Weniger weißes Fettgewebe und dafür umso mehr braunes - das wäre wünschenswert für Menschen mit Übergewicht. Die Farbe der Zellen macht nicht nur unter dem Mikroskop einen großen Unterschied, wie Inga Asbeck erläutert, Ernährungswissenschaftlerin von der Universität Kiel:
"Braunes Fett ist ein spezielles Gewebe, was Energie verbraucht. Anders als das weiße Fett, das übliche Speicherfett, was wir am Bauch und an den Oberschenkeln haben, was eben Energie speichert. Das macht dieses braune Fett eben nicht, sondern das braune Fett verbrennt quasi die Kalorien, verbrennt die Energie, und setzt Wärme frei."
Mit den kleinen Heizkraftwerken ist der Mensch von Geburt an ausgestattet. In den ersten Lebensjahren regulieren wir damit unsere Körpertemperatur. Die braunen Zellen reagieren auf Kältereize: Frösteln wir, springen sie an und produzieren Wärme, salopp gesagt.
Braune Fettzellen gezielt aktivieren
Doch da wir ja nicht nackt durchs Leben laufen, verlieren die Kalorien-Killer nach und nach an Bedeutung, ihre Masse nimmt kontinuierlich ab. Der Mediziner Manfred Müller, Professor für Humanernährung an der Universität Kiel:
"In meinem Alter, knapp 65, werde ich nicht mehr so viel braunes Fett haben wie ich vielleicht 'mal gehabt habe in jüngeren Tagen. Ich schätze, dass es vielleicht so in der Größenordnung von 100, 150 Gramm vielleicht gewesen ist. Wenn es hoch kommt."
Wie sich die braunen Fettzellen gezielt aktivieren lassen - dazu stellten die Kieler Forscher auf dem Wissenschaftlichen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Ernährung Ergebnisse einer Studie vor.
In einer Versuchsreihe baten sie Probanden, ihre Hand für ein paar Minuten in 19 Grad kaltes Wasser zu tauchen. Mit einer speziellen Infrarot-Kamera erstellte Inga Asbeck gleichzeitig ein Thermogramm, also ein Bild, das die Wärmeproduktion sichtbar macht. Und zwar im Oberkörper. Dort sitzt das braune Fettgewebe nämlich: Rund um die Wirbelsäule im Brust- und Nackenbereich sowie oberhalb der Schlüsselbeine, so Asbeck,
"kann man eben sehr genau sehen, dass diese warmen Flächen größer werden und interessanterweise auch sofort wieder kleiner werden, sobald die Hand wieder aus diesem gar nicht so wahnsinnig kalten Wasser rauskommt."
Immer 'mal wieder der Kälte aussetzen
Wer überflüssige Pfunde loswerden möchte, sollte sich daher immer 'mal wieder der Kälte aussetzen. So dass die körpereigene Heizung in Gang kommt und zusätzlich Energie verbraucht. Die Ernährungswissenschaftlerin spricht vom thermogenen Lebensstil:
"Thermogener Lebensstil bedeutet, dass wir uns vielleicht 'mal ein bisschen rausbegeben aus der Temperatur-Komfortzone. Dass wir vielleicht 'mal Temperaturen von, sagen wir 'mal, 19 Grad im Wohnzimmer aushalten. Es muss nicht immer 22 Grad sein. Ich würde zum Beispiel empfehlen, nach der warmen Dusche noch eine kurze kalte Dusche anzustreben. Einfach 'mal Kälte spüren. Das aber regelmäßig."
Wer da jetzt schon bibbert, dem sei gesagt: Statt Gänsehaut tut's vielleicht auch der richtig gewürzte Gänsebraten:
"Zum Beispiel rote Chilis, also die Capsaicine in roten Chilis. Oder auch die Capsinoide in Paprika. Das sind zum Beispiel Stoffe, die ganz klar Zusammenhänge zeigen mit Wärmebildung und Erhöhung des Energieverbrauchs. Solche Lebensmittel können ja eingebettet sein in den sogenannten thermogenen Lebensstil. Und dann glaube ich, dass da das braune Fettgewebe schon eine kleine Rolle auch spielen kann."
Eine kleine Rolle beim Kampf gegen Übergewicht neben maßvoller Ernährung und sportlicher Betätigung. Von den braunen Fettzellen dürfe man jedenfalls nicht zu viel erwarten, sagt auch Manfred Müller:
"Mit den vermuteten Mengen kommen wir vielleicht auf einen zusätzlichen Effekt auf den Energieverbrauch in der Größenordnung von vielleicht 200 Kilokalorien pro Tag. Das wäre jetzt, gemessen am Gesamtenergieverbrauch, in der Größenordnung fünf bis zehn Prozent, also nicht so viel."
"Schicksal nicht unbedingt Pharmafirmen oder reinen Wissenschaftlern überlassen"
Gleichwohl ist die Pharmaindustrie dabei, Medikamente zu entwickeln, die das braune Fettgewebe aktivieren sollen. Nach Ansicht von Forschern der TU München könnten sie sogar stärker wirken als gedacht. Denn womöglich haben wir dreimal so viel braune Fettmasse in unserem Körper wie bisher angenommen, so die Wissenschaftler unter Berufung auf eigene Analysen. In ihrer Mitteilung fehlt allerdings der Hinweis, dass es sich selbst dann im besten Fall nur um wenige hundert Gramm Gewebe handelt.
Für Mediziner Müller ändert das nichts. Er hält weiter Hausmittel für sinnvoller, wie er sie nennt: weniger heizen, auch 'mal kalt duschen, raus an die frische Luft:
"Ich denke, dass wir unser Schicksal nun nicht unbedingt anderen, sprich Pharmafirmen oder reinen Wissenschaftlern, überlassen sollten. Also, thermogener Lebensstil bitte von Jugend an! Und möglichst versuchen, mit dem größtmöglichen braunen Fettgewebe dann auch weiter durchs Leben zu gehen!"