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Anlagenbau
Digital-Zwilling spart Zeit und Geld

Maschinenverhalten und ihren Verschleiß testen - das können Anlagenbauer mittlerweile auch virtuell erledigen. Das geht sogar weltweit - mit einer intelligenten Simulations-Software.

Von Jan Rähm |
    Industrieschau im Zeichen der Digitalisierung: Der Co-act Greifer JL1 aus dem Hause Schunk am 24.04.2017 auf der Industriemesse in Hanover
    Industrie 4.0: Auch reale Maschinen können mittlerweile in einer virtuellen Welt abgebildet und vorab auf Abnutzung und Verschleiß getestet werden. (imago stock&people)
    Mit blitzschnellen Bewegungen schnappt sich der Greifer sechs Dosen auf einmal, dreht sie, schwenkt sie ein paar Meter von links nach rechts, direkt hinein in die Arme einer Papp-Falt-Maschine, die die Dosen stabil verpackt. Fertig ist das Sixpack.
    "Wir zeigen hier ein Transportmodul für Flaschen, welches sehr flexibel Flaschen anhebt und in diese typische Umverpackung reinhebt, die Sie handelsüblicherweise kennen von Dosen oder von Bierflaschen oder von anderen Getränken."
    Hans Michael Krause vom Automatisierungsspezialisten Bosch-Rexroth steht vor einem etwa zwei Meter hohen, drei Meter breiten und noch ein paar Meter längerem Plexiglas-Käfig, der die Verpackungsmaschine zum Schutz von Menschen umgibt. In seinem transparenten Käfig dreht der Roboter zügig eine Runde nach der anderen. Allein ist er dabei aber nicht, sondern viel mehr in guter Gesellschaft.
    "Das Besondere dieser Anlage ist: Die gibt es real einmal hier neben uns, aber auch virtuell als digitalen Zwilling in einer Simulationssoftware."
    Detailgenaue Abbildung einer Maschine in der virtuellen Welt
    Ein digitaler Zwilling ist die detailgenaue Abbildung einer realen Maschine oder Anlage in Software. Nicht nur werden die einzelnen Baugruppen in der virtuellen Welt genau wiedergegeben, sie verhalten sich auch ganz genau so, wie sie es in der echten Welt tun, beziehungsweise tun würden. Und dazu gehören auch Abnutzung und Verschleiß.
    "Wir haben hier eine sogenannte dynamische Simulation, die sehr, sehr nahe an der Realität ist. Wo halt Reibungskoeffizienten drin sind, wo die Verhaltensmodelle der Motoren, die wir verbaut haben, abgebildet sind. Die ist sehr, sehr nah an der Realität."
    Simulation von Maschinenverhalten und Verschleiß
    Jedes Ventil, jeder Motor, jede Verbindung wird - in Zahlenwerten ausgedrückt - in der virtuellen Darstellung repräsentiert. Ebenso werden Werte für beispielsweise Reibung und Temperatur eingespielt. So können das Verhalten der Maschine und der Verschleiß der Bauteile wirklichkeitsgetreu simuliert werden. Wird die Simulation mit den realen Werten des Verwandten aus Stahl und Aluminium gefüttert, lässt sich das Verhalten der Maschine in der materiellen Welt auf dem Bildschirm virtuell direkt bis ins kleinste Detail verfolgen.
    So können Ingenieure und Maschinenbauer direkt erkennen, an welcher Stelle die Maschine wie belastet wird und wo am ehesten Defekte oder andere Probleme drohen. Das funktioniert auch dann, wenn simulierte Daten geladen werden - zum Beispiel bei einer Neuentwicklung oder bei Veränderungen, die erst noch an der echten Maschine umgesetzt werden sollen.
    "Ich kann meine Maschinen schneller entwickeln. Ich kann meine Maschinen bereits testen, bevor ich sie überhaupt aufbaue. Ich kann damit Entwicklungszeiten reduzieren. Ich kann Entwicklungsrisiken minimieren damit."
    Tests in Europa für Maschinen in der ganzen Welt
    Gerade im globalen Industrie-Anlagen-Geschäft vereinfache das Konzept Planung, Bau, Umbau und Wartung großer Maschinen, erklärt Hans Michael Krause. So könne ein Anlagenbauer von Europa aus neue Konfigurationen für Anlagen in der ganzen Welt simulieren und testen.
    "Stellen Sie sich vor, Sie möchten eine neue Verpackungsart auf der Maschine einführen. Die neue Verpackung können Sie schon virtuell schon in der Maschine testen. Klappt das mit der, die da schon in Australien zum Beispiel steht? Und wenn es klappt, dann können Sie direkt hinfahren, die Maschine umbauen, ist alles schon ausprobiert. Und Sie können natürlich auch den digitalen Zwilling benutzen, um zum Beispiel echte Maschinendaten von Ihrer Maschine in Australien zu schauen, ist noch alles Ok? Das heißt, ich verbinde die echten Daten mit der Simulation bei mir und habe eine Condition Monitoring, also eine Laufzeitüberwachung meiner Maschine und kann eventuelle Probleme schon vorhersagen."
    Auf die gleiche Weise hilft das Konzept der digitalen Zwillinge heute bereits in vielen weiteren Branchen bei der Überwachung und Planung von Anlagen. So helfen die digitalen Zwillinge beim Management von Windkraftanlagen genauso wie in der Gebäudeautomation.