenz. Baker und seine Mitarbeiter waren in Pyjamas und Schlafröcken erschienen und wir verhandelten dann mit den Amerikanern, wie wir den festgefahrenen Zug wieder in Bewegung bringen könnten."
Schließlich wurde in der Nacht ein Kompromiss gefunden – Dieter Kastrup schrieb eine Protokoll-Notiz, die später in den Vertrag einging. Sie besagt im Wesentlichen, dass die deutsche Seite nach der Vereinigung selbst in verantwortungsvoller Weise über die Manöver-Frage entscheidet. Dieser Lösung stimmten schließlich alle zu, so dass der Vertag doch am nächsten Tag unterzeichnet werden konnte.
Viel wurde spekuliert, warum der britische Delegationsleiter sich gegen die Anweisung des eigenen Außenministers gestellt habe. Genscher und sein Mitarbeiter glauben, dass er auf direkte Anweisung von Margaret Thatcher gehandelt habe, obwohl er dies bestreitet. Dieter Kastrup:
"Das war ein letzter Versuch, so muss man das wohl interpretieren, den Gang der Geschichte aufzuhalten."
Hans-Dietrich Genscher:
"Es war eine sehr kritische Situation, aber ich spürte dann, dass auch der britische Außenminister, Douglas Hurd, der ja sehr offen war für die deutsche Vereinigung und in einem erkennbaren Widerspruch zu Frau Thatcher stand, froh war, dass man – ich darf´s mal etwas volkstümlich ausdrücken - die Kuh vom Eise hatte."
Mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag wurde ein Schlussstrich unter die Nachkriegs-Ära gezogen. Er ermöglichte die Vereinigung der beiden deutschen Staaten, erkannte die Oder-Neiße-Grenze als endgültige deutsche Ostgrenze an und löste die Rechte und Verantwortlichkeiten der Alliierten ab. Dadurch wurde das vereinte Deutschland ein voll-souveräner Staat ohne Sonderstatus. Das Abkommen trat erst nach der Ratifizierung durch die beteiligten Staaten im März 1991 in Kraft. Die Alliierten erklärten sich jedoch bereit, ihre Rechte und Verantwortlichkeiten bereits vor dem 3. Oktober 1990 zu suspendieren, so dass der für diesen Tag angesetzten Einheit nichts mehr im Weg stand. Markus Meckel war es nicht vergönnt, den Vertrag selbst zu unterscheiben, weil zu diesem Zeitpunkt die Regierungs-Koaltion in der DDR zerbrochen war. Er würdigt das Abkommen als große Leistung:
"Nachträglich muss ich sagen, das der Zwei-plus-Vier-Prozess und dann auch dieser entsprechende internationale Vertrag, der ja faktisch, auch wenn nicht formell, faktisch so etwas wie der Friedensvertrag für Deutschland war, ohne dass er ein Friedensvertrag in allen Facetten ist, und damit die Nachkriegszeit beendet hat. Dies ist der wichtigste und ich glaube, der beste Vertag im Zusammenhang der Deutschen Einheit ... Bei Zwei-plus-Vier muss man sagen, ist dies der große Vertrag zur Deutschen Einheit, der die deutsche Einigung in die europäische Einigung einbettet."
Ähnlich sieht dies auch Hans-Dietrich Genscher. Für den in der Nähe von Halle geborenen Außenminister war die Unterzeichnung eine ganz besondere Stunde:
"Der Vertrag war unverzichtbar für die deutsche Vereinigung, weil diese vier Mächte natürlich sicher sein wollten, welchen Weg jetzt sicherheitspolitisch das vereinte Deutschland geht. Wir wiederum waren daran interessiert, dass der Vertrag sicherstellte, dass das vereinte Deutschland die Freiheit behält, Mitglied der NATO zu bleiben und auch innerhalb der Europäischen Gemeinschaft Schritt für Schritt die europäische Sicherheitspolitik auszubauen. Aber für mich war das natürlich auch sehr stark ein emotionales Erlebnis, die Hand unter ein Dokument setzen zu können, das den Weg frei machte für die deutsche Vereinigung. Es ist ja der Vertrag, der die Zustimmung des Auslandes in West und Ost sicherstellte zur Deutschen Einheit. Und ich muss sagen, dass ich innerlich sehr erregt war."