Dewran schneidet eine Zwiebel in winzige Würfel. Das Hackfleisch liegt schon bereit, in der Küche duftet es nach Koriander und Kreuzkümmel – ein bisschen so, wie Dewran es von zu Hause kennt.
Zwar kommen die gefüllten Auberginen aus der Dose, und auch der Hummus ist nicht selbst gemacht, aber das stört Dewran nicht. Was für ihn zählt, ist das Gefühl von Heimat hier im Tausende Kilometer entfernten Bochum. In der Wohnung seines Freundes Kamiran haben sich schon einige Syrer versammelt. Heute kochen sie zusammen.
Freunde treffen, Arabisch sprechen, Nachrichten aus Syrien austauschen – für Dewran ist das eine wichtige Gewohnheit. Seit zwei Jahren lebt er in Deutschland – fern von seiner Familie und allem, was er von früher kennt. Der 25-jährige Kurde hat Syrien verlassen, als es dort für ihn zu gefährlich wurde. Dewran hatte sich an Protesten gegen das Regime von Baschar Al-Assad beteiligt. Er machte Fotos, als die Menschen in seiner Heimatstadt Qamshli im Nordosten des Landes auf die Straße gingen. Wenige Tage später wurde er verhaftet. Nur ungern erinnert sich Dewran daran. Die syrischen Sicherheitskräfte gingen brutal gegen ihn und andere Aktivisten vor.
"Die haben mich geschlagen, und die haben mich geschimpft, bis ich bewusstlos war. In Gefängnis, die haben die ganze Körper geschlagen, wir waren nacken, ohne Klamodde, es war bisschen so schwierig."
Dewrans Eltern und andere Bürger der Stadt setzten sich für seine Freilassung ein. Sie sprachen mit dem Bürgermeister, demonstrierten vor dem Rathaus. Nach 16 Tagen war Dewran wieder frei. Doch er wurde weiter vom syrischen Sicherheitsapparat schikaniert – auch in Aleppo, wo er Umwelttechnik studierte.
"Die waren auch bei mir, wo ich wohne, in meine Zimmer in Studentenwohnheim gewesen, und die haben meinen Laptop genommen, meine Computer, und ich war bei meine Kollegen drei Tage geblieben. Ich hab mit andere Ausweis von meine Kollegen nach meine Stadt gefahren, also in meine Stadt, die waren auch bei mir zu Hause."
Ausreise ohne Papiere
Aus Angst, wieder verhaftet zu werden, versteckte sich Dewran bei Verwandten. Doch ihm wurde bald klar: Er muss das Land verlassen – und zwar so schnell wie möglich. Weil er Kurde ist, besaß er keinen Pass. Das syrische Regime hatte den Kurden im eigenen Land Jahrzehnte lang die Staatsangehörigkeit verweigert. Erst 2011 durften sie Reisepässe beantragen – in einer Zeit, als Präsident Baschar Al-Assad stark in Bedrängnis geriet. Doch darauf wollte Dewran nicht mehr warten. Er verließ sein Land ohne Papiere. Eine Entscheidung, die viele Syrer treffen: Seit 2011 der sogenannte Arabische Frühling auch Syrien erreicht hat, versinkt das Land in einem Bürgerkrieg. Mehr als drei Millionen Menschen haben ihrem Land seither den Rücken gekehrt. In Syrien selbst sind geschätzte weitere sechs Millionen Menschen auf der Flucht. Zu den Gefechten zwischen Regierungstruppen und Rebellen ist die Bedrohung durch die Terrormiliz "Islamischer Staat" gekommen. Sie geht mit brutalster Gewalt gegen Andersgläubige vor und hat bereits weite Gebiete im Irak und im Norden Syriens unter ihre Kontrolle gebracht. Allein eine Million Syrer haben sich inzwischen in den angrenzenden Libanon gerettet. Der kleine Mittelmeerstaat habe jedoch längst die Grenze seiner Aufnahmefähigkeit erreicht, sagt Bernd Mesovic, stellvertretender Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation ProAsyl in Frankfurt.
"Im Libanon etwa ist jeder vierte Mensch, den Sie dort antreffen, ein Flüchtling. Wenn ich das auf deutsche Verhältnisse hochrechnen würde, käme ich auf 20 Millionen Flüchtlinge, die wir aufgenommen hätten, jeder weiß, was los wäre, wenn das so wäre, aber man darf das nicht als selbstverständlich ansehen, dass Libanon das tut."
Auch die Türkei und Jordanien haben mittlerweile mehrere Hunderttausend Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen. Sie werden vor allem in Zelten und Notunterkünften versorgt – doch es mangelt an fast allem: an sauberem Wasser, an warmen Decken für den Winter, an genügend Platz und Privatsphäre. Und die Not wird größer, denn die Zahl der syrischen Flüchtlinge steigt von Tag zu Tag.
"Wir haben die größte Flüchtlingskrise seit vielen Jahrzehnten, im Grunde haben wir Verhältnisse wie Ende der 30er-Jahre, in Zeiten der Verfolgung zum Beispiel durch das Nazi-Regime oder nach dem Zweiten Weltkrieg. Das heißt, es müssen Lösungen gefunden werden durch internationale Lösungen, aber nicht mal die EU ist bereit, sich hier wirklich ernsthaft zu engagieren."
Einzelne europäische Länder haben zwar zugesagt, einige Hundert oder Tausend syrische Flüchtlinge aufzunehmen. Doch angesichts der Millionen Syrer, die auf der Flucht sind, bleibt das ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Bundesregierung hat sich bereit erklärt, 20.000 Flüchtlingen aus Syrien Zuflucht zu gewähren – über das sogenannte Humanitäre Aufnahmeprogramm. Dabei wählt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aus, wer nach Deutschland kommen darf. Syrer, die hilfsbereite Verwandte in Deutschland haben, werden bevorzugt: Ein Großteil der Plätze ist für diese Gruppe vorgesehen. Eine, die davon profitiert hat, ist Khawla. Auch sie ist an diesem Abend bei Kamiran in Bochum zu Gast.
Die Syrerin aus Damaskus arbeitete mit ihrem Mann für die Hilfsorganisation "Najda Now", die – wie viele unabhängige Nichtregierungsorganisationen – dem syrischen Regime ein Dorn im Auge ist. Vor einem Jahr floh Khawla in die libanesische Hauptstadt Beirut, um ihre Arbeit von dort aus fortzuführen. Vor zwei Monaten durfte sie über das Bundesprogramm nach Deutschland einreisen. Ihre Schwester lebt hier bereits seit über 30 Jahren. Ihren Mann musste Khawla aber in Syrien zurücklassen. Der Regimekritiker hat zwar ebenfalls ein Visum bekommen. Doch wegen eines Ausreiseverbots der syrischen Regierung darf er das Land nicht verlassen – und das macht Khawla Sorge.
"Es ist sehr schwer für mich: Ich kann nicht zurück nach Syrien, aber mein Mann ist immer noch dort. Er war schon vier Mal im Gefängnis und darf Damaskus nicht verlassen. Ich weiß nicht, wie er nach Deutschland kommen soll."
Khawla hofft, dass ihr Mann Syrien auf illegalem Wege verlassen kann, bevor sein Visum für Deutschland abläuft. Denn ein Visum zu bekommen, ist alles andere als einfach. Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gehen wesentlich mehr Anträge für das Humanitäre Aufnahmeprogramm ein, als Plätze zur Verfügung stehen. Einfacher ist es, wenn in Deutschland lebende Syrer über die sogenannten Länderprogramme ihre Verwandten nach Deutschland holen möchten. So wie Kamiran Hudsch. Der 46-jährige Kurde ist vor 18 Jahren aus Syrien geflohen. Heute arbeitet er als Arabischlehrer und Übersetzer in Bochum – und hat seit drei Wochen einen deutschen Pass.
"Ich hatte praktisch keinen Kontakt mehr nach Syrien während diesen 15 bis 16 Jahren. Ja, ich habe meine Mutter dort, ich habe meine Familie dort, aber Kontakt gab es kaum. Aber nach dem Ausbruch der Revolution, da war ich persönlich sehr, sehr beschäftigt damit. Und ich hatte mir sehr große Hoffnungen gemacht, dass bald etwas sich in dem Land ändert. Wir dachten immer an Libyen, an Ägypten, an den Jemen, dass das Regime innerhalb von spätestens sechs Monaten wegfällt. Ich habe sogar daran gedacht, dass ich bald nach Syrien zurückkomme."
Doch daraus wurde nichts. Stattdessen wächst Kamirans Angst, dass seiner Familie etwas zustößt.
"Wenn man Familie dort hat, dann macht man sich natürlich Sorgen. Also was würde mit meiner Mutter dann morgen passieren? Wird sie vom Regime angegriffen? Oder wird sie von ISIS angegriffen? Was passiert dann morgen mit meiner Schwester, mit meinem Bruder, mit den Neffen, mit der ganzen Familie, also, da ist man ständig in Sorge. Ich hatte längere schlaflose Nächte."
Mit drei Personen in der Zweizimmer-Wohnung
Kamiran kann nicht allen Verwandten in Syrien helfen. Doch für einen Bruder und einen Neffen hat er eine Verpflichtungserklärung abgegeben. Kamiran garantiert, dass er für die Unterkunft und den Lebensunterhalt seiner Verwandten aufkommt. Dafür haben die Beiden ein Visum für Deutschland erhalten. Seit sie in Bochum leben, ist es sehr eng geworden in der Zweizimmer-Wohnung von Kamiran.
"Das ist für mich nicht einfach, ich muss auf vieles verzichten dann, ich kann nicht wie früher, vor einem Jahr, leben, wie ich immer gelebt habe, ich muss auf den Urlaub verzichten, damit ich das Geld spare, um, damit diese Personen, die bei mir leben, für die ich mich verpflichtet habe, einigermaßen zu essen haben."
355 Euro zahlt Kamiran jedem seiner beiden Verwandten monatlich. Dazu hat er sich verpflichtet – auf unbestimmte Zeit. Nicht viele Syrer in Deutschland können sich das leisten – ein Grund, warum nur wenige Menschen über diese Länderprogramme nach Deutschland kommen, erklärt Dirk Morlok von ProAsyl.
"Das können sich im Prinzip nur reiche Leute leisten. Also im Prinzip sind die Länderprogramme Programme für reiche Syrerinnen und Syrer, oder Syrer mit deutschem Pass, die hier leben; Leute, die wenig Einkommen oder gar kein Einkommen haben oder mit ganz normalem Facharbeiterjob, die können natürlich niemals eine gesamte Familie aus Syrien rausholen, maximal einzelne Angehörige, das heißt, der Großteil kann nicht von diesem Programm profitieren."
Wer niemanden hat, der für ihn bürgt, und auch keine Chance sieht, über das Humanitäre Aufnahmeprogramm des Bundes nach Deutschland zu gelangen, versucht es trotzdem – meist mit Hilfe von Schleppern oder Schleusern, die mit dem Schicksal der Flüchtlinge Millionen verdienen. Auch Dewran ist so nach Deutschland gekommen.
"Also mein Vater hat alles organisiert, also mit einem, wie heißt er, Schleuser, er hat mit einem Schleuser alles geplant, und mein Vater und der Mann waren bei mir, bei meinem Kollegen zu Hause, und mit eine Auto wir haben nach die Grenze gefahren, die Grenze mit der Türkei. Wir sind dort ungefähr fünf Stunden geblieben, in eine Wohnung in der Grenze, und jede Stunde kommen auch ein paar Leute, junge wie ich, die möchten aus Syrien fliehen, und nach fünf Stunden, wir haben die Grenze überquert."
Mitten in der Nacht kletterten sie durch ein Loch im Grenzzaun zwischen Syrien und der Türkei. Während Dewran von seiner Flucht berichtet, knetet er ein Papiertaschentuch. Seine dunklen Augen blicken unruhig im Zimmer umher. Die Anspannung steht ihm ins Gesicht geschrieben, wenn er versucht, sich zu erinnern. Zum ersten Mal in seinem Leben überquerte Dewran die syrische Grenze – ohne zu wissen, ob er jemals zurückkommen würde.
"Als ich an der Grenze stand, und ich bekomme diese Gefühle, dass ich ganze meine Freunde und meine Familie und die alle Leute dort verlassen und ich gehe einfach weg. Das war richtig schwierig."
Auf der türkischen Seite der Grenze wartete ein Auto. Ohne Licht ging es zu einer Wohnung in der kurdischen Stadt Kiziltebe, vier Tage später weiter nach Istanbul. Dort musste Dewran einen Monat lang warten, bis er an der Reihe war. Mit drei anderen Männern pferchte man ihn zwischen Kartons in einen Lkw. Auf engstem Raum wurde er vier Tage quer durch Europa gefahren – begleitet von der Angst, es nicht bis nach Deutschland zu schaffen, wo er seinen Bruder treffen wollte.
"Also was wir Angst bekommen, dass wir in eine Grenze nicht festgenommen werden, weil wenn wir die Fingerabdruck in eine andere Länder geben, dann können wir nicht nach unsere Familie, mein Bruder war da, ich konnte nicht danach zu ihm gehen, oder ich bleibe in Italien oder Frankreich, keine Ahnung, wo die Lkw fährt, und ich bleib dort und ganze Familie, meine Eltern in Syrien, meine Bruder in Türkei, und meine andere in Deutschland, das war so bisschen komische Situation."
Dewran hatte Glück: Er wurde nicht entdeckt. In Deutschland angekommen, half ihm der Lkw-Fahrer, den Weg nach Bielefeld zu finden. Im Aufnahmelager dort stellte Dewran einen Antrag auf Asyl. Er gehört zu den mehr als 60.000 Syrern, die seit dem 1. Januar 2011 nach Deutschland eingereist sind. Zwei Drittel von ihnen kamen ohne Erlaubnis – wie Dewran. Die steigende Zahl von Asylsuchenden ist vor allem für die deutschen Kommunen eine große Herausforderung, denn sie müssen vor Ort für die Unterbringung sorgen. In Köln ist dafür Henriette Reker, Beigeordnete für Soziales, Integration und Umwelt der Stadt, verantwortlich.
Unterbringung vor allem in Großstädten schwierig
"Die unerlaubt eingereisten Flüchtlinge sind sicherlich am schwierigsten. Weil sie ohne Ankündigung vor der Tür stehen. Sie müssen sich das so vorstellen, dass plötzlich eine Familie mit manchmal sechs, sieben, acht Kindern vor einer Unterkunft steht und Obdach begehrt."
Die Städte und Gemeinden sind verpflichtet, die Flüchtlinge aufzunehmen, zu verpflegen und zu betreuen. In Großstädten wie Köln, wo ohnehin Wohnungsmangel herrscht, sei vor allem die Unterbringung ein Problem, sagt Henriette Reker.
"Wir finden kaum Grundstücke und keine Bestandsimmobilien, die kurzfristig geeignet sind. Langfristig ist das sicherlich möglich, an diesen Planungen sind wir, wir werden das dem Rat der Stadt Köln in absehbarer Zeit auch vorschlagen, in einer größeren Anzahl darüber zu entscheiden, an welcher Stelle der Stadt die Unterkünfte entstehen sollen."
Erst einmal müssen viele Flüchtlinge aber in Notunterkünften ausharren – und zwar teilweise deutlich länger als vorgesehen. Das Zusammenleben auf engstem Raum in improvisierten Massenunterkünften sorgt bei den Flüchtlingen für Spannungen und Ärger. Aber auch die Städte und Gemeinden fühlen sich allein gelassen. Sie fordern, dass sich der Bund an den Kosten für die Betreuung und der Bereitstellung von Wohnraum stärker beteiligt. Am 11. Dezember trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel die Ministerpräsidenten der Länder. Dann soll entschieden werden, welche Kosten der Bund übernimmt. Peter Altmaier, der Chef des Bundeskanzleramtes, gab sich bei einem Flüchtlingsgipfel Ende Oktober in Berlin zuversichtlich, dass Bund, Länder und Kommunen eine Lösung finden:
"Wir wollen diesen Herausforderungen so gerecht werden, wie es sich für ein Land wie Deutschland gehört. Wir wollen aber auch die Bewältigung dieser Herausforderung so organisieren, dass die finanziellen Belastungen für Bund, Länder und Kommunen beherrschbar und überschaubar bleiben."
Ein Vorhaben, das kaum gelingen dürfte, meint Bernd Mesovic von ProAsyl. Er geht davon aus, dass Deutschland in den kommenden Jahren noch sehr viel mehr Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen muss als bisher:
"Von der Politik her sagt man der Bevölkerung ungern die Wahrheit. Man muss den Menschen sagen: Es sind Millionen Menschen auf der Flucht, wir müssen uns angemessen beteiligen, und die Leute können nicht über viele, viele Jahre in Erstaufnahmeländern in Zelten geparkt werden. Die brauchen eine Zukunft. Und ich glaube, eine grundsätzliche Bereitschaft ist da, nur die Politik müsste auch diesen Willen kommunizieren."
Henriette Reker sieht das ähnlich. Die parteilose Beigeordnete der Stadt Köln rechnet damit, dass die Zahl der Flüchtlinge aus Syrien in den kommenden Jahren noch steigen wird.
"Ich glaube, die Frage, ob Deutschland mehr Flüchtlinge aufnehmen kann, stellt sich nicht. Deutschland muss mehr Flüchtlinge aufnehmen in Zukunft. Wir können unsere Grenzen da nicht verschließen und das den anderen europäischen Staaten überlassen."
Die Mittelmeer-Anrainer Italien und Griechenland sehen sich schon jetzt kaum mehr in der Lage, weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Doch von den anderen europäischen Ländern werden sie in dieser Frage kaum unterstützt. Eine gemeinsame Flüchtlingspolitik? Fehlanzeige, sagt Bernd Mesovic.
"Die Hälfte der EU-Staaten hat sich zum Thema Flüchtlinge überhaupt nicht ernsthaft zu Wort gemeldet, und ich würde schon die Bundesregierung dabei unterstützen, wenn sie ihre Initiative einer EU-Flüchtlingskonferenz für das Nahost-Thema wirklich vorantreiben würde. Klar ist es nachvollziehbar, dass man auch die anderen mitbeteiligen möchte, nur im Moment wird das als ein Gegeneinander diskutiert, und die Flüchtlinge als die Hauptbetroffenen bleiben auf der Strecke und leben im Provisorium – teilweise drei Jahre lang."
Dewran, der sich vor zwei Jahren ohne Papiere nach Deutschland durchschlug, hatte Glück. Er wurde als Flüchtling anerkannt und darf in Deutschland bleiben. Inzwischen lebt er in einem Vorort von Bochum, in der Nähe seines Bruders, und besucht einen Sprachkurs. Dafür hat er sogar ein Stipendium bekommen. Der Neuanfang in Deutschland sei ihm dennoch nicht leicht gefallen, erzählt er.
"Die Sprache ist anders, die Leute sind anders, also Mensch ist Mensch, aber die Umgang, die Gebäude, die Straßen. Aber mit die Integrationskurs, die Deutschland hat für Ausländer gemacht, die macht ein bisschen leicht."
Auch die gemeinsamen Abende bei seinem Freund Kamiran helfen dem jungen Kurden, in Deutschland anzukommen. Für viele Neuankömmlinge ist Kamiran eine Art Integrationsfigur, denn er hilft bei Problemen und organisiert die Treffen in seiner Wohnung.
Kamiran:
"Also man sieht sich, mindestens einmal die Woche, man kocht zusammen, man trinkt was zusammen, man unterhält sich. Und immer die Unterhaltung geht natürlich in Richtung Syrien, was heute passiert, wie es früher war, was heute ist, und natürlich aktuell, also viele Kurden – die Frage von Kobane ist die aktuellste Frage, das ist die Frage, die einem so Kopfschmerzen bereitet."
Ein bisschen syrische Heimat, mitten in Bochum. Das hilft Dewran, aber so ganz kann er sein Heimweh und die Sehnsucht nach seiner Familie nicht vergessen. Seit zwei Jahren hat er sie nicht mehr gesehen. Trotzdem: Er würde sich wieder für die Flucht entscheiden.
"Alle Kurden, oder alle Syrer, die haben jetzt Angst, die bekommen auch Angst aus oder von Isis oder Islamische Staat. Weil wenn die in eine Stadt gehen, die machen die ganze Stadt kaputt, die nehmen die Frauen und Kinder, und machen die Eltern oder die Männer tot. Einfach. Die Situation ist so. Ich kann nicht dort bleiben. Entweder ich kämpfe, ich nehme die Waffen, gegen die Regime und Isis kämpfen - oder ich muss fliehen."