Äpfel sind unser beliebtestes Obst - ob als Kuchen, Kompott oder zwischendurch. Jeder zweite erwachsene Birkenpollenallergiker verträgt sie allerdings nicht und reagiert schon auf kleine Mengen mehr oder minder heftig. Rund zwei Millionen Menschen sind betroffen. Vielen kann geholfen werden. Im September begann ein Forschungsprojekt, an dem unter anderem das Allergie-Centrum der Charité in Berlin und die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst beteiligt sind.
Forschung seit mehr als 20 Jahre
Obstallergien werden seit mehr als 20 Jahren erforscht. Im Zusammenhang mit allergischen Reaktionen auf Äpfel untersuchen Wissenschaftler vor allem, worin sich alte Sorten von den modernen aus dem Supermarkt unterscheiden.
"Die alten Apfelsorten haben eine relativ große Menge an sogenannten Polyphenolen im Apfel drin. Diese Polyphenole wirken gegen Schimmelpilze, das heißt, sie sind der Schutz des Apfels."
Professor Karl-Christian Bergmann ist Lungenfacharzt und Allergologe an der Charité in Berlin. Er leitet die Studie mit Apfelallergikern, die im September begonnen hat. Polyphenole bewirken übrigens außerdem die Bräunung bei aufgeschnittenen Äpfeln und den säuerlichen Geschmack.
"Dann ist man auf die Idee gekommen, dass man Äpfel haben möchte, die süßer sind als die alten Apfelsorten, zum Beispiel den Golden Delicious. Diese Äpfel haben weniger Polyphenol, der Apfel hat damit weniger Abwehrkraft. Um der mangelnden Abwehrkraft entgegenzuwirken, bildet sich im Apfel ein Allergen, das in jedem Apfel drin ist."
120 Apfelallergiker essen nun drei Monate lang Äpfel
Es heißt Apfelallergen 1 und ist ein Protein, das Schimmelpilze abwehrt. Die Beobachtung, dass Menschen, die einige Zeit Äpfel alter Sorten gegessen haben, auch neue Sorten vertragen, brachte den Allergologen auf die Idee dieser Studie. Rund 120 erwachsene Apfelallergiker essen nun drei Monate lang Äpfel einer alten Sorte mit wenig allergenem Potenzial. Bevor sie mit der Studie anfangen und am Ende bekommen sie Golden Delicious zu essen, also einen Apfel, der viel vom Allergie auslösenden Protein enthält.
"In den Supermärkten hast du sechs, acht, zehn Sorten Äpfel, meistens alle Allergie auslösend. Und wir haben hier all die alten Sorten und können die ganz gezielt pflücken. Wir wissen dann also auch, was ist im Körbchen oder in der Tüte."
"Jetzt kann sie endlich wieder Äpfel essen."
Dass alte Apfelsorten den neuen, süßeren in puncto Verträglichkeit für Allergiker überlegen sind, erzählt auch Peter Schmidt. Er ist Nebenerwerbslandwirt im Bergischen Land östlich von Köln, und auf seiner Streuobstwiese wachsen rund zwanzig alte Apfelsorten. Zu Beginn der Haupterntezeit veranstaltete er einen Apfeltag – mit Probiermöglichkeit für alle Besucher.
"Wir hatten eine junge Dame hier, etwa 35, mit ihrer Mutter. Die ist krank und gleichzeitig hoch apfelallergisch und hat jahrelang schon keinen Apfel mehr gegessen und wollte aber immer mal. Die hat dann bei uns in der Küche gesessen, die hat einen aufgeschnitten, die hat ein bisschen probiert. Die Mutter hat gesagt, pass auf. Hast du dein Fläschchen dabei, so ein Sprühfläschchen. Und sie hat gesagt, ich spüre doch gar nichts. Im Laufe der Zeit hat sie den Apfel aufgegessen und eine ganze Tüte mitgenommen. Jetzt kann sie endlich wieder Äpfel essen."
Danziger Kantapfel, Goldparmäne, Berlepsch
Danziger Kantapfel und Winterrambour, Goldparmäne und Berlepsch – Apfelallergiker sollten sich die Mühe machen, Früchte alter Sorten aufzutreiben und vorsichtig zu probieren. Der Allergologe Karl-Christian Bergmann rät, es so zu versuchen:
"Wenn man eine Apfelallergie hat, kann man, wenn man sich Äpfel kauft, zunächst davon ausgehen, dass in der Regel rote Äpfel weniger Allergen haben als die grünen. Es gibt allerdings Ausnahmen. Dann kann man sich nach alten Apfelsorten erkundigen, zu denen zum Beispiel der Boskoop gehört. Da findet man übrigens auch Listen im Internet über alte Apfelsorten. Dann probiert man den Apfel, erst ein kleines Stück und dann vielleicht einen Viertelapfel oder einen halben Apfel und prüft, ob man Symptome hat."
Passiert das nicht, hat der Selbstversuch die Hypothesen der Studie schon bestätigt, und dem Genuss der richtigen Äpfel steht nichts mehr im Weg.
TIPP: Der BUND Lemgo veröffentlicht Listen mit verträglichen Sorten.