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Anschlag von Manchester
Britische Behörden gehen von 23.000 Dschihadisten aus

Nach dem Anschlag von Manchester haben die Sicherheitsbehörden erschreckende Angaben über die Zahl der Dschihadisten in Großbritannien veröffentlicht. Die Terrorgefahr ist auch längst zum Thema im Wahlkampf für das Unterhaus geworden. Und die Zahl der Übergriffe auf Muslime steigt.

Von Friedbert Meurer |
    Die Polizei sperrt am 24.05.2017 eine Straße in der Nähe der Manchester Arena (Großbritannien) ab.
    Polizeiabsperrungen nach dem tödlichen Anschlag von Manchester. (Ben Birchall/PA Wire/dpa)
    Die Zahl ist erschreckend: 23.000 Dschihadisten leben nach Angaben der Sicherheitsbehörden in Großbritannien. 3.000 davon sind Gefährder, die akut überwacht werden. Die anderen 20.000 waren Gegenstand früherer Ermittlungen und Beobachtungsmaßnahmen, sie stellen ein Restrisiko dar.
    Beide Attentäter der letzten zwei Monate, Khalid Masood, der in Westminster fünf Menschen ermordete, und Salman Abedi jetzt in Manchester zählten zu dem erweiterten Kreis der 20.000 - die beiden Mörder des Soldaten Lee Rigby im Jahr 2013 ebenso.
    Aktuell im Fall Manchester aber ist Marc Rowley von Scotland Yard erst einmal mit dem Stand der Ermittlungen zufrieden. "Wir waren mit unseren Verhaftungen erfolgreich. Wir haben einige Schlüsselfiguren dingfest machen können. Aber es gibt immer noch mehr zu tun."
    Die "Manchester Fighters" in Libyen
    Salman Abedi, der Attentäter, hat die Bombe wohl doch selbst gebaut. Dazu mietete er zwei Wohnungen in Manchester an. Aber er hatte ein Netzwerk von Helfern in Manchester, dort wurden inzwischen neun Männer verhaftet – und auch in Libyen. Unter Verdacht stehen sein eigener Vater und Bruder, die in Libyen verhaftet wurden. Ramadan Abedi, der Vater, war Anfang der 90er-Jahre vor Gaddafi nach Großbritannien geflohen. 2011 kehrte er nach der Revolution zurück und kämpfte gegen Gaddafis Truppen. Es gab in Libyen unter den Kämpfern die sogenannten "Manchester Fighters". Jetzt gelten sie als eine Terrorzelle des IS.
    Fawzi Haffar gehört zum Vorstand der Muslimischen Gemeinde in Manchester, die von Salman Abedi besucht wurde. Einer der Imame habe die britische Polizei kontaktiert und vor den radikalen Ansichten Abedis gewarnt. "Wenn unser Imam die Verantwortung an die Anti-Terror-Einheit der Polizei weitergibt, die dann ja den Verdächtigen überwacht hat, dann ist das nicht mehr meine Verantwortung. Die Verantwortung ging an die Polizei und Geheimdienste über."
    In ganz Großbritannien sind zusätzliche Polizisten und Soldaten im Einsatz, um für Sicherheit über das Wochenende mit einem Feiertag am Montag zu sorgen. Schwerbewaffnete Polizisten patrouillieren in Zügen, sogar Strände werden überwacht. Und der Terroranschlag hat jetzt auch den Wahlkampf erreicht. Labour-Chef Jeremy Corbyn griff die Außen- und Sicherheitspolitik der Regierung an.
    Die Terrorabwehr könnte den Wahlkampf dominieren
    "Selbst Experten unserer Geheimdienste sagen, dass es einen Zusammenhang zwischen den Kriegen gibt, die wir in anderen Ländern führen, zum Beispiel in Libyen, und dem Terrorismus hier bei uns zuhause. Das schmälert in keiner Weise die Schuld derjenigen, die unserer Kinder angreifen."
    "Jeremy Corbyn sagt, Terroranschläge in Großbritannien sind unsere eigene Schuld", konterte Premierministerin Theresa May während des G7-Gipfels auf Sizilien. "Ich will eines klarstellen: Es gibt niemals eine Ausrede und Entschuldigung für Terrorismus."
    Am 8. Juni wird in Großbritannien das Unterhaus neu gewählt. Die Terrorabwehr könnte in den Schlusstagen den Wahlkampf dominieren. Außerdem steigt die Zahl der Übergriffe auf Muslime in Großbritannien. Die Polizei spricht von 50 Attacken, überwiegend Beleidigungen und rassistische Pöbeleien, pro Tag.