Es klingt wie ein Alptraum, so etwas in einem Raumschiff zu erleben: "Heute hatten wir zwölf verschiedene Dinge, die kaputt gegangen sind."
Doch Alexander Gerst hat trotzdem gute Laune. Seine Augen leuchten zufrieden und entspannt, wie meistens. Der 41-Jährige mit der markanten Glatze erzählt von den Katastrophenmomenten, die er gerade eben in der engen Sojus-Kapsel durchgemacht hat.
"Wir hatten zum Beispiel einen Triebwerksausfall, wir hatten kleinere Sachen, wie ein Funkgerät das kaputt gegangen ist. Wir hatten ein Leck in einem der Treibstofftanks, das ist natürlich eine der schlimmeren Sachen."
Training im Sternenstädtchen
Schlimme Sachen erleben, um auf jeden Notfall vorbereitet zu sein - das ist die Idee beim Training im Kosmonauten-Zentrum im Sternenstädtchen in der Nähe von Moskau. Schon vor Jahrzehnten hat die Sowjetunion hier ihre Raumfahrer ausgebildet. Auch Juri Gagarin, der erste Mensch im All hat hier trainiert.
Das Training heute findet in einer großen Halle statt. Hier stehen mehrere Simulatoren, teils sind es umgebaute Raumkapseln, die schon im Weltall waren. Hinter einer Scheibe sitzen an Schaltpulten die Instruktoren. Sie bombardieren die Raumfahrer im Simulator per Knopfdruck mit Extremsituationen. Tag für Tag, wochenlang.
"Da gibt es schon auch immer wieder Tage, wo man aus dem Trainer rauskommt und man ist völlig schweißnass gebadet. Vor allem dann wenn die Ventilation für den Raumanzug ausfällt, das gibt es auch, dann sitzt man fast drei Stunden ohne Ventilation kurz vorm Überhitzen und man verliert zwei Liter Wasser."
Co-Pilot - und erster deutscher Kommandant
Anfang Juni startet Alexander Gerst zum zweiten Mal ins Weltall, mit einer Sojus-Rakete vom Weltraumbahnhof Baikonur. Diesmal ist er beim Flug zur Internationalen Raumstation sogar Co-Pilot.
"Wenn man sich das überlegt, dass man trainiert wird, von 'ner Raumfahrtagentur wie Roskosmos in einer Kapsel zu fliegen, von der Startplattform aus zu starten, von der schon Juri Gagarin gestartet ist, das ist ein Riesenkompliment, dass die mich ans Steuer da lassen."
Und nicht nur das. Oben angekommen, 400 Kilometer über der Erde, steht Alexander Gerst noch eine besondere Ehre bevor: Er wird für einige Monate Kommandant der ISS – als zweiter Europäer und als erster Deutscher. Seine Aufgabe ist dann übrigens nicht, die anderen fünf auf der Raumstation rumzukommandieren. Sondern eine enorme Verantwortung.
"Letztendlich ist es extrem wichtig, dass einer an Bord - und das sollte eben der Commander sein - dass er den Gesamtüberblick behält, dass man den niemals verliert. Und das ist schon eine Herausforderung. Auch wenn der Alarm losgeht nachts um vier. Man wacht auf, man ist schlaftrunken und man sieht plötzlich den Alarm klingeln, dass man weiß, was dann zu tun ist."
Zu Hause in Köln, Houston und Russland
Das Raumfahrer-Training findet an drei Orten statt: In den USA bei der Nasa in Houston. Im Europäischen Astronautenzentrum in Köln. Und hier im Sternenstädtchen bei Moskau. Alexander Gerst fühlt sich überall zu Hause.
"Ich hab da mein Apartment, in das ich jedes Mal einziehe, das ist jetzt nicht irgendwie, dass ich aus dem Koffer nur lebe. Sondern ich habe meinen Haushalt im Prinzip verdreifacht. Wenn ich jetzt Hosen kaufe, dann kaufe ich schon immer drei. Eine kommt nach Houston, eine nach Köln und eine nach Russland."
In gut drei Monaten steht für Alexander Gerst der ganz große Umzug an. Dann geht’s ins Weltall - zur Internationalen Raumstation.