"Was bleibt von einem Krieg, wie wir ihn heute erleben? Ruinen, Tausende von Waisen, viele unschuldige Tote, und viel Geld in den Taschen der Waffenhändler."
Nachdrücklich warnt Papst Franziskus schon seit geraumer Zeit: Die Menschheit stehe am Beginn des dritten Weltkriegs und müsse alles tun, um die Eskalation in einen Nuklearkrieg zu vermeiden. Während der jüngsten Nord-Korea-Krise wurde das deutlicher denn je. "Die Welt riskiert den Selbstmord!", betonte der Papst gegenüber den Organisatoren der Nuklear-Konferenz. Zu ihnen gehört die römische Professorin Flaminia Giovanelli:
"Von der Veranstaltung soll ein Signal ausgehen: Wir wollen in breiten Kreisen eine neue Mentalität schaffen. Die Welt braucht heute ein Netzwerk von engagierten Personen, denen bewusst ist, welche Risiken Nuklear-Waffen beinhalten, und die angemessen darauf reagieren."
Frage nach gesellschaftlicher Moral
Soziale Unterschiede, Not und Ängste, die der Ursprung vieler Konflikte sind, würden durch Nuklear-Waffen nicht beseitigt, Terror-Anschläge nicht verhindert, so Papst Franziskus. Das Gegenteil sei der Fall. Gewalt provoziere immer neue Gewalt:
"Denken wir an all das, was Bomben anrichten: an die Verletzten, an die Kinder. Wir regen uns hier in Europa über Terror-Attentate auf. Aber all das ist nichts im Vergleich zu dem, was in jenen Ländern geschieht, in denen täglich Bomben fallen. Wir sollten uns schämen, dass Menschen fähig sind, anderen Menschen so viel Leid zuzufügen.
Elf Friedensnobelpreisträger hat der Vatikan zu der jetzigen Nuklear-Konferenz nach Rom eingeladen. Zu ihnen gehört die US-Amerikanerin Jodi Williams. Sie ist bekannt für ihre kritische Haltung gegenüber der eigenen Regierung:
"Wenn ich an Terror denke, dann denke ich nicht nur an Gruppen wie den IS, sondern auch an neun Staaten, die den Rest der Welt - mehr als sieben Milliarden Menschen - mit der Möglichkeit einer atomaren Katastrophe bedrohen. Das ist für mich ebenfalls Terror. Welche Moral hat eine Gesellschaft, die die Herstellung solcher Waffen erlaubt? Welche Werte hat eine Wirtschaft, die Milliarden in solche Waffen investiert und zugleich Millionen von Menschen verhungern lässt? Wie können wir so etwas rechtfertigen?"
Internationale Initiative für ein Atomwaffenverbot
Der langjährige Direktor der "Internationalen Atomenergie Behörde", Muhamed El Baradei, akzeptierte die Einladung in den Vatikan ebenso bereitwillig wie die Schwedin Beatrice Fihn. Sie ist Direktorin der "Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Nuklear-Waffen", - kurz ICAN - die im Oktober den Friedensnobelpreis 2017 erhielt.
Die Initiative war maßgeblich beteiligt an dem historischen Vorstoß von 122 Nationen, die im Sommer dieses Jahres bei der UNO die vollständige Ächtung aller Atomwaffen forderten. Nach Jahren schwierigster Verhandlungen war man sich in diesen Ländern einig: Ein Verbot von Atomwaffen muss für alle Staaten gleichermaßen gelten.
Sobald der Vertrag, der jetzt bei der UNO ausliegt, von 50 Ländern unterschrieben und ratifiziert wird, gelten der Besitz oder die Herstellung von Nuklearwaffen weltweit als "unethisch" und als "illegal". Es gelte zu handeln, bevor es zu spät sei, so Fihn:
"Wir leben in einer Zeit enormer globaler Spannungen. Die Szenerie einer nuklearen Katastrophe scheint näher denn je. Wenn es einen Zeitpunkt gibt, an dem Staaten Nuklear-Waffen verbieten müssen, dann ist er jetzt gekommen! Der Vertrag, den wir bei der UNO eingereicht haben, ächtet unmissverständlich die schlimmsten Massenvernichtungs-Waffen, die es je gab. Und er zeigt einen klaren Weg, sie vollständig zu eliminieren."
"Umdenken zum Wohl der Menschheit"
Das Projekt, so Fihn, sei keine Utopie, sondern ein realistisches Programm. Doch es brauche einen langen Atem. Der Vatikan gehörte im September zu den ersten Unterzeichnern des Vertrags. Dutzende von Nationen folgten seinem Beispiel.
Doch jene neun Länder, die im Besitz von Atomwaffen sind, boykottieren das Projekt bis jetzt, so auch alle NATO-Mitgliedsstaaten. Zu ihnen gehört Deutschland. Der Vatikan lud auch die Botschafter jener Länder zur Konferenz ein. Es sei an der Zeit, kommentierte Muhamed El Baradei, "den Regierungen klar zu machen, dass sie umdenken müssten, - zum Wohl der Menschheit."