An dieser Stelle ist der zensierende Lektor natürlich längst ausgestiegen, hatten ihn doch schon die Gynäkologin, die als Kartenabreißerin im Kino ihren Unterhalt verdienen muß, oder der als Heizer tätige Psychiater reichlich verstört. Dabei gelingt dem Erzähler Quido - respektive dem Autor Michal Viewegh - eine durchaus unaufdringliche Darstellung dieser doch eigentlich tragischen Lebensläufe der tschechischen Intellektuellen in den 60ern. Die politischen Hintergründe werden gar nicht erwähnt. Erzählt werden nur die Auswirkungen auf die Familienverhältnisse. Quidos kindlich-naive Sicht auf die Ereignisse erfaßt die Zusammenhänge nicht recht. Statt der politischen Umwälzungen nimmt Quido in seiner infantilen, selbstbezüglichen Weltwahrnehmung vielmehr die eigene Fettleibigkeit und den alltäglichen Familienhorror in den Fokus. In einer übercodierten, mit modernen Fremdwörtern gespickten Sprache analysiert das frühreife Kind Quido mißmutig die Welt, delektiert sich an nietzscheanischem Pessimismus und beckettscher Absurdität und wirkt in seiner selbstverliebten Ernsthaftigkeit unfreiwillig komisch. Und der Leser darf mitlachen. Unbeschwert mixt und probiert Viewegh literarische Formen, wandelt den zünftigen Ehekrach in eine schnodrige Theaterszene, changiert zwischen Erzählpassagen, Erzählreflexionen und Tagebuchaufzeichnungen des Kindergartenkindes. Wie bei seinem tschechischen Schriftstellerkollegen Milan Kundera ist das Politische zwar omnipräsent und handlungsbestimmend, taucht selbst jedoch nur schimärenhaft auf. Bei dem einem ist es der Eros, der alles verdrängt, beim anderen der Humor. Der moralisch-anprangernde Gestus ist Vieweghs Sache nicht, wohl aber die komische Übertreibung, die lustvolle Selbstironie.
Blendende Jahre für Hunde
Eine schrecklich nette Familie: Der Vater zimmert sich nach einem dramatischen Karrieresturz seinen eigenen Sarg, die Mutter deklamiert dazu mit zorniger Verve Shakespeare. Die Großmutter missioniert die Familie zum Vegetariertum, nur um mit dem ersparten Geld in Urlaub fahren zu können und dann fröhlich gereimte Feriengrüße in der Manier von Schlagertexten zu schicken: "Am wunderschönen Jalta-Strand, sitzen wir im warmen Sand, wir plaudern, häkeln und baden, erfüllt von Erinnerungsschwaden." Der Bruder entdeckt sein wahres Selbst im Leben als Indianer und der Großvater, von den Zeitläuften vergrätzt, krächzt nurmehr seinen Standardspruch "Aufhängen! Das würde helfen." Angesichts dieses Kuriositätenkabinetts scheint ein dicker altkluger Junge namens Quido, der sein existentielles Leid in surrealistischen Erzählungen sublimiert vergleichsweise normal.
An dieser Stelle ist der zensierende Lektor natürlich längst ausgestiegen, hatten ihn doch schon die Gynäkologin, die als Kartenabreißerin im Kino ihren Unterhalt verdienen muß, oder der als Heizer tätige Psychiater reichlich verstört. Dabei gelingt dem Erzähler Quido - respektive dem Autor Michal Viewegh - eine durchaus unaufdringliche Darstellung dieser doch eigentlich tragischen Lebensläufe der tschechischen Intellektuellen in den 60ern. Die politischen Hintergründe werden gar nicht erwähnt. Erzählt werden nur die Auswirkungen auf die Familienverhältnisse. Quidos kindlich-naive Sicht auf die Ereignisse erfaßt die Zusammenhänge nicht recht. Statt der politischen Umwälzungen nimmt Quido in seiner infantilen, selbstbezüglichen Weltwahrnehmung vielmehr die eigene Fettleibigkeit und den alltäglichen Familienhorror in den Fokus. In einer übercodierten, mit modernen Fremdwörtern gespickten Sprache analysiert das frühreife Kind Quido mißmutig die Welt, delektiert sich an nietzscheanischem Pessimismus und beckettscher Absurdität und wirkt in seiner selbstverliebten Ernsthaftigkeit unfreiwillig komisch. Und der Leser darf mitlachen. Unbeschwert mixt und probiert Viewegh literarische Formen, wandelt den zünftigen Ehekrach in eine schnodrige Theaterszene, changiert zwischen Erzählpassagen, Erzählreflexionen und Tagebuchaufzeichnungen des Kindergartenkindes. Wie bei seinem tschechischen Schriftstellerkollegen Milan Kundera ist das Politische zwar omnipräsent und handlungsbestimmend, taucht selbst jedoch nur schimärenhaft auf. Bei dem einem ist es der Eros, der alles verdrängt, beim anderen der Humor. Der moralisch-anprangernde Gestus ist Vieweghs Sache nicht, wohl aber die komische Übertreibung, die lustvolle Selbstironie.