"Der BGH hat die Presserechte höher gewertet als die Rechte der Unternehmen", so das Fazit des Medienrechtlers Thomas Hoeren von der Uni Münster zum heutigen Urteil des BGH.
Das Gericht hatte sich mit zwei Fernseh-Beiträgen des MDR aus dem Jahr 2012 beschäftigt. Unter dem Titel "Wie billig kann Bio sein?" beleuchteten die Beiträge Missstände in Bio-Hühnerställen.
Bilder von toten Tieren
Dafür wurde Filmmaterial benutzt, das ein Tierschützer heimlich in den Hühnerställen eines Erzeugerzusammenschlusses aufgenommen hatte. Zu sehen waren unter anderem tote Tiere und Hühner mit unvollständigem Federkleid.
Der Erzeugerzusammenschluss wehrte sich gegen die Ausstrahlungen der Fernseh-Beiträge und klagte auf Unterlassung. Vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht Hamburg hatte der Zusammenschluss damit noch Erfolg. Der BGH hob diese Urteile nun jedoch auf und wies die Klage der Bio-Landwirte ab.
Betonung der Funktion der Presse als "Wachhund der Öffentlichkeit"
"Wenn eine widerrechtliche Aufnahme vorliegt, legitimiert das trotzdem die Sendeanstalt, diese auszustrahlen", bewertete der Medienrechtler Thomas Hoeren das Urteil im Gespräch mit @mediasres. "Was der BGH jetzt sehr stark betont, ist die starke Funktion der Presse als Wachhund der Öffentlichkeit", so Hoeren.
Im Urteil der Karlsruher Richter heißt es, das vom MDR "verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und sein Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit überwiegen das Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs und ihre unternehmensbezogenen Interessen".
Mit der Ausstrahlung habe der MDR "einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage geleistet", so die Richter.
"Es gibt keine ganz klare, allgemeine Linie"
Das Gericht folgte damit auch der Argumentation von Georg Restle. Der Chef des Investigativmagazins "Monitor" sagte im März im Gespräch mit @mediasres, "dass das Informationsinteresse in Fällen wie in dem vorliegenden, da ging es ja um Tierquälerei, dass dieses Interesse hoch gewichtet werden muss".
Medienrechtler Thomas Hoeren gab allerdings zu Bedenken, dass dieses Urteil kein Freifahrtschein für Journalisten sei. "Letzlich kann man sowas nur im Einzelfall entscheiden. Das Furchtbare für Journalisten: Es gibt keine ganz klare, allgemeine Linie."
Dennoch sei das Tor sehr weit aufgestoßen für ähnliche Filme. Die Sendeanstalten dürften laut Hoeren in so einem Fall ausstrahlen - auch Material, wegen dem zum Beispiel Hausfriedensbruch begangen und damit gegen deutsches Recht verstoßen worden sei.