Robert Wolfgang Schnell wurde 1916 geboren. Er trat dem Jugendverband der Anarcho-Syndikalisten bei; die Schule beendete er ebenso wenig wie ein Musikstudium. In den dreißiger Jahren schloss er sich der Künstlergruppe "Die Wupper" an, zu der Else Lasker-Schüler, Franz Marc und Luise Rinser zählten. Die Nazis verhinderten erste Publikationen. Seinen Dienst bei der Wehrmacht beendete Schnell 1944 mit Desertion zu den Alliierten. Über die geistige Verfassung des Nachkriegsdeutschlands schrieb er:
Schon 1945 bei meinem Wuppertal-Besuch begrub ich meinen jakobinischen Traum von einem durch Furien moralisch gefestigten Deutschland und irrte unter den Aufgescheuchten umher, für die der damalige geschichtliche Zustand eine unangenehme Unterbrechung ihres Erwerbslebens war. 'Dies Volk ist hoffnungslos', las ich bei Heinrich Mann. Das traf mich zwischen stehen gebliebenen Schornsteinen und Brandmauern.
Robert Wolfgang Schnell zog es zum Theater. 1946 gründete er die Ruhrkammerspiele Witten. Ein Jahr später folgte er Wolfgang Langhoff nach Berlin, wo er Ende der fünfziger Jahre mit seinen Freunden Günter Anlauf und Günter Bruno Fuchs die Kreuzberger Hinterhof-Galerie »Die Zinke« ins Leben rief. Bis zum Bau der Mauer trafen sich hier Künstler aus Ost und West - zum Beispiel Günter Grass und Johannes Bobrowski, Manfred Bieler und Hermann Kant. Neben dem innerdeutschen Austausch verfolgte man jedoch auch ein anderes Anliegen: Im damaligen Berliner Arbeiterbezirk sollte Literatur dem Proletariat nahe gebracht werden. Vor allem dieses Engagement für die Unterprivilegierten der Gesellschaft, das auch in Schnells Literatur deutlich spürbar ist, überzeugte den Literaturwissenschaftler Michael Fisch, Robert Wolfgang Schnells Werk im SPD-nahen Parthas Verlag neu herauszugeben.
""Natürlich ist es auch ein Experiment, so einen Autor nach über zwanzig Jahren wieder zu beleben. Also er war zwanzig Jahre de facto nicht lieferbar, seine Bücher waren nicht käuflich zu erwerben. Und wir stoßen da in eine Lücke und haben so ein bisschen Hoffnung, dass wir die Qualität seines Schaffens hier nochmal neu vorlegen und Lesern die Möglichkeit geben, diesen Autor nochmal neu zu entdecken. (…) Also ich finde, dass Robert Wolfgang Schnell eine ganz eigene dichterische Stimme hat (…) Und eben ist er ein politisch engagierter Autor, der für die Schwachen eintritt, für die eintritt, die man vielleicht entrechtet nennen könnte. Und ich glaube, wir leben in einer Zeit, die an Widersprüchen stärker ist denn je, die Differenzierung zwischen arm und reich wird immer deutlicher, und die dazu ruft, die Literatur wieder zu politisieren. Und ich glaube, da hat uns Robert Wolfgang Schnell auch heute noch sehr viel zu sagen. "
Die ersten drei Bücher der Werkausgabe Robert Wolfgang Schnells liegen nun vor. Nach dem Erfolgsroman "Erziehung durch Dienstmädchen" und einem Band mit Gedichten erschien als dritte Publikation "Das Leben des Heiligen Hermann Katz" - ein unvollendeter Roman, den Michael Fisch im Nachlass des Autors gefunden hat.
" Dieses Buch ist wirklich geheimnisumwittert. Es gab immer die Gerüchte, dass es einen letzten großen Roman von Robert Wolfgang Schnell geben würde. Schnell ist ja 1986 gestorben und die letzte Buchveröffentlichung, die er selber auch noch erlebt hat, war: "Der Weg einer Pastorin ins Bordell". Das war ein Erzählungsband, den der Luchterhand Verlag noch veröffentlicht hat. Und vier dieser Erzählungen sind eigentlich Teile aus diesem letzten großen Roman, d.h. es war also mehr als ein Gerücht, dass es diesen Roman geben muss, denn vier Erzählungen lagen ja nun vor. Aber es gab niemanden mehr, der noch ein Typoskript hatte oder eine Kopie oder irgendetwas. So war es fast ein kleines Wunder, dass ich da in Marbach in einer der 56 grünen Nachlasskisten dann doch dieses Typoskript entdeckt habe (…) Und ich hab natürlich gleich wie besessen angefangen zu lesen und war sofort ergriffen von diesem Text. "
Als Hermann Katz die Treppe zu seiner Wohnung in der Loherstraße heruntergegangen war, wusste er nicht, wohin. Er war zu gebildet, seinen Weg nach dem eines gerade vorbeikommenden Hundes zu nehmen. Er wollte leben. So, ohne weiteres. Ungeachtet aller Schwierigkeiten. Ein Hund war ihm schon zu literarisch. Das hatte er bei Unamuno gelesen.
So beginnt der Roman "Das Leben des Heiligen Hermann Katz" von Robert Wolfgang Schnell, der nun erstmals im Parthas Verlag erschienen ist. Schnell beschreibt darin den Weg eines gänzlich unheiligen Heranwachsenden - eben jenes Hermann Katz - durch die Wirrnisse der Pubertät. Das Buch schließt chronologisch an "Erziehung durch Dienstmädchen" an und beschreibt zwischen 1921 und 1932 den Entwicklungsprozess einer typischen Außenseiterfigur, wie sie das Schnellsche Erzählwerk zuhauf bevölkern. Katz, der in einer Welt aufwächst, die von Strenge und Pflichtgefühl beherrscht wird, findet in der kleinbürgerlichen Enge des Wuppertaler Elternhauses nicht genügend Luft zum Atmen. Er verspürt keinerlei Drang, den Leistungsanforderungen der Erwachsenenwelt gerecht zu werden. Die Perspektive, die sie ihm zu bieten vermag, scheint ihm keine Anstrengung wert zu sein. Vielmehr fühlt er sich zu den Faulenzern und Sitzenbleibern hingezogen, die durch familiäres Vermögen weich gepolstert ihre Jugend verschwenden. Hermann Katz fängt an, Gedichte zu schreiben, und beginnt mit einer attraktiven Fabrikantengattin, der Mutter eines Schulfreundes, ein Verhältnis. Doch die Verse spiegeln nur sein erotisch aufgewühltes Gefühlsleben wider, außerdem muss Katz bald feststellen, dass die Rolle des jugendlichen Liebhabers auf Dauer höchst unbefriedigend und schmarotzerhaft ist. So bemerkt er gegenüber seiner Geliebten:
Ich kann ja nur hier bei dir liegen, weil ich mich als Drohne auf die Biederkeit dieser unwissenden Narren stütze. Der Mann, der mich gezeugt hat, bezahlt mein Schulgeld, meine Kleidung, mein Essen, dabei hat ihm meine Herstellung nicht mal Vergnügen bereitet, davon bin ich überzeugt. Gegen die Bedürfnislosigkeit ihres Schlafzimmers machst du jeden Raum zur erotischen Kirche. Dein Mann und du, dein Sohn, mein Freund, wir leben doch alle nur davon, dass diese Leute in ihrem frommen Wahn Frondienste leisten. Wir sind nicht, wie Schiller sagt, Verbrecher aus verlorener Ehre, sondern Räuber aufgrund der Ehrbarkeit anderer.
Die Suche nach einem geeigneten Lebenszusammenhang führt Hermann Katz nach Rostock, wo er einen Pfarrer düpiert, seine gerade erst erwachte Sexualität einsetzt, um Macht auf Freuen auszuüben, und schließlich zum Zuhälter wird. Als eine der Prostituierten, die für ihn arbeiten, Selbstmord begeht, beendet er seine unwürdige Lebensform und fährt zurück in seine alte Heimat. Die Erfahrung eines gelebten Lebens hat seine Gedichte besser werden lassen. Doch die Erziehung der Gefühle ist noch lange nicht abgeschlossen. "Wohin?" ist das letzte Kapitel des Romanfragments überschrieben, in dem Hermann Katz eine Prostituierte beschützen will. Die fügsame Unfreiheit, in der sie lebt, erregt sein Mitleid und Verantwortungsgefühl.
" Der Autor Schnell lehnt jede Moral ab, lehnt jede Pädagogik ab und damit auch jede Psychologie. Das ist ein absolut unpsychologischer Roman, also Bewusstseinsvorgänge seines Protagonisten interessieren ihn nicht, sondern die Frage, halte ich mich offen für die Geschehnisse dieser Welt, lasse ich mich drauf ein, verarbeite ich sie, oder ziehe ich eine Grenze. Und natürlich gibt es diese Szenen, wo dann Hermann Katz auch ein ganz klares Nein formulieren kann. Und das wäre die Entwicklungsgeschichte des jungen Mannes, des Pubertierenden, der rausfinden muss, wo stehe ich. Und die Position, die er einnimmt, ist ja dann die des Autors - eine klassenkämpferische. "
Ob man - wie der Herausgeber Michael Fisch - eine Figur wie Hermann Katz als Klassenkämpfer interpretieren muss, ist vielleicht etwas fraglich. Robert Wolfgang Schnell war zwar bis zum Verbot der Partei Mitglied der KPD und Zeit seines Lebens politisch engagiert. Doch seine Bücher sind deshalb keineswegs tendenziös. Schnell war Realist und hat nach eigener Aussage immer aus dem "Motiv des eigenen Daseins heraus" gearbeitet. Sein Verdienst ist das teilnahmsvolle Betrachten und Erzählen, das Schildern von Milieus und Charakteren vor einem sehr genau gezeichneten sozialen und historischen Hintergrund. Die Schauplätze, die er beschreibt, sind Stationen seiner Biografie, die Sprache wirkt unverstellt und authentisch. Dieser wahrhaftige Blick auf Randexistenzen in der Weimarer Republik, die sich abseits von den Metropolen durchs Leben schlagen, macht "Das Leben des Heiligen Hermann Katz" von Robert Wolfgang Schnell zu einer wunderbaren Entdeckung.
Robert Wolfgang Schnell: Das Leben des Heiligen Hermann Katz
(Parthas Verlag)
3. Band der Werkausgabe
282 Seiten, 24,- Euro
Schon 1945 bei meinem Wuppertal-Besuch begrub ich meinen jakobinischen Traum von einem durch Furien moralisch gefestigten Deutschland und irrte unter den Aufgescheuchten umher, für die der damalige geschichtliche Zustand eine unangenehme Unterbrechung ihres Erwerbslebens war. 'Dies Volk ist hoffnungslos', las ich bei Heinrich Mann. Das traf mich zwischen stehen gebliebenen Schornsteinen und Brandmauern.
Robert Wolfgang Schnell zog es zum Theater. 1946 gründete er die Ruhrkammerspiele Witten. Ein Jahr später folgte er Wolfgang Langhoff nach Berlin, wo er Ende der fünfziger Jahre mit seinen Freunden Günter Anlauf und Günter Bruno Fuchs die Kreuzberger Hinterhof-Galerie »Die Zinke« ins Leben rief. Bis zum Bau der Mauer trafen sich hier Künstler aus Ost und West - zum Beispiel Günter Grass und Johannes Bobrowski, Manfred Bieler und Hermann Kant. Neben dem innerdeutschen Austausch verfolgte man jedoch auch ein anderes Anliegen: Im damaligen Berliner Arbeiterbezirk sollte Literatur dem Proletariat nahe gebracht werden. Vor allem dieses Engagement für die Unterprivilegierten der Gesellschaft, das auch in Schnells Literatur deutlich spürbar ist, überzeugte den Literaturwissenschaftler Michael Fisch, Robert Wolfgang Schnells Werk im SPD-nahen Parthas Verlag neu herauszugeben.
""Natürlich ist es auch ein Experiment, so einen Autor nach über zwanzig Jahren wieder zu beleben. Also er war zwanzig Jahre de facto nicht lieferbar, seine Bücher waren nicht käuflich zu erwerben. Und wir stoßen da in eine Lücke und haben so ein bisschen Hoffnung, dass wir die Qualität seines Schaffens hier nochmal neu vorlegen und Lesern die Möglichkeit geben, diesen Autor nochmal neu zu entdecken. (…) Also ich finde, dass Robert Wolfgang Schnell eine ganz eigene dichterische Stimme hat (…) Und eben ist er ein politisch engagierter Autor, der für die Schwachen eintritt, für die eintritt, die man vielleicht entrechtet nennen könnte. Und ich glaube, wir leben in einer Zeit, die an Widersprüchen stärker ist denn je, die Differenzierung zwischen arm und reich wird immer deutlicher, und die dazu ruft, die Literatur wieder zu politisieren. Und ich glaube, da hat uns Robert Wolfgang Schnell auch heute noch sehr viel zu sagen. "
Die ersten drei Bücher der Werkausgabe Robert Wolfgang Schnells liegen nun vor. Nach dem Erfolgsroman "Erziehung durch Dienstmädchen" und einem Band mit Gedichten erschien als dritte Publikation "Das Leben des Heiligen Hermann Katz" - ein unvollendeter Roman, den Michael Fisch im Nachlass des Autors gefunden hat.
" Dieses Buch ist wirklich geheimnisumwittert. Es gab immer die Gerüchte, dass es einen letzten großen Roman von Robert Wolfgang Schnell geben würde. Schnell ist ja 1986 gestorben und die letzte Buchveröffentlichung, die er selber auch noch erlebt hat, war: "Der Weg einer Pastorin ins Bordell". Das war ein Erzählungsband, den der Luchterhand Verlag noch veröffentlicht hat. Und vier dieser Erzählungen sind eigentlich Teile aus diesem letzten großen Roman, d.h. es war also mehr als ein Gerücht, dass es diesen Roman geben muss, denn vier Erzählungen lagen ja nun vor. Aber es gab niemanden mehr, der noch ein Typoskript hatte oder eine Kopie oder irgendetwas. So war es fast ein kleines Wunder, dass ich da in Marbach in einer der 56 grünen Nachlasskisten dann doch dieses Typoskript entdeckt habe (…) Und ich hab natürlich gleich wie besessen angefangen zu lesen und war sofort ergriffen von diesem Text. "
Als Hermann Katz die Treppe zu seiner Wohnung in der Loherstraße heruntergegangen war, wusste er nicht, wohin. Er war zu gebildet, seinen Weg nach dem eines gerade vorbeikommenden Hundes zu nehmen. Er wollte leben. So, ohne weiteres. Ungeachtet aller Schwierigkeiten. Ein Hund war ihm schon zu literarisch. Das hatte er bei Unamuno gelesen.
So beginnt der Roman "Das Leben des Heiligen Hermann Katz" von Robert Wolfgang Schnell, der nun erstmals im Parthas Verlag erschienen ist. Schnell beschreibt darin den Weg eines gänzlich unheiligen Heranwachsenden - eben jenes Hermann Katz - durch die Wirrnisse der Pubertät. Das Buch schließt chronologisch an "Erziehung durch Dienstmädchen" an und beschreibt zwischen 1921 und 1932 den Entwicklungsprozess einer typischen Außenseiterfigur, wie sie das Schnellsche Erzählwerk zuhauf bevölkern. Katz, der in einer Welt aufwächst, die von Strenge und Pflichtgefühl beherrscht wird, findet in der kleinbürgerlichen Enge des Wuppertaler Elternhauses nicht genügend Luft zum Atmen. Er verspürt keinerlei Drang, den Leistungsanforderungen der Erwachsenenwelt gerecht zu werden. Die Perspektive, die sie ihm zu bieten vermag, scheint ihm keine Anstrengung wert zu sein. Vielmehr fühlt er sich zu den Faulenzern und Sitzenbleibern hingezogen, die durch familiäres Vermögen weich gepolstert ihre Jugend verschwenden. Hermann Katz fängt an, Gedichte zu schreiben, und beginnt mit einer attraktiven Fabrikantengattin, der Mutter eines Schulfreundes, ein Verhältnis. Doch die Verse spiegeln nur sein erotisch aufgewühltes Gefühlsleben wider, außerdem muss Katz bald feststellen, dass die Rolle des jugendlichen Liebhabers auf Dauer höchst unbefriedigend und schmarotzerhaft ist. So bemerkt er gegenüber seiner Geliebten:
Ich kann ja nur hier bei dir liegen, weil ich mich als Drohne auf die Biederkeit dieser unwissenden Narren stütze. Der Mann, der mich gezeugt hat, bezahlt mein Schulgeld, meine Kleidung, mein Essen, dabei hat ihm meine Herstellung nicht mal Vergnügen bereitet, davon bin ich überzeugt. Gegen die Bedürfnislosigkeit ihres Schlafzimmers machst du jeden Raum zur erotischen Kirche. Dein Mann und du, dein Sohn, mein Freund, wir leben doch alle nur davon, dass diese Leute in ihrem frommen Wahn Frondienste leisten. Wir sind nicht, wie Schiller sagt, Verbrecher aus verlorener Ehre, sondern Räuber aufgrund der Ehrbarkeit anderer.
Die Suche nach einem geeigneten Lebenszusammenhang führt Hermann Katz nach Rostock, wo er einen Pfarrer düpiert, seine gerade erst erwachte Sexualität einsetzt, um Macht auf Freuen auszuüben, und schließlich zum Zuhälter wird. Als eine der Prostituierten, die für ihn arbeiten, Selbstmord begeht, beendet er seine unwürdige Lebensform und fährt zurück in seine alte Heimat. Die Erfahrung eines gelebten Lebens hat seine Gedichte besser werden lassen. Doch die Erziehung der Gefühle ist noch lange nicht abgeschlossen. "Wohin?" ist das letzte Kapitel des Romanfragments überschrieben, in dem Hermann Katz eine Prostituierte beschützen will. Die fügsame Unfreiheit, in der sie lebt, erregt sein Mitleid und Verantwortungsgefühl.
" Der Autor Schnell lehnt jede Moral ab, lehnt jede Pädagogik ab und damit auch jede Psychologie. Das ist ein absolut unpsychologischer Roman, also Bewusstseinsvorgänge seines Protagonisten interessieren ihn nicht, sondern die Frage, halte ich mich offen für die Geschehnisse dieser Welt, lasse ich mich drauf ein, verarbeite ich sie, oder ziehe ich eine Grenze. Und natürlich gibt es diese Szenen, wo dann Hermann Katz auch ein ganz klares Nein formulieren kann. Und das wäre die Entwicklungsgeschichte des jungen Mannes, des Pubertierenden, der rausfinden muss, wo stehe ich. Und die Position, die er einnimmt, ist ja dann die des Autors - eine klassenkämpferische. "
Ob man - wie der Herausgeber Michael Fisch - eine Figur wie Hermann Katz als Klassenkämpfer interpretieren muss, ist vielleicht etwas fraglich. Robert Wolfgang Schnell war zwar bis zum Verbot der Partei Mitglied der KPD und Zeit seines Lebens politisch engagiert. Doch seine Bücher sind deshalb keineswegs tendenziös. Schnell war Realist und hat nach eigener Aussage immer aus dem "Motiv des eigenen Daseins heraus" gearbeitet. Sein Verdienst ist das teilnahmsvolle Betrachten und Erzählen, das Schildern von Milieus und Charakteren vor einem sehr genau gezeichneten sozialen und historischen Hintergrund. Die Schauplätze, die er beschreibt, sind Stationen seiner Biografie, die Sprache wirkt unverstellt und authentisch. Dieser wahrhaftige Blick auf Randexistenzen in der Weimarer Republik, die sich abseits von den Metropolen durchs Leben schlagen, macht "Das Leben des Heiligen Hermann Katz" von Robert Wolfgang Schnell zu einer wunderbaren Entdeckung.
Robert Wolfgang Schnell: Das Leben des Heiligen Hermann Katz
(Parthas Verlag)
3. Band der Werkausgabe
282 Seiten, 24,- Euro