Inmitten der Hitzewelle kommt das Land Berlin bei der Erstversorgung von neu angekommenen Flüchtlingen nicht mehr hinterher. Vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), der Erstanlaufstelle für Kriegsflüchtlinge und Asylsuchende, waren den zweiten Tag in Folge Freiwillige im Einsatz, um bei fast 40 Grad Hunderte wartende Menschen mit Wasser und Nahrungsmitteln zu versorgen. Die Berliner Wasserbetriebe liefern seit Donnerstag täglich 2.000 Liter Wasser in sogenannten Notwasserbeuteln an.
Opposition macht Druck auf Müller
Damit verschärft sich weiter die Kritik an der Lageso und dem verantwortlichen Sozialsenator Mario Czaja (CDU). Die Linken forderten Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) auf, umgehend Maßnahmen zur humanitären Soforthilfe einzuleiten. Auch die Grünen verlangten von Müller, die Flüchtlingspolitik zur "Chefsache" zu machen.
Die Sozialverwaltung von Senator Czaja wies die Vorwürfe zurück. "Die Wasserversorgung klappt gut", sagte Sprecherin Regina Kneiding. Die Berliner Wasserbetriebe hätten zusätzlich 4.000 Liter Wasser angeliefert, die von Behördenmitarbeitern, dem Malteser Hilfsdienst und Ehrenamtlichen verteilt würden. Es sei zudem eine zusätzliche Gruppen-Zapfstelle eingerichtet worden. Zahlreiche Bäume auf dem Gelände sowie zwei Zelte für die Wartenden spendeten Schatten.
Der Verein Asyl in der Kirche Berlin erklärte, die Versorgung der Flüchtlinge sei unhaltbar und für eine Stadt wie Berlin unerträglich. "In unsere Beratungsstelle kommen täglich verzweifelte Menschen, deren grundlegende Versorgung in Berlin nicht gewährleistet ist", erklärte der Verein. Neu ankommende Asylsuchende müssten tagelang vor der Zentralen Asylaufnahmestelle in der Turmstraße verharren, um überhaupt vorsprechen zu können. "Besonders Familien mit Kindern leiden sehr unter dieser Situation."
Schlafplatz auf der Straße
Die Hauptstadt hat wie einige andere deutsche Metropolen mit besonders großen Zahlen neu ankommender Flüchtlinge zu tun, zuletzt waren es nach Auskunft der Senatsverwaltung rund 400 am Tag. Hinzu kommt, dass dem Lageso im Juli von Wirtschaftsprüfern schwere Mängel bei der Mittelvergabe nachgewiesen worden waren. Außerdem haben Flüchtlinge wiederholt auf der Straße schlafen müssen, weil sie mit Hostel-Gutscheinen der Lageso keine Unterkunft gefunden hatten. Die Freiwilligen koordinieren ihre Hilfe über soziale Netzwerke.
Auch in anderen Flüchtlingslagern ist die Situation gravierend. Mediziner und andere Helfer befürchten, dass sich im Dresdner Flüchtlings-Zeltlager Krankheiten schneller ausbreiten könnten. "Die hygienischen Bedingungen sind unzureichend, es besteht die Gefahr von gefährlichen Durchfallerkrankungen", sagte Gerhard Ehninger vom Dresdner Universitätsklinikum, der sich als ehrenamtlicher Helfer engagiert. Zudem drohe die Gefahr von Hitzschlägen, weil es in der Zeltstadt kaum Schatten gebe. Auch der sächsische Flüchtlingsrat, der Ausländerrat Dresden sowie die Ausländerbeauftragte der Stadt Dresden hatten die Zustände in dem Lager kritisiert, in dem rund 1.000 Flüchtlinge untergebracht sind.
(fwa/ach)