Wladimir Putin drohte den Drahtziehern mit Vergeltung. In seiner Neujahrsansprache sagte er: "Wir werden den Kampf gegen Terroristen konsequent bis zu ihrer völligen Vernichtung fortsetzen." Es waren die ersten öffentlichen Äußerungen des Präsidenten zu den beiden Anschlägen, bei denen mindestens 34 Menschen getötet wurden. Putin kündigte auch verstärkte Sicherheitsmaßnahmen für die Olympischen Winterspiele in Sotschi an. Wolgograd und einige andere Städte sagten Silvesterfeiern aus Sicherheitsgründen und als Zeichen der Trauer ab.
Sorge um Sicherheit der Olympischen Spiele
Kaum sechs Wochen vor Beginn der Olympischen Winterspiele wurde der der Süden Russlands von einer blutigen Anschlagsserie erschüttert: Bei einem zweiten Bombenanschlag in Wolgograd binnen zwei Tagen waren mindestens 15 Menschen getötet worden. Ein Selbstmordattentäter zündete am Montag in einem voll besetzten Bus einen mit Metallstücken gefüllten Sprengsatz, wie die Ermittler mitteilten. 41 Menschen wurden verletzt. Am Sonntag waren bei einer Bombenexplosion im Bahnhof der Millionenstadt mindestens 18 Menschen getötet worden.
Der mutmaßliche neue Anschlag vom Montag ereignete sich in einem Linienbus, wie DLF-Korrespondentin Gesine Dornblüth berichtet. Mindestens 15 Menschen wurden getötet, sagte ein Sprecher des Notfallministeriums der Nachrichtenagentur Interfax. 41 Menschen sind nach bisherigen Erkenntnissen verletzt worden. Die Ermittler gehen von einem Bombenanschlag aus. "Im Fahrzeug lag vermutlich ein Sprengsatz", zitiert Interfax einen Mitarbeiter des Nationalen Anti-Terror-Komitees NAK. Den Ermittlern zufolge trägt der Vorfall eine ähnliche Handschrift wie der Anschlag vom Sonntag und von Ende Oktober in der Stadt. Die Explosion ereignete sich am Montagmorgen um 8.23 Uhr (Ortszeit, 5.23 Uhr MEZ).
Sollte sich der Verdacht bestätigen, wäre es das vierte Attentat in Südrussland seit Ende Oktober. In der Region beginnen in knapp sechs Wochen die Olympischen Winterspiele im etwa 700 Kilometer von Wolgograd entfernten Sotschi. Der Kreml verspricht die "sichersten Spiele aller Zeiten" - die milliardenschwere Sportveranstaltung, die am 7. Februar startet, gilt als Prestigeprojekt von Präsident Wladimir Putin. Am Sonntag hatte das russische Innenministerium landesweit verschärfte Sicherheitsvorkehrungen angekündigt. In der U-Bahn der Hauptstadt Moskau und anderen Metropolen des Landes sollen Polizisten verstärkt Streife laufen, sagte ein Ministeriumssprecher.
Ermittlungen nach Tätern vom Anschlag auf Bahnhof dauern an
Die Zahl der Toten nach dem Selbstmordanschlag vom Sonntag im Bahnhof der russischen Großstadt ist derweil auf insgesamt 18 gestiegen. Ein Mann sei in der Nacht im Krankenhaus gestorben, teilte die Klinikverwaltung in Moskau zufolge mit. Bei dem Bombenanschlag in der früher als Stalingrad bekannten Stadt waren zudem rund 50 Menschen verletzt worden. Mindestens sieben Betroffene seien in die knapp 1.000 Kilometer entfernte Hauptstadt Moskau geflogen worden, hieß es. Sie sind durch Metallsplitter in der Bombe so schwer verletzt, dass sie in Spezialkliniken operiert werden müssen.
Zu der Tat bekannte sich zunächst niemand. Im Dunkeln blieb bis zum späten Sonntagabend auch, ob der Selbstmordanschlag von einem Mann oder einer Frau verübt wurde. Der Sprengsatz sei vor einem Metalldetektor unmittelbar hinter dem Haupteingang des Bahnhofs zur Explosion gebracht worden, sagte der Sprecher des russischen Ermittlungskomitees, Wladimir Markin. Die Bombe enthielt seinen Angaben zufolge rund zehn Kilogramm des Sprengstoffs TNT und war mit Granatsplittern versehen.
Islamistische Rebellen wollen Spiele in Sotschi bekämpfen
Der Attentäter könnte nach inoffiziellen Angaben aus der nahen Konfliktregion Nordkaukasus stammen. Dort kämpfen etwa Islamisten um die Errichtung eines vom Kreml unabhängigen Kaukasusemirats, sie werfen Putin eine "blutige Besatzungspolitik" im Konfliktgebiet vor. Der tschetschenische Rebellenführer Doku Umarow hatte erst im Juli dazu aufgerufen, die Spiele in Sotschi mit Anschlägen zu stören, denn diese seien ein "teuflischer Tanz auf den Knochen unserer Vorfahren".
Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, hält die Winterspiele in Sotschi dennoch für sicher. Er habe volles Vertrauen, dass die russischen Behörden für sicher Spiele sorgen werden, erklärte Bach. Auch der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Michael Vesper, sieht die Sicherheit im Olympia-Ort nicht gefährdet. Der DOSB stehe mit den deutschen Sicherheitsbehörden in engem Kontakt, sagte Vesper.
Anschläge international scharf verurteilt - Washington bietet Unterstützung an
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte in einem Schreiben an Putin ihre "Bestürzung und Abscheu" über die Anschläge und drückte den Betroffenen ihr Mitgefühl aus. Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verurteilte die Angriffe, genauso wie das US-Außenministerium: "Wir stehen an der Seite des russischen Volkes gegen jede Art von Terrorismus", hieß es in einer am Sonntag in Washington verbreiteten Stellungnahme. Auch UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon sowie die Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats verurteilten das Selbstmordattentat.
Unterdessen haben die Vereinigten Staaten Russland nach den Wolgograder Bombenanschlägen eine engere Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen mit Blick auf die Spiele in Sotschi angeboten. "Die US-Regierung hat der russischen Regierung den Vorschlag unterbreitet, sie in der Planung der Sicherheitsmaßnahmen auf ganzer Linie zu unterstützen", sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates NSC, Caitlin Hayden. Man erhoffe sich zum Wohle der Athleten, der Zuschauer und anderer Teilnehmer eine stärkere Kooperation. Zugleich sprach die US-Regierung den Opfern der Attentate ihr Beileid aus.