Archiv

Brexit-Verhandlungen
Machtprobe zwischen britischer Regierung und Parlament

Im britischen Unterhaus wird zurzeit diskutiert, ob das Parlament über die Brexit-Verhandlungen mit der EU abstimmen soll. Abgeordnete kritisieren, das Parlament werde dabei übergangen. Premierministerin Theresa May gab der Kritik mit ihrer Entscheidung ein wenig nach: Es wird eine Debatte, aber keine Abstimmung geben.

Von Friedbert Meurer |
    Das Houses of Parliament in London am Morgen nach der Wahl
    Das Houses of Parliament in London. (AFP / Leon Neal)
    Es war Montag dieser Woche. Seit Stunden schon debattierten die Abgeordneten im Unterhaus darüber, ob das Parlament über die Brexit-Verhandlungen abstimmen soll. Gegen halb sieben platzte dann dem konservativen Abgeordneten und Brexit-Befürworter Stephen Phillips der Kragen:
    "Ich habe nicht für den Ausstieg aus der EU gestimmt, damit eine Tyrannei, die sich in Form der EU-Kommission über die Befugnisse unseres Parlaments hinwegsetzt, durch eine andere ersetzt wird - in Form einer Regierung, die sich nicht darum scheren will, welche Position dieses Haus zu den Verhandlungen mit der EU einnimmt."
    Für Theresa May das Brisante: Neben der Opposition gibt es auch immer mehr Kritik aus den eigenen Reihen, zum Beispiel vom ehemaligen Generalstaatsanwalt Dominic Grieve:
    "Natürlich ist die Entscheidung des Referendums von großer politischer Bedeutung und muss vom Parlament respektiert werden. Aber das Referendum war beratender Natur und hat keine gesetzgebende Wirkung. Dass das Parlament von der Regierung umgangen wird, das halte ich absolut nicht für wünschenswert."
    Brexit-Minister David Davis wischte gestern dagegen im Unterhaus alle verfassungsrechtlichen Kritikpunkte beiseite:
    "Wir widersetzen uns jedem Versuch, das Ergebnis des Referendums ungeschehen zu machen oder den Prozess aufzuhalten oder irgendwie doch durch die Hintertür in der EU zu bleiben, weil manchen Leuten die Antwort vom 23. Juni nicht gefällt."
    Debatte im Parlament geplant
    Premierministerin Theresa May gab dann doch etwas nach. Es wird vor dem Start des Brexits eine Debatte im Parlament geben, aber keine Abstimmung. Die Kläger vor dem High Court, allesamt Privatpersonen, aber wollen ab heute in den Anhörungen mehr erreichen – eben doch ein förmliches Votum. Das würde den Brexit nicht aufhalten, aber das Parlament könnte entscheidende Bedingungen formulieren.
    Die Anhörungen vor dem Hohen Gericht werden mehrere Wochen dauern und unter anderen um das sogenannte königliche Prärogativrecht der Regierung kreisen, ein Relikt aus dem Mittelalter. Der Brexit führt damit zu einer Machtprobe zwischen britischer Regierung und Parlament.
    "Die Regierung will die Verhandlungen und einen Abschluss, ohne dass das vom Parlament gebilligt wird", konstatiert Keir Starmer von der Labour-Opposition. "So ist das Parlament nicht souverän, es wird an den Rand gedrängt."