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Bots auf Verkaufstour
Facebooks Messenger soll zur Marketingplattform mutieren

Die IT-Branche ist im Chatbot-Fieber. Microsoft-Chef Satya Nadella erklärte jüngst bei der hauseigenen Entwicklerkonferenz Build, intelligente Bots würden schon bald die beliebten Smartphone-Apps ersetzen. Diese Woche nun hat Facebook seine Entwicklerkonferenz "F8" in San Francisco abgehalten. Auch da waren die Bots ein ganz wichtiges Thema.

Von Achim Killer |
    Facebook-Vizepräsident David Marcus auf der Bühne der "F8"-Messe.
    Facebook-Vizepräsident David Marcus auf der Bühne der "F8"-Messe (Facebook)
    "Der Messenger stand im Mittelpunkt der Messe "F8", einer der beiden Instant-Messaging-Dienste von Facebook. 900 Millionen Nutzer hat er weltweit, eine für Internethändler hoch interessante Zielgruppe. Konzernchef Mark Zuckerberg möchte denn auch daraus eine Handelsplattform machen, auf der Unternehmen Waren und Dienstleistungen anbieten und Smartphone-Nutzer kaufen und bezahlen.
    "Man sollte Nachrichten an ein Geschäft genauso senden können, wie einem Freund. Man sollte eine schnelle Antwort bekommen. Man sollte das nebenbei erledigen können und dazu keine neue App installieren müssen. Deshalb starten wir heute die Messengerplattform. Damit Sie für den Messenger eigene Bots bauen können. Es handelt sich dabei um eine Plattform mit künstlicher Intelligenz, sodass Sie natürlichsprachige Dienstleistungen entwickeln können, um direkt mit Menschen zu kommunizieren.
    Facebook bietet als Vorlage seine persönliche Assistenz-Software "M" an
    Also man ruft nicht mehr bei einem Händler an und bestellt, surft nicht mehr dessen Website an und klickt sich durchs Angebot. Man installiert nicht mehr dessen App, sondern sendet ihm mit dem Facebook Messenger eine Nachricht. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entwender der Händler schickt einen Teil seines Produktkatalogs als Antwort, durch den man sich dann klickt, oder er programmiert einen Bot, der nachfragt, was genau es denn sein darf. Als Vorlage zur freien Verwendung bietet Facebook dafür seine persönliche Assistenz-Software "M" an, erläutert David Marcus, der zuständige Vice-President:
    "Das ermöglicht es Ihnen, sehr hochentwickelte Kommunikationsbots zu schreiben. Sie müssen dieses Werkzeug nicht verwenden, um einen Bot für den Messenger zu bauen. Dafür genügt dessen Standardprogrammierschnittstelle. Aber um komplexere Bots zu bauen, können Sie jetzt diese Engine benutzen. Sie füttern sie mit Beispielkonversationen. Dann kann der Bot mit jeder Variation davon selbständig umgehen. Weil er über künstliche Intelligenz verfügt und das maschinelle Lernen beherrscht, wird er mit der Zeit immer besser. Sie müssen nicht alles programmieren. Er erledigt das für Sie."
    Nur ein kleiner Teil dieser Software läuft auf Smartphones
    Von künstlicher Intelligenz beseelte Bots, das ist es, was derzeit die Branche umtreibt. Die Konzerne möchten mit Chatbots als Benutzerschnittstelle ihre jeweiligen Unternehmensstrategien umsetzen. Microsoft will damit auf dem Smartphone Fuß fassen. Bots und die dahinterstehenden KI-Services sollen Apps ersetzen. Auch Facebook will Bots statt Apps. Es ist mühsam, sich für jede Funktion und von jedem Online-Händler eine eigene schmalbrüstige App aufs Handy zu laden, argumentiert Facebook. Aber der Konzern will nicht etwa zurück zum universellen Browser, der früher quasi die App für alles war. Er möchte vielmehr Apps und Browser durch Facebook-eigene Software ersetzen – eben durch den Messenger, über den die Bots mit dem Anwender kommunizieren.
    Und noch einen Vorteil bringen Bots für die Internet-Konzerne: Nur ein kleiner Teil dieser Software läuft auf Smartphones. Der größere auf Servern im Netz. Dort werden die Nutzerdaten verarbeitet. Sie brauchen also nicht erst von den Endgeräten abgegriffen werden. Auch andere Konzerne mischen mit. IBM mit seiner KI-Software "Watson" und vor allem Google, der in diesem Bereich wohl führende Konzern. Er veranstaltet nächsten Monat seine Entwicklerkonferenz. Es steht zu erwarten, dass es dort ebenfalls um Bots mit künstlicher Intelligenz geht.