Im Sommer 2017 verließ die französische Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy den wissenschaftlichen Beirat des Humboldt-Forums, das 2019 im Berliner Stadtschloss eröffnen soll. Aus Protest. Die Macher des neuen Weltkulturmuseums vernachlässigten die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit der Sammlungen, so ihr Vorwurf. Savoys Austritt hat eine gewaltige Debatte über den Umgang mit kolonialen Spuren in deutschen Museumssammlungen ausgelöst, die bis heute anhält.
Ein halbes Jahr nach ihrem Austritt zieht Bénédicte Savoy in den "Kulturfragen" eine Bilanz dieser Debatte:
Sie habe den Eindruck, dass sich seither Einiges zum Guten gewendet hat. Das öffentliche Bewusstsein für Fragen der Aufarbeitung habe zugenommen, die Debatte werde nicht mehr hinter verschlossenen Türen geführt. Mit Blick auf das Humboldt-Forum hat sie nach wie vor die Hoffnung, dass dort eines Tages die Herkunft der Ausstellungsstücke kenntlich gemacht werde, so dass die Museumsbesucher nachvollziehen könnten, auf welchem Weg die Exponate in deutsche Sammlungen gelangt seien.
"Paradigmenwechsel" in Frankreich
Die Aufarbeitung der kolonialen Spuren könne allerdings nicht nur auf nationaler Ebene stattfinden. Savoy plädierte für eine engere Zusammenarbeit mit anderen europäischen Ländern, etwa mit Frankreich. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat kürzlich angekündigt, Frankreich werde Kulturgüter, die während der Kolonialzeit in französische Sammlungen gelangt sind, an afrikanische Staaten zurückgeben. Bénédicte Savoy wertete dies als einen Paradigmenwechsel in unserem Nachbarland, der auch die Debatte in Deutschland positiv beeinflussen könne.
Sie plädierte insgesamt für mehr Achtung und Großzügigkeit: Man müsse anerkennen, dass die Menschen in Afrika genauso wie die Menschen in Europa ein Recht auf ihr Kulturerbe hätten. Es gehe darum, gemeinsam eine Zukunft zu entwerfen und die Aufarbeitung der Kolonialzeit sei hierfür die Voraussetzung: "Wenn wir diese Sachen nicht friedlich und gut lösen, gibt es möglicherweise keine Zukunft mehr. Weder für die Museen, noch für uns in Europa. Es geht also auch ums Überleben."