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Bierkranz für den Stadtmülleimer

Es ist für sie entwürdigend: Menschen wühlen in Mülleimern und suchen nach Pfandflaschen, für acht Cent pro Stück als kleinen Verdienst. Schluss damit, dachte sich ein Produktdesigner und ersann eine verblüffend einfache und würdige Variante des Flaschensammelns.

Von Tina Kießling |
    Paul Ketz stand mit ein paar Kumpels an einem Freitagabend auf der Straße und beobachtete wieder mal einen Pfandsammler, wie er tief in den Eimer griff, um verborgene Flaschen zu suchen. Eine Szene, die ihm nicht wieder aus dem Kopf ging.

    "Im Endeffekt ist mir einfach nur aufgefallen, dass es da an der Stelle hakt, dass es da nicht rund läuft, was dieses Pfandsystem betrifft."

    Auf der einen Seite, die Käufer der Flaschen, die Pfandflasche Pfandflasche sein lassen und sie wegwerfen. Auf der anderen Seite die Menschen, die diese Flaschen wieder einsammeln. Zwischen ihnen: der Mülleimer als Umschlagplatz.

    "Da sind neben Verpackungen und Essensresten auch Scherben, Spritzen oder Hundekottüten drin. Also das ist alles andere als schön, das ist auch gesundheitsgefährdend."

    Die Flaschen einfach nur auf den Abfalleimer zu stellen, ist dabei keine gute Lösung, wie Winfried Berf von den Kölner Abfallwirtschaftsbetrieben erklärt.

    "Es passiert dann ja leider immer wieder, dass die Flaschen da runterfallen, zerbrechen. Dann hat man gefährliche Glasscherben, zum einen Unfallgefahr für die Passanten, gerade auch für Kinder oder für Hunde. Und zum anderen müssen wir dann sehr aufwendig diese Scherben zusammenkehren. Das ist sicherlich nicht der richtige Weg."

    Der 23-jährige Ketz machte sich an die Arbeit und entwickelte einen Pfandring. Der wird, wie eine Manschette, über die öffentlichen Abfalleimer gestülpt.

    Dafür öffnet Paul Ketz die oberen Klappen mit einem Spezialschlüssel. Schließlich hebt er den orangen Stahlring nach oben und lässt ihn langsam über den Eimer nach unten gleiten, bis die angebrachten Haken am Eimerrand einrasten.

    "Das ist praktisch so ein Bierkranz, was man aus einem Bierzelt möglicherweise kennt. Das heißt, es ist eigentlich um den Mülleimer auf bequemer Betriebshöhe, man muss sich also nicht bücken, ist ein Extra-Ring, wo man Flaschen und Dosen abstellen kann."


    (Quelle: YouTube-Video hochgeladen von Paul Ketz)

    Bis der Pfandring so aussah, wie er ihn heute präsentiert, verlor der Designstudent so einige Nerven.

    "Ich musste eine Form finden, die impliziert: Okay, da werden Flaschen reingestellt. Und es darf nicht aussehen wie ein Fremdkörper. Also Mülleimer und Pfandring sind eine Familie, jetzt mal bildlich gesprochen. Die Lösung ist jetzt so naheliegend. Meine Lösung basiert einfach auf ... das erste Spiel, was Kinder so lernen, Formen Öffnungen zuführen, das kennt man ja, das Spiel mit den Klötzchen und im Prinzip ist das das Gleiche."

    In einem Praxistest an einer belebten Kölner Kreuzung musste sich der Pfandring nun beweisen. Hier sollte sich herausstellen, ob die Passanten ohne große Erklärung verstehen würden, welchen Zweck der orange Ring um den Abfalleimer erfüllt. Paul Ketz filmte die Szene mit versteckter Kamera.

    "Man sieht Leute, die Bier trinken, die stehen da, stellen ihre Flaschen ab, Leute im Vorbeigehen, als hätten sie es immer schon so gemacht, als wär es das Klarste auf der Welt. Pfandflaschensammler, die meisten haben nicht mal mehr in die Tonnen reingeschaut."

    Dabei wird nicht nur den Pfandsammlern die Arbeit erleichtert, auch die Stadtbewohner und die Umwelt profitieren.

    "Das ist praktisch eine Win-win-win-Situation: tendenziell weniger Gebühren durch weniger Glasbruch, weniger Reinigungskosten. Es werden weniger Rohstoffe verbrannt, also die Glasflaschen, die im Mülleimer drin landen. Und der soziale Aspekt, das ist ja der offensichtlichste, der auf der Hand liegt."

    Nun gilt es für den Designstudenten, erst einmal abzuwarten. Doch auch so hat ihm seine Erfindung schon Erfolg gebracht: Die Design-Akademie, an der Paul Ketz studiert, verlieh ihm den Innovationspreis und sein Pfandring ist in aller Munde. Das Video, das er von seinem Testabend online stellte, hatte binnen kurzer Zeit über 15.000 Klicks.