Der Historiker Egon Flaig ist in den Debatten dieser Republik eine singuläre Figur: immer wieder bringt er mit politisch wenig korrekten Beiträgen – vor allem in der FAZ - weite Teile der Öffentlichkeit gegen sich auf. Politisch unerwünscht ist es zum Beispiel derzeit zu behaupten, der Islam sei - in den allermeisten Schattierungen - weniger friedlich und tolerant, als gutmeinende Zeitgenossen es immer wieder verlauten lassen.
Auch in seinem neuen Buch "Weltgeschichte der Sklaverei" nähert sich Flaig dem Islam in kritischer Absicht. Es wäre bei diesem Thema zu erwarten gewesen, dass die zwei bekanntesten Sklavenhalter-Gesellschaften, nämlich die römische und die amerikanische, im Vordergrund stehen. Aber neben diesen beiden nimmt Flaig auch die systematische Versklavung von Menschen durch den Islam ins Visier – und kommt zu erstaunlichen Ergebnissen. Schon rein quantitativ sei der islamische Sklavenhandel weit ausgeprägter gewesen als bisher angenommen. Flaig behauptet sogar – und hier greift er Ergebnisse des amerikanischen Forschers Ralph Austen auf - die Anzahl der von islamischen Herrschern (zwischen 650 und 1920) deportierten Schwarzafrikaner übersteige die Zahl transatlantischer Deportationen, vor allem die nach Amerika, bei Weitem. Das Verhältnis sei 17 zu 11,5 Millionen Menschen. Viel brisanter als solche Zahlen aber ist die Sprengkraft von Flaigs Hauptthese. Sie besagt nämlich, dass das Versklaven der sog. "Ungläubigen" durch die islamische Religion legitimiert, ja ihr inhärent sei. Die religiöse Pflicht zum Dschihad habe zu großen, letztlich auch ökonomisch motivierten Raubzügen geführt.
"In einmaliger Schnelligkeit eroberten /die Muslime/ von 635 bis 720 ein riesiges Gebiet von Spanien und dem Senegal bis nach Indien, vom Tschad-See bis zum Kaukasus und Hindukusch ... Die zweite Eroberungswelle überrollte im 11. und 12. Jahrhundert Teile Westafrikas und Indiens. Als im 14. Jahrhundert die türkischen und mongolischen Stämme Zentralasiens zum Islam konvertierten, setzte die dritte Expansionswelle ein."
Die im frühen Mittelalter prosperierende Wirtschaft der islamischen Staaten erforderte den ständigen Zustrom von Sklaven; daher auch die permanenten Angriffe auf die ungläubigen Nachbarn, diagnostiziert Flaig.
Im Grunde steht der gelernte Romanist Flaig in der Tradition der französischen Annales-Schule und möchte übergreifend Mentalitäts- und Strukturgeschichte treiben; andererseits hält sich gerade dieses Buch sehr eng an die verfügbaren Forschungsberichte. Die Quellenlage zur römischen Sklavenhaltung (dem besten Kapitel des Buches) ist allerdings um einiges ausführlicher als die zu den islamischen sklavistischen Systemen, die eher dünn belegt sind. Das liegt auch am amerika- und eurozentristischen Blick der Forschung, die weit entfernte Gräueltaten gern ignoriert. Statt sich über das Aufgreifen dieses bislang unterbelichteten islamischen Kapitels zu freuen und Flaig – verdienterweise - für seinen Mut zu loben, ist die Reaktion in der Historiker-Zunft aber eher ablehnend. Offenbar hat das – leider – auch mit aktuellen politischen Rücksichten zu tun.
Grundsätzlich unterscheidet Flaig in seinem Buch zwei Formen von Versklavung: Intrusive und extrusive Sklaverei.
"Intrusiv ist eine Sklaverei, wenn die Sklaven überwiegend als Fremde in die sklavistische Gesellschaft importiert werden. Extrusiv ist sie, wenn die Sklaven überwiegend aus der eigenen Gesellschaft stammen."
Flaig definiert Sklaverei als "sozialen Tod"; es ist nicht nur die ökonomische Ausbeutung, in vielen Fällen bis zum Exitus, sondern auch das Herausfallen aus allen tradierten, familialen und normativen Bezügen, die die Sklaverei kennzeichnet. Allerdings ist Sklaverei auch bezeichnet als ein von der Gesamtgesellschaft akzeptiertes, institutionell abgesichertes Verfahren; bei den Römern oder in den amerikanischen Südstaaten war es völlig selbstverständlich, Sklaven zu haben; auch im Nationalsozialismus waren Fremdarbeiter und öffentlich Deportierte normal. Die Widersprüche sklavistischer Systeme werden von Flaig am klarsten erläutert, wenn es um das römische Imperium geht. Denn wir treffen hier nicht nur den körperlich schuftenden Sklaven an.
Die im Haus vornehmer Römer tätigen Sklaven waren stark hierarchisiert ... Sklaven, die als Sekretäre arbeiteten, als Buchhalter oder als Lehrer für griechische Literatur und Rhetorik, hatten gute Chancen, persönliche Nahverhältnisse mit ihren Herren und deren Familien einzugehen ... , ihr Vertrauen zu erwerben und freigelassen zu werden.
Gerade die Aussicht auf Freilassung ist eine Motivation, die den Sklaven zu erhöhter Leistung antreibt, auch bei körperlichen Arbeiten. Andererseits endeten die Arbeiten etwa in Minen und Bergwerken oft mit dem bereits einkalkulierten Tod der Betroffenen. Beides machte ständigen internationalen Nachschub für die Sklavenhalter-Gesellschaft notwendig. Flaig benennt "Lieferzonen" und "Fangapparate": Die moslemischen Staaten des frühen Mittelalters setzten berittene Truppen zur Sklavenjagd ein, vor allem in Afrika. Vielfach wurden die Erbeuteten selbst zu Militär-Sklaven; Frauen landeten im Harem, Männer wurden zu Eunuchen gemacht und in der Administration eingesetzt. Flaig lenkt unser Augenmerk aber nicht nur auf die Lebensbedingungen der Entrechteten, sondern auch auf den Prozess des Versklavens selbst. Dabei spielen die afrikanischen Eliten keine gute Rolle: sie verkauften ihre eigenen Leute. Der Imperialismus – und das wird von Flaig ausreichend belegt - griff also etwas auf, das es bereits gab. Der Export der afrikanischen Bevölkerung ab 1640 in die Karibik, nach Brasilien und nach Nordamerika ist zwar in der Hauptsache den imperialistischen europäischen Großmächten Holland, Spanien und England anzulasten. Allerdings macht Flaig, und das ist natürlich provokant, auf eine merkwürdige Dialektik des imperialistischen Prozesses aufmerksam: er beförderte die Versklavung, aber er stoppte sie auch. Denn nicht Sklavenaufstände, sondern die westliche evangelikale Abolitionisten-Bewegung sorgte ab Mitte des 18. Jahrhunderts für Ächtung und langsames Verschwinden der Sklaverei. Abolition heißt Abschaffung: eine Vielzahl protestantischer Sekten und Minderheiten in den amerikanischen Neuengland-Staaten hielten die Sklaverei schon Mitte des 17. Jahrhunderts für menschenunwürdig und forderten die Freilassung der Betroffenen.
Der Prediger R.Baxter verurteilte 1665 Sklavenhändler und –halter als 'gemeinsame Feinde der Menschheit'; der Quäker W.Edmundson betonte 1676 in einem Rundbrief, christliche Freiheit und Sklaverei schlössen sich gegenseitig aus.
Die Lage ist also kompliziert: Einerseits war England imperialistische Großmacht und der Protestantismus psychischer Motor des Kapitalismus, andererseits bestanden protestantische englische Siedler auf Einhaltung moralischer Mindestnormen oder gar der Menschenrechte. Flaig geht nun noch einen Schritt weiter und konstatiert eine Dialektik des Kolonialismus selber. Der habe Afrika zwar ausgebeutet und auf der Berliner Konferenz von 1884/85 die Einflußsphären der einzelnen Großmächte abgesteckt; auf eben jener Konferenz sei aber auch der Sklavenhandel verboten worden. Langfristig hätten die Kolonialmächte die korrupten einheimischen Eliten dann am Sklaven-Verkauf gehindert, sagt Flaig. Und der Autor ist streitlustig und polemisch genug, den Kolonialismus sodann als "humanitäre Intervention" zu bezeichnen, die die Sklaverei beendete. Das konterkariert alle bislang üblichen Schuldzuweisungen. Allein: Flaig Analyse scheint weitgehend plausibel. Denn mit der ökonomischen Expansion wurden eben auch demokratische Einstellungen exportiert und durchgesetzt. Wir Europäer pflegen – auch in der Wissenschaft - gern die Vorstellung vom edlen Wilden, der vom Imperialismus vergewaltigt wurde. Wahr ist aber auch, dass brutale afrikanische Eliten die eigene Bevölkerung drangsalierten und verkauften. Dies zu benennen und neu zu gewichten, ist ein Verdienst dieses Buches. Die scharfe Analyse der von den islamischen Ländern zu verantwortenden Sklaverei mag politisch derzeit nicht opportun sein – sie schließt aber eine Leerstelle der Forschung. Es wäre eher zu fragen, warum die islamische Versklavung bislang so wenig Interesse erregte; dass Quellenlage und Forschungsliteratur hier dünner sind als bei den Mainstream-Themen, hat nicht Egon Flaig zu verantworten. Insofern ist das ein – wissenschaftlich wie politisch – anregendes Buch, das verfestigte Meinungen besonders der politischen Linken in Frage stellt. Flaig will nicht den Kolonialismus verharmlosen; aber er schärft unseren Blick für die Selbstverantwortung der heutigen Dritte-Welt-Länder, die ihre eigene Geschichte gern ein wenig retuschieren.
Groteskerweise sind es großenteils die Angehörigen der ehemaligen Versklaver-Ethnien, die heute die Opferrolle spielen. Auf der Durban-Konferenz 2001 forderte Ali Mohamed Osman Yasin Reparationen vom Westen, als Justizminister des Sudan – wo Schwarze seit über 20 Jahren erneut versklavt werden.
Auch in seinem neuen Buch "Weltgeschichte der Sklaverei" nähert sich Flaig dem Islam in kritischer Absicht. Es wäre bei diesem Thema zu erwarten gewesen, dass die zwei bekanntesten Sklavenhalter-Gesellschaften, nämlich die römische und die amerikanische, im Vordergrund stehen. Aber neben diesen beiden nimmt Flaig auch die systematische Versklavung von Menschen durch den Islam ins Visier – und kommt zu erstaunlichen Ergebnissen. Schon rein quantitativ sei der islamische Sklavenhandel weit ausgeprägter gewesen als bisher angenommen. Flaig behauptet sogar – und hier greift er Ergebnisse des amerikanischen Forschers Ralph Austen auf - die Anzahl der von islamischen Herrschern (zwischen 650 und 1920) deportierten Schwarzafrikaner übersteige die Zahl transatlantischer Deportationen, vor allem die nach Amerika, bei Weitem. Das Verhältnis sei 17 zu 11,5 Millionen Menschen. Viel brisanter als solche Zahlen aber ist die Sprengkraft von Flaigs Hauptthese. Sie besagt nämlich, dass das Versklaven der sog. "Ungläubigen" durch die islamische Religion legitimiert, ja ihr inhärent sei. Die religiöse Pflicht zum Dschihad habe zu großen, letztlich auch ökonomisch motivierten Raubzügen geführt.
"In einmaliger Schnelligkeit eroberten /die Muslime/ von 635 bis 720 ein riesiges Gebiet von Spanien und dem Senegal bis nach Indien, vom Tschad-See bis zum Kaukasus und Hindukusch ... Die zweite Eroberungswelle überrollte im 11. und 12. Jahrhundert Teile Westafrikas und Indiens. Als im 14. Jahrhundert die türkischen und mongolischen Stämme Zentralasiens zum Islam konvertierten, setzte die dritte Expansionswelle ein."
Die im frühen Mittelalter prosperierende Wirtschaft der islamischen Staaten erforderte den ständigen Zustrom von Sklaven; daher auch die permanenten Angriffe auf die ungläubigen Nachbarn, diagnostiziert Flaig.
Im Grunde steht der gelernte Romanist Flaig in der Tradition der französischen Annales-Schule und möchte übergreifend Mentalitäts- und Strukturgeschichte treiben; andererseits hält sich gerade dieses Buch sehr eng an die verfügbaren Forschungsberichte. Die Quellenlage zur römischen Sklavenhaltung (dem besten Kapitel des Buches) ist allerdings um einiges ausführlicher als die zu den islamischen sklavistischen Systemen, die eher dünn belegt sind. Das liegt auch am amerika- und eurozentristischen Blick der Forschung, die weit entfernte Gräueltaten gern ignoriert. Statt sich über das Aufgreifen dieses bislang unterbelichteten islamischen Kapitels zu freuen und Flaig – verdienterweise - für seinen Mut zu loben, ist die Reaktion in der Historiker-Zunft aber eher ablehnend. Offenbar hat das – leider – auch mit aktuellen politischen Rücksichten zu tun.
Grundsätzlich unterscheidet Flaig in seinem Buch zwei Formen von Versklavung: Intrusive und extrusive Sklaverei.
"Intrusiv ist eine Sklaverei, wenn die Sklaven überwiegend als Fremde in die sklavistische Gesellschaft importiert werden. Extrusiv ist sie, wenn die Sklaven überwiegend aus der eigenen Gesellschaft stammen."
Flaig definiert Sklaverei als "sozialen Tod"; es ist nicht nur die ökonomische Ausbeutung, in vielen Fällen bis zum Exitus, sondern auch das Herausfallen aus allen tradierten, familialen und normativen Bezügen, die die Sklaverei kennzeichnet. Allerdings ist Sklaverei auch bezeichnet als ein von der Gesamtgesellschaft akzeptiertes, institutionell abgesichertes Verfahren; bei den Römern oder in den amerikanischen Südstaaten war es völlig selbstverständlich, Sklaven zu haben; auch im Nationalsozialismus waren Fremdarbeiter und öffentlich Deportierte normal. Die Widersprüche sklavistischer Systeme werden von Flaig am klarsten erläutert, wenn es um das römische Imperium geht. Denn wir treffen hier nicht nur den körperlich schuftenden Sklaven an.
Die im Haus vornehmer Römer tätigen Sklaven waren stark hierarchisiert ... Sklaven, die als Sekretäre arbeiteten, als Buchhalter oder als Lehrer für griechische Literatur und Rhetorik, hatten gute Chancen, persönliche Nahverhältnisse mit ihren Herren und deren Familien einzugehen ... , ihr Vertrauen zu erwerben und freigelassen zu werden.
Gerade die Aussicht auf Freilassung ist eine Motivation, die den Sklaven zu erhöhter Leistung antreibt, auch bei körperlichen Arbeiten. Andererseits endeten die Arbeiten etwa in Minen und Bergwerken oft mit dem bereits einkalkulierten Tod der Betroffenen. Beides machte ständigen internationalen Nachschub für die Sklavenhalter-Gesellschaft notwendig. Flaig benennt "Lieferzonen" und "Fangapparate": Die moslemischen Staaten des frühen Mittelalters setzten berittene Truppen zur Sklavenjagd ein, vor allem in Afrika. Vielfach wurden die Erbeuteten selbst zu Militär-Sklaven; Frauen landeten im Harem, Männer wurden zu Eunuchen gemacht und in der Administration eingesetzt. Flaig lenkt unser Augenmerk aber nicht nur auf die Lebensbedingungen der Entrechteten, sondern auch auf den Prozess des Versklavens selbst. Dabei spielen die afrikanischen Eliten keine gute Rolle: sie verkauften ihre eigenen Leute. Der Imperialismus – und das wird von Flaig ausreichend belegt - griff also etwas auf, das es bereits gab. Der Export der afrikanischen Bevölkerung ab 1640 in die Karibik, nach Brasilien und nach Nordamerika ist zwar in der Hauptsache den imperialistischen europäischen Großmächten Holland, Spanien und England anzulasten. Allerdings macht Flaig, und das ist natürlich provokant, auf eine merkwürdige Dialektik des imperialistischen Prozesses aufmerksam: er beförderte die Versklavung, aber er stoppte sie auch. Denn nicht Sklavenaufstände, sondern die westliche evangelikale Abolitionisten-Bewegung sorgte ab Mitte des 18. Jahrhunderts für Ächtung und langsames Verschwinden der Sklaverei. Abolition heißt Abschaffung: eine Vielzahl protestantischer Sekten und Minderheiten in den amerikanischen Neuengland-Staaten hielten die Sklaverei schon Mitte des 17. Jahrhunderts für menschenunwürdig und forderten die Freilassung der Betroffenen.
Der Prediger R.Baxter verurteilte 1665 Sklavenhändler und –halter als 'gemeinsame Feinde der Menschheit'; der Quäker W.Edmundson betonte 1676 in einem Rundbrief, christliche Freiheit und Sklaverei schlössen sich gegenseitig aus.
Die Lage ist also kompliziert: Einerseits war England imperialistische Großmacht und der Protestantismus psychischer Motor des Kapitalismus, andererseits bestanden protestantische englische Siedler auf Einhaltung moralischer Mindestnormen oder gar der Menschenrechte. Flaig geht nun noch einen Schritt weiter und konstatiert eine Dialektik des Kolonialismus selber. Der habe Afrika zwar ausgebeutet und auf der Berliner Konferenz von 1884/85 die Einflußsphären der einzelnen Großmächte abgesteckt; auf eben jener Konferenz sei aber auch der Sklavenhandel verboten worden. Langfristig hätten die Kolonialmächte die korrupten einheimischen Eliten dann am Sklaven-Verkauf gehindert, sagt Flaig. Und der Autor ist streitlustig und polemisch genug, den Kolonialismus sodann als "humanitäre Intervention" zu bezeichnen, die die Sklaverei beendete. Das konterkariert alle bislang üblichen Schuldzuweisungen. Allein: Flaig Analyse scheint weitgehend plausibel. Denn mit der ökonomischen Expansion wurden eben auch demokratische Einstellungen exportiert und durchgesetzt. Wir Europäer pflegen – auch in der Wissenschaft - gern die Vorstellung vom edlen Wilden, der vom Imperialismus vergewaltigt wurde. Wahr ist aber auch, dass brutale afrikanische Eliten die eigene Bevölkerung drangsalierten und verkauften. Dies zu benennen und neu zu gewichten, ist ein Verdienst dieses Buches. Die scharfe Analyse der von den islamischen Ländern zu verantwortenden Sklaverei mag politisch derzeit nicht opportun sein – sie schließt aber eine Leerstelle der Forschung. Es wäre eher zu fragen, warum die islamische Versklavung bislang so wenig Interesse erregte; dass Quellenlage und Forschungsliteratur hier dünner sind als bei den Mainstream-Themen, hat nicht Egon Flaig zu verantworten. Insofern ist das ein – wissenschaftlich wie politisch – anregendes Buch, das verfestigte Meinungen besonders der politischen Linken in Frage stellt. Flaig will nicht den Kolonialismus verharmlosen; aber er schärft unseren Blick für die Selbstverantwortung der heutigen Dritte-Welt-Länder, die ihre eigene Geschichte gern ein wenig retuschieren.
Groteskerweise sind es großenteils die Angehörigen der ehemaligen Versklaver-Ethnien, die heute die Opferrolle spielen. Auf der Durban-Konferenz 2001 forderte Ali Mohamed Osman Yasin Reparationen vom Westen, als Justizminister des Sudan – wo Schwarze seit über 20 Jahren erneut versklavt werden.