"Eine Revolution der Oper", titelte der "New York Herald" im August 1876. Ein weiterer Artikel unter der Überschrift "Abschluss einer Serie von Triumphen" endete ein paar Tage später mit den Worten: "Das ganze Publikum erhob sich, und das Haus erzitterte unter dem ohrenbetäubenden Applaus". Die Rede war von der Uraufführung von Richard Wagners "Ring des Nibelungen" in Bayreuth. Zu lesen sind diese fetten Schlagzeilen auf vergilbtem Zeitungspapier zurzeit unter Glas in der New Yorker Ausstellung über den vierteiligen Opernzyklus. Es war das musikalische Ereignis des Sommers 1876. Und dank der Wunder der Technik erfuhren die Leser in Übersee mit nur wenigen Stunden Verzögerung davon. Die Besprechungen in den New Yorker Zeitungen enthielten sogar ausführliche Auszüge aus Wagners Partitur, von einer Arie Woglindes bis zu Brünnhildes Adieu.
Im Frühling 1889 wurde der "Ring" zum ersten Mal in seiner Gesamtheit an der Metropolitan Opera in New York gegeben:
"They were really ready for it."
Das New Yorker Publikum sei bereit dafür gewesen, sagt die Kuratorin Fran Barulich.
Hier war man mit der Musik und den Visionen des teutonischen Titanen bereits durch Opern wie "Die Meistersinger von Nürnberg" und "Tannhäuser" vertraut.
Viele Exponate zum ersten Mal zu sehen
Die Ausstellung in der Morgan Library konzentriert sich auf die Entstehung des "Rings". Es sind die drei Jahrzehnte, die Wagner brauchte, um sein Monumentalwerk für das deutsche Musiktheater vorzubereiten, und umgekehrt, um die Deutschen und das Theater auf sein Monumentalwerk vorzubereiten.
Viele der Exponate sind zum ersten Mal überhaupt öffentlich zu sehen. Darunter eine Buchausgabe des Librettos, die Wagner auf eigene Kosten in einer Auflage von fünfzig Exemplaren hatte drucken lassen und später handschriftlich revidierte. Der kommerziellen Edition des Librettos fügte Wagner ein Vorwort hinzu, in dem er Vorschläge für die Realisierung seines Projekts machte und dann fragte: "Wird dieser Fürst sich finden?". Mit "dieser Fürst" war der Gönner gemeint, der das ganze Unterfangen finanzieren würde. Der Fürst erwies sich als König, und zwar als Ludwig II von Bayern. Ein mit Gold, Perlen und Diamanten verzierter Dirigierstab aus Elfenbein, dürfte das kleinste der Geschenke gewesen sein, mit denen seine Majestät den Maestro im Lauf der Zeit bedachte. Und dies ist nur eine der vielen Kostbarkeiten in dieser Schau.
Inszenierung von Lepage trieb die Met beinahe in den Ruin
Für den Erfolg des "Rings" an der Metropolitan Opera war der ungarische Regisseur Anton Seidl verantwortlich. Seidl hatte an der Bayreuther Uraufführung mitgewirkt. Er gehörte zu den ersten Kopisten des Werkes und zu den Vertrauten Wagners. Mit Bleistift hatte er dessen Regieanweisungen in einem Büchlein notiert. Daran hielt er sich, als er 1885 als Chefdirigent an das Opernhaus in New York berufen wurde. Die Kulisse und die Kostüme basierten auf den Bayreuther Originalen. So auch das wallende weiße Gewand der Brünnhilde, mit bronzenem Brustschutz und geflügeltem Helm, das dramatisch beleuchtet eine Ecke der Ausstellung beherrscht.
Die letzte Inszenierung des "Rings" unter der Regie von Robert Lepage trieb die Metropolitan Opera 2012 beinahe in den Ruin. Mit seiner ersten Produktion von 1889 hatte das Haus hingegen sogar Geld gespart. Verglichen mit den berühmten italienischen Sängern waren deutsche nämlich geradezu billig zu haben. Die Zeiten ändern sich. Richard Wagners "Ring" bleibt.