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Ausstellung "Victory is Peace"
Der Humor beginnt mit dem Drama

Die Kritik an den herrschenden Verhältnissen, die Lust an der Provokation und den schwarzen Humor haben der britische Politaktivist und Fotokünstler Peter Kennard, der spanische Bildhauer Eugenio Merino und der kanadische Fotograf Jonathan Hobin gemeinsam. Ihre Werke sind nun in der Ausstellung "Victor is Peace" in München ausgestellt.

Von Andi Hörmann |
    "Die künstlerische Freiheit ist nicht dazu da, um Blumen zu malen, sondern tatsächlich auch, um soziale Missstände zu dokumentieren, darauf aufmerksam zu machen. Und den Leuten zu sagen: Stopp!"
    Kunst als Ausrufezeichen! Fragen stecken in den Antworten, Bilder entstehen durch die Worte - und umgekehrt.
    9/11 und dann die Folgen dessen: Sicherheit, Angst und dann: Terror, Terror, Terror.
    Ein kleines Hinterhof-Atelier in München. 38 Quadratmeter. Die Wände in mattem Schwarz. Zwei Dutzend Werke von drei internationalen Künstlern: Sebastian Pohl vom Verein Positive Propaganda kuratiert die Ausstellung "Victory Is Peace", er kniet sich über eine Holzkiste:
    "Da ist eine Skulptur drin mit dem Titel Celebrating Destruction. Die wurde vergangene Woche noch lackiert, in einer Werkstatt in Madrid, die auch für andere große Künstler wie zum Beispiel Jeff Koons & Co. Originalarbeiten fertigt. Das ist eine Champagner Flasche und anstelle von Champagner spritzt oben eine Nuklearexplosion raus. Sieht aus wie aus Porzellan. Wow, krass. Ist die schön!"
    "Hüfthoch, ein Meter und zwanzig dürfte die sein. Genau. Wir wollen die hier links ins Eck stellen, auf einen Perserteppich. Was ja eigentlich ganz gut dazu passt - ´Celebrating Destruction'."
    Der Humor beginnt mit dem Drama
    Die Zerstörung feiern - perlender Champagner wird zum Atompilz. Eine Bildsprache, die jeder versteht, die jeden erreicht. Politik von oben, Kritik von unten. Die Skulptur stammt vom spanischen Künstler Eugenio Merino - seine Arbeiten haben etwas von dreidimensionalen Satire-Illustrationen.
    "Jeder, der meine Skulpturen sieht, kann verstehen, was da passiert: Weil es da um etwas geht, das zur einen Hälfte Humor ist, und zur anderen Hälfte Realität. Der Humor beginnt mit dem Drama - ohne Drama auch kein Humor. Es ist also kein Humor, bei dem der Betrachter lacht, sondern ein Humor, bei dem er zum Nachdenken anfängt."
    Schwarzer Humor in knalligen Farbfotografien
    Wie Postkartenmotive aus einer unwirklichen Realität nehmen sie den Betrachter gefangen, die Arbeiten der Ausstellung "Victory Is Peace" - dokumentarisch und surreal zugleich. Sie zeigen das gesellschaftliche Drama über eine kindliche Naivität. Zum Lachen, zum Weinen - ein Bedauern der herrschenden Verhältnisse. Die Fotomontage des britischen Polit-Aktivisten Kennard Phillipps etwa: der grinsende Tony Blair beim Knipsen eines Selfies vor dem Hintergrund einer gewaltigen Explosion im Irak. Oder die Fotos des Kanadiers Jonathan Hobin:
    "Das sind drei Fotografien aus der Serie "In The Playroom", wo es darum geht, dass Kinder Tragödien der Gegenwart nachspielen. Das eine ist 9/11, das andere ist Abu Ghraib und das Dritte ist Obama, der quasi Monopoly spielt."
    Verspielt, zum Schmunzeln komisch - und doch bleibt dem Betrachter das Lachen im Halse stecken. Schwarzer Humor in knalligen Farbfotografien.
    "Ich denke, das ist auch das Anliegen von Jonathan. Zu sagen: Wir sind ganz sensibel, wenn es um Kinder geht oder kleine Tiere, da werden wir immer sehr emotional. Und auf der anderen Seite ist auch die Frage: Was unsere Kinder, was die Jugend wahrnimmt, wenn sie in den Medien ständig solche Szenen sieht. Jetzt gerade mit der IS-Miliz, wo Leute geköpft werden. Und auf der anderen Seite Hollywood-Filme wie zum Beispiel SAW, wo Menschen auf brutalste Weise verstümmelt werden. Wie kann man da differenzieren? Weil wir auf einmal so eine mediale Intensität haben, von so vielen Eindrücken."
    Und auch die Eindrücke von den Arbeiten dieser drei internationalen Künstler sind so intensiv wie subversiv: sie stellen Fragen mit Ausrufezeichen, geben Antworten mit Fragezeichen. Klingt kompliziert, ist es aber nicht! Denn die Ausstellung "Victory Is Peace" gewinnt ganz ohne Grabenkämpfe im elitären Kunst-Zirkus - sie erreicht mit ihrer einfachen Bildsprache auch das Fußvolk.
    Sebastian Pohl:
    "Keiner dieser Künstler gehört zu dieser Elite, die ausgrenzt. Ganz im Gegenteil: Wir laden dazu ein. Kommt hier vorbei, schaut euch das an, lasst euch inspiriere! Und das bei freiem Eintritt. Wow."