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Bilanz von Eurowings
Die Luftnummer

Die neue Eurowings soll für den unter Druck geratenen Lufthansa-Konzern zum Befreiungsschlag werden. Seit November bietet die Airline auch Langstreckenflüge an. Deren Bilanz fällt aber ernüchternd aus, wie aus Daten hervorgeht, die dem Deutschlandfunk vorliegen. Jeder vierte Flug ist enorm verspätet - im Schnitt über fünf Stunden.

Von Benjamin Hammer |
    Ein Airbus A330 der Lufthansa-Tochter Eurowings steht auf dem Flughafen Köln/Bonn.
    Ein Airbus A330 der Lufthansa-Tochter Eurowings steht auf dem Flughafen Köln/Bonn. (picture-alliance / dpa / Oliver Berg)
    Zwei Wochen Kuba, zwei Wochen Urlaub. "Meine Vorfreude war riesengroß", sagt die Münchner Studentin Petra W. Gemeinsam mit ihrer Freundin hatte sie einen Flug mit der Eurowings gebucht. Die Tochtergesellschaft der Lufthansa fliegt seit Anfang November auch Langstreckenziele an. Doch die Vorfreude ist großer Ernüchterung gewichen. "Wir sind einfach nur müde", sagt Petra am Dienstagmittag am Flughafen Köln/Bonn. Zu diesem Zeitpunkt sollte sie längst am Strand liegen. Kuba wird sie mit einer Verspätung von über 50 Stunden erreichen.
    "Fehlstart voller Pannen"
    Anfang November knallten am Flughafen Köln/Bonn die Sektkorken. Lufthansa-Vorstand Karl Ulrich Garnadt weihte feierlich den ersten Flug nach Varadero auf Kuba ein. Das Interesse der Kunden übertreffe die Erwartungen deutlich, sagte Garnadt, in seinem Konzern zuständig für die Eurowings. Acht Wochen später gibt es viele Kunden, die wie Petra W. maßlos enttäuscht sind.
    Der Vorstandsvorsitzende von "Lufthansa Passage", Karl Ulrich Garnadt, spricht in Köln/Bonn auf dem Flughafen bei einer Pressekonferenz.
    Zuständig für Eurowings: Lufthansa-Vorstand Karl Ulrich Garnadt. (picture-alliance / dpa / Oliver Berg)
    Die Eurowings, das zeigen Daten, die dem Deutschlandfunk vorliegen, hat auf der Langstrecke ein gravierendes Problem mit Verspätungen. Nach Daten des Internetdienstleisters Fairplane gab es im November und Dezember insgesamt 126 Langstreckenflüge der Eurowings. 31 Flüge davon waren verspätet, im Schnitt um 5,8 Stunden. Der Flug "EW171" von Cancun kam Anfang Dezember sogar mit einer Verspätung von 22 Stunden in Köln an.
    "Billig geht eben doch nicht so einfach"
    Ein erfahrener Lufthansa-Pilot spricht von einem "Fehlstart voller Pannen". Viele Kollegen bei der Lufthansa fühlten sich in ihren Vorahnungen bestätigt. "Billig geht eben doch nicht so einfach". Die Genugtuung der Lufthansa-Belegschaft kommt nicht von ungefähr. Mit der Eurowings will der Konzern die Personalkosten drücken. Sie sollen für die Piloten und die Flugbegleiter vierzig Prozent niedriger sein als bei der Lufthansa.
    Für die Piloten der Lufthansa ist die Einführung der Eurowings-Langstrecke, mitten in den langwierigen Tarifverhandlungen, eine Provokation. Aus Sicht des Konzerns führt an diesem Schritt jedoch kein Weg vorbei. Denn viele Strecken der Muttergesellschaft sind nicht profitabel. Im Cockpit der Eurowings-Langstreckenflieger sitzen keine Lufthansa-Piloten. Sie stammen von SunExpress, einem gemeinsamen Unternehmen von Lufthansa und Turkish Airlines.
    Titan Airways statt Eurowings
    Die Probleme der Eurowings-Langstrecke sind hausgemacht. Die Flotte ist zu klein, wenn man überhaupt von einer Flotte sprechen kann. Die Fluggesellschaft begann ihren Betrieb mit nur einem Flugzeug – bei sieben Strecken. Erst im Dezember kam ein zweiter Flieger hinzu. Fällt ein Flugzeug aus - und das passierte der neuen Airline gleich mehrfach - dann wird es hektisch am Flughafen Köln/Bonn.
    So sollte Petra W. mit einem Airbus A330 der Eurowings nach Varadero fliegen. Ein Crewmitglied wurde krank, kurzfristig gab es keinen Ersatz. Erst 22 Stunden später hob eine Maschine ab. Die stammte jedoch von Titan Airways, einer Fluggesellschaft die darauf spezialisiert ist, Airlines bei Engpässen auszuhelfen. Bis ein solcher Flieger organisiert ist, vergehen jedoch Stunden. Als Petra W. für diesen verspäteten Flug einchecken wollte, glaubte sie "an einen schlechten Witz". Es gebe für sie keinen Platz mehr an Bord. Der Grund: Das Ersatzflugzeug hat weniger Plätze als der Eurowings-Flieger.
    Ein A 330 der Eurowings steht in Köln/Bonn auf dem Flughafen.
    Ein A 330 der Eurowings steht in Köln/Bonn auf dem Flughafen. (picture-alliance / dpa / Oliver Berg)
    Eurowings drohen Kosten in Millionenhöhe
    Auf der Facebook-Seite der Fluggesellschaft verschaffen sich verärgerte Kunden Luft. Manche sind irritiert, dass sie einen Eurowings-Flug gebucht haben und plötzlich in ein Flugzeug von "Tuifly", "Titan Airways" oder "Hifly" steigen sollen. Andere haben Tickets für die "Premium Economy", die aber wird in den Ersatzfliegern gar nicht angeboten. Es gibt Berichte von überforderten Flugbegleitern. Und immer wieder: Beschwerden über stundenlange Verspätungen.
    Christoph Brützel ist Professor an der Internationalen Hochschule in Bad Honnef. Anzahl und Ausmaß der Verspätungen seien "außergewöhnlich", sagt Brützel. "Die Lufthansa hat die Ausgliederung des Flugbetriebes an Eurowings und die damit verbundenen Herausforderungen offenbar deutlich unterschätzt."
    Der Betriebswirt ist sich sicher: "Das kostet die Eurowings richtig viel Geld". Denn sobald ein Langstreckenflug mehr als drei Stunden verspätet ist, stehen Passagieren in den meisten Fällen 600 Euro Entschädigung zu. Bei einem ausgebuchten Flieger drohen Kosten in Höhe von 186.000 Euro. Für Eurowings bedeutet das einen Schaden in Millionenhöhe.
    "Eurowings? Erst mal nicht mehr!"
    Beim Mutterkonzern gibt man sich zerknirscht. "Am Anfang kam es leider zu vermehrten Ausfällen wegen technischer Probleme", sagt Lufthansa-Sprecher Andreas Bartels. "Wir setzen jedoch alles daran, die Flotte weiter auszubauen." Bei Lufthansa und Germanwings ist man zuversichtlich: Wenn im neuen Jahr weitere Flugzeuge zur Kernflotte stoßen, dann wird der Betrieb reibungsloser laufen.
    Es ist eher unwahrscheinlich, dass dann die Studentin Petra W. in einem der Flugzeuge sitzt. "Ich will erst mal nicht wieder mit der Eurowings auf der Langstrecke fliegen", sagt sie. Am Mittwoch soll Petra W. um 21 Uhr Ortszeit in Kuba landen, sie wurde auf einen Flug über Madrid umgebucht. Für die Reise von München bis auf die Urlaubsinsel hat sie dann drei Tage und drei Stunden gebraucht.