Amira El Ahl hat die Welt gesehen. Studierte in Kairo, Alexandria und London, war als Auslandskorrespondentin für den "Spiegel" in Ägypten. Doch seit gut einem Jahr ist sie zurück in ihrer Heimat: in Kassel. Dort wurde sie geboren und volontierte nach ihrem Studium bei der Hessisch Niedersächsischen Allgemeinen, kurz HNA. Als Redakteurin im Lokalteil schreibt sie dort über zu buckelige Straßen, den Beginn der Freibadsaison oder Stadtpolitik.
Diese Woche ist in Richtung Osten aufgebrochen. Für insgesamt eine Woche nimmt El Ahl an der Aktion "#ReporterTausch2018" teil und wird in dieser Zeit für die Märkische Oderzeitung schreiben. Gereizt habe sie an der Idee, eine neue Perspektive für die eigene Arbeit zu finden, sagte die Journalistin im Gespräch mit @mediasres.
Sie sei ohne Vorwissen nach Eberswalde gekommen, hoffe aber, Geschichten aus einem anderen Blickwinkel erzählen zu können. "Geschichten, die ich hier sehe, aber auch zuhause umsetzen kann." Die Aktion sei "ein bisschen wie ein Abenteuer", sagt El Ahl.
"Schönes Signal für diese Branche"
Der Reportertausch wird in diesem Jahr erstmalig vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) ausgerichtet. Die Idee ist schon ein wenig älter: Sechs Chefredakteure entwickelten sie vor zwei Jahren - nachdem sie sie selbst bereits erprobt hatten. Im Sommer 2016 habe er gemeinsam mit fünf Kollegen eine Woche lang Zeitung auf Föhr gemacht, erinnert sich Wolfram Kiwit, Chefredakteur der Zeitungen des Medienhauses Lensing. Man habe den auf der nordfriesischen Insel ansässigen Insel-Boten "gekapert" und "mit fremden Augen auf eine sehr lokale Einheit" geschaut.
Aus dieser Erfahrung heraus entstand noch im selben Jahr der erste Reportertausch: Journalistinnen und Journalisten aus den Redaktionen der sechs Chefredakteure, die sich wechselseitig besuchten, um zu arbeiten. "Es tut uns gut, in anderen Häusern zu arbeiten und dort Erfahrungen zu sammeln", hat Wolfgang Kiwit beobachtet. So könne man beispielsweise lernen, dass alle Häuser mit den gleichen Herausforderungen, "was Transformation und Struktur angeht", umgehen müssen. Und: Die Journalisten kämen in der fremden Umgebung wieder in "Ruhe zum Schreiben", fügt der Chefredakteur der Ruhr Nachrichten und drei weiterer Zeitungen hinzu; sie haben eine Woche Zeit für ein Thema.
Dass der BDZV die Idee übernommen habe, freue ihn, sagt Kiwit. Sich quer durch die Republik auszutauschen, sei "journalistisch hoch spannend" und ein "schönes Signal für diese Branche".