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Brexit-Verhandlungen
Was der Brexit London kosten könnte

Großbritannien und die Europäische Union sind bei den Brexit-Verhandlungen noch nicht sehr weit gekommen. Mitten im Sommerloch gibt es nun Signale aus London, die Bewegung in die Sache bringen könnten. Es geht um die Frage, wie viele Milliarden Euro die britische Regierung für den Brexit zu zahlen bereit ist.

Von Christine Heuer |
    Großbritanniens Premierministern Theresa May bei einer Wahlkampfveranstaltung in West Yorkshire
    Ob der Brexit für Großbritanniens Premierministern Theresa May tatsächlich "the best Deal", der beste Deal war, hängt auch von der Frage ab, wie viel Großbritannien dafür zahlen muss. (AFP/ Hannah McKay)
    Ob es unmittelbar mit der Mahnung von EU-Kommissar Günter Oettinger zu tun hat, London müsse bis mindestens 2020 seine finanziellen Verpflichtungen in der Europäischen Union erfüllen, ist unklar. Klar ist aber: Es bewegt sich etwas im Brexit-Streit zwischen der EU und Großbritannien. Wenigstens bewegt sich etwas auf der britischen Seite.
    Mitten im Sommerloch werden erstmals konkrete Zahlen genannt, was London für den Brexit zu zahlen bereit sein könnte. 40 Milliarden Euro machen die Runde, 10 mehr als Theresa May angeblich zu zahlen bereit ist, aber doch viel weniger als die 60 bis 100 Milliarden, von denen Brüssel ausgeht.
    Theresa May hat zwar wissen lassen, dass sei weit mehr als sie zu geben bereit sei, und auch weit mehr als bislang besprochen wurde: Aber damit ist schon einmal geklärt, dass über die Schlussrechnung bereits verhandelt wird.
    "Das kann sich die EU in die Haare schmieren"
    Das Geschacher hat begonnen, mit einem sehr niedrigen Angebot aus London, analysieren in ersten Reaktionen Polit-Beobachter in der BBC - und machen einen Verlierer schon mal sehr klar aus.
    "Was klar ist: Wir werden bezahlen. Boris Johnsons Bemerkung, die EU könne sich das in die Haare schmieren, müssen wir also nicht mehr ernst nehmen."
    "Das kann sich die EU in die Haare schmieren, dass wir beim Austritt horrende Summen zahlen", hatte Boris Johnson im Parlament gesagt.
    Regierung ohne klare Linie?
    Der Außenminister tritt im britischen Polit-Schauspiel als einer der härtesten "Brexiteers" auf, härter noch als Theresa May, die nach der von ihr vergeigten Unterhauswahl im Juni zwischen allen Stühlen sitzt.
    Politisch geschwächt, wird sie ihren harten Brexit gegen Widerstände im eigenen Land und politischen Lager kaum durchsetzen können. Wird sie weicher, droht ihr der Dolchstoß ambitionierter Parteifreunde, die selbst in die Downing Street einziehen möchten.
    Boris Johnson gilt für dieses Szenario als williger Kandidat. Die Regierung hat keine klare Linie, deshalb verhandelt sie nicht konkret - und das schadet dem Land: Zu diesem Schluss kommt Sir Simon Fraser, bis vor zwei Jahren Chef des diplomatischen Dienstes in Großbritannien.
    "Die Verhandlungen haben gerade erst begonnen - und von unserer Seite aus nicht besonders vielversprechend. Wir haben wenig erreicht, weil die Regierung sich über den Brexit-Kurs streitet. Und so lange die sich nicht einigen, werden wir keine klare Haltung haben."
    Verhandlungen sollen konkreter werden
    Auch darauf hat die in den Schweizer Alpen urlaubende Theresa May schnell reagiert. In London ließ sie ihren Sprecher mitteilen, dass sie grundsätzlich anderer Meinung sei als Sir Simon Fraser. Die britische Regierung habe in den Verhandlungen einen konstruktiven Start hingelegt.
    Nicht nur in Brüssel, auch unter den Soft-Brexiteers denken allerdings viele, da gehe noch etwas mehr. Und tatsächlich kommt auch bald mehr: In Kürze, ist zu hören, will die Regierung konkrete Thesenpapiere zu den wichtigsten Verhandlungskapiteln veröffentlichen. Man darf gespannt sein, wie das in Brüssel und bei den zerstrittenen Torries in Großbritannien aufgenommen wird.