"Mein lieber Freund, Ariel Scharon, hat heute seinen letzten Kampf verloren", erklärte Präsident Schimon Peres. "Ariel war ein tapferer Soldat und kühner Führer, der seine Nation liebte und seine Nation liebte ihn." Scharon sei einer der größten Beschützer und wichtigsten Architekten Israels gewesen, der keine Furcht gekannt habe. "Wir alle liebten ihn, und er wird eine große Lücke reißen."
Der frühere Regierungschef war im Shiva-Zentrum des Krankenhauses Tel Hashomer bei Tel Aviv behandelt worden. Zuletzt hatte sich Ariel Scharons Zustand dramatisch verschlechtert, wie der Krankenhausleiter Zeew Rothstein sagte. Lebenswichtige Organe versagten. Scharon habe auch mehrere Infektionen erlitten, die seinen Zustand noch verschlechtert hätten.
Im September war Scharon bei einer Routineoperation ein neuer Schlauch zur künstlichen Ernährung eingesetzt worden. Die Nachrichten-Website Ynet berichtete unter Berufung auf Mediziner, Scharon sei Anfang Dezember auf die Intensivstation verlegt worden. Danach habe sich sein Zustand stabilisiert, doch seit einigen Tagen sei eine "bedeutende Verschlechterung" zu verzeichnen.
Scharon war jahrelang an Beatmungsgeräte angeschlossen. Nach Angaben seiner Familie, die sich nur selten zu seinem Zustand äußerte, öffnete er manchmal die Augen und bewegte seine Finger. Ärzte hatten vor einem Jahr neue Hirnaktivitäten festgestellt. Er habe bei Tests auch auf äußere Reize reagiert.
Kriegsheld und "Bulldozer"
Nachdem er verschiedene Ministerposten bekleidet hatte, wurde Scharon 2001 zum Ministerpräsidenten gewählt - mit dem Wahlversprechen, den Terror zu beenden. Am 4. Januar 2006 fiel er nach einem Schlaganfall ins Koma und wurde künstlich am Leben gehalten. Vier Monate später wurde er für amtsunfähig erklärt.
Schon seit 1977 gehörte der ehemalige Militärgeneral der Knesset an. Zuvor war er in militärischen Führungspositionen am Unabhängigkeitskrieg, in der Suezkrise und am Sechstagekrieg beteiligt. Im Jom-Kippur-Krieg durchbrach er 1973 eigenmächtig, gegen anderslautende Befehle, die Angriffslinien und half so entscheidend mit, eine Niederlage abzuwenden. Seitdem wird er in Israel als Kriegsheld verehrt; die Palästinenser sehen in ihm dagegen einen Kriegsverbrecher.
1982 verübten christliche Milizen in den libanesischen Flüchtlingslagern Sabrah und Schatila unter den Augen der israelischen Armee Massaker an hunderten Zivilisten. Scharon musste daraufhin als Verteidigungsminister zurücktreten. Eine Kommission gab ihm die "indirekte Verantwortung" für die Ereignisse - was Scharon selbst später sein "Kainsmal" nannte.
Als Ministerpräsident legte Scharon den Grundstein für eine Entspannungspoltik mit den Palästinensern im Gazastreifen. Zunächst bezeichnete er 2003 die Vorschläge zur Errichtung eines palästinensischen Staates als unrealistisch. Doch nach 38 Jahren unter israelischer Militärkontrolle setzte der frühere General 2005 den Rückzug der Armee und die Auflösung der jüdischen Siedlungen in der Region durch. Im Streit mit alten Weggefährten über diese Zugeständnisse verließ er den 1973 von ihm mitbegründeten rechtsorientierten Likud-Block und gründete im November 2005 die neue Partei Kadima. In seiner Amtszeit als Premier wurde mit dem Bau einer 760 Kilometer langen Trennungsbarrierezwischen Israel und den Palästinensergebieten begonnen, die teilweise aus acht Meter hohen Mauern besteht. Nach Ansicht des Internationalen Gerichtshofs verstoßen die Sperranlagen gegen Völkerrecht.
Scharon galt in seinen öffentlichen Ämtern als "unbesiegbar". Was er anpackte, zog er auch gegen Widerstände in den eigenen Reihen durch. Sein Auftreten bescherte ihm bei den Israelis den Spitznamen "Bulldozer".