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Angriff am Markttag

Vor 70 Jahren bombardierten deutsche Flieger die baskische Kleinstadt Guernica, die heilige Stadt der Basken. Die Weltöffentlichkeit war erschüttert. Pablo Picassos Bild "Guernica" wurde zum Symbol des Bombenterrors gegen eine wehrlose Zivilbevölkerung.

Von Wolf Martin Hamdorf |
    Im Spanischen Bürgerkrieg unterstützte Nazideutschland die Putschisten unter General Franco von Anfang an mit Truppen und Material gegen "Rotspanien", so die Bezeichnung der NS-Propaganda für die spanische Republik. Aber offiziell galt die Legion Condor als Freiwilligenverband, denn Deutschland saß im internationalen Nichteinmischungskomitee, das Waffenlieferungen nach Spanien verhindern sollte.

    Das Baskenland kämpfte gegen Franco, hatte es doch erst während des Krieges eine weitgehende Autonomie innerhalb der spanischen Republik erhalten. Guernica war das Nationalheiligtum der Basken. Hier steht die uralte Eiche, unter der früher die "fueros", die baskischen Sonderrechte, mit den spanischen Königen vereinbart worden waren: ein Symbol für die Selbstständigkeit und die Selbstverwaltung des baskischen Volkes. Für die spanischen Faschisten und ihre deutschen Verbündeten war der baskische Separatismus eines ihrer wichtigsten Feindbilder.

    Am 26. April 1937 war Markttag in Guernica. Mehr als 3000 Besucher waren in die kleine Stadt gekommen, als der Angriff begann. Innerhalb kürzester Zeit wurden Straßen und Häuserzeilen mit Spreng- und Brandbomben in Schutt und Asche gelegt, deutsche Tiefflieger schossen mit Maschinengewehren auf die flüchtende Zivilbevölkerung. Tausende kamen ums Leben, Guernica wurde völlig zerstört. Kurt Julius Goldstein kämpfte 1937 bei den Internationalen Brigaden für die spanische Republik und erlebte die Reaktion auf den Angriff:

    "Also das Bombardement von Guernica ist wie eine Bombe eingeschlagen auch damals in der Republik. Trotzdem wir ja fast neun Monate Krieg hatten ist das ein Ereignis gewesen, dass die ganze Bevölkerung der Republik aufgewühlt hat."

    Auch die Weltöffentlichkeit reagierte heftig auf die Bombardierung Guernicas. Pablo Picasso betitelte sein von der Regierung der spanischen Republik in Auftrag gegebenes großflächiges Bild nach der baskischen Stadt, die zum Symbol des Bombenterrors gegen eine wehrlose Zivilbevölkerung wurde. Aber wenige Tage nach dem Angriff marschierten Francos Truppen in die zerstörte Stadt ein. Die Spuren wurden verwischt, die Zahl der Toten verschleiert. Die Propaganda gab den Truppen der Republik die Schuld an der Vernichtung Guernicas wie hier in der UFA-Wochenschau:

    "Die jüdische Lügenpresse behauptete, deutsche Flugzeuge hätten die Stadt bombardiert. Jedoch musste die internationale Weltpresse diese Meldung sehr bald als Pressemanöver der Bolschewisten brandmarken, welche selbst die gesamte Stadt beim Verlassen Haus für Haus niedergebrannt hatten."

    Für Wolfgang Wippermann, Historiker an der Freien Universität Berlin, stand Guernica am Anfang einer verhängnisvollen Entwicklung:

    "Militärisch war Guernica das erste Flächenbombardement auf eine völlig ungeschützte zivile Stadt, politisch war Guernica ein Terrorangriff gegen die Basken, die Moral der Basken sollte gebrochen werden. Und da hat man sich mit Absicht Guernica ausgewählt, die heilige Stadt der Basken und das Symbol des Baskentums."

    Rund 20.000 Wehrmachtssoldaten kamen in der Legion Condor zum Einsatz. Spanien wurde zum Experimentierfeld für weitere Kriege. In Berlin wurden die Flieger 1939 nach ihrer Rückkehr mit einer Siegesparade gefeiert, auf der kurz danach so benannten Spanischen Allee, die diesen Namen bis heute behalten hat. Voran marschierte im Stechschritt Kommandant Wolfram von Richthofen:

    "Mein Führer! Melde die Legion Condor nach erfülltem Auftrag in der Heimat zurück."

    Nach 1939 flogen die Piloten der Legion Condor in den regulären deutschen Luftwaffeneinheiten und warfen ihre Bomben über unzähligen anderen europäischen Städten ab. Kurt Goldstein:

    "Das was dort mit dem Bombardement von Guernica durch die deutsche Legion Condor eingeleitet worden ist und was im Zweiten Weltkrieg dann an so vielen Städten, Coventry und Stalingrad und ich will sie jetzt nicht alle aufzählen, Rotterdam. Und es ist ja schlimm, die Liste ist lang, und sie endet eben mit unserer deutschen Stadt Dresden. Da ist nach hier zurückgeschlagen, was von hier angefangen hat."