Unscheinbar sieht sie aus, die kleine Bäckerei von Sonja Laböck in München-Haidhausen.
"Wir sind Botschafter für gutes Brot."
Eine Glasvitrine für das Kleingebäck - links süß, rechts herzhaft. Dahinter die Regale mit dem Brotsortiment.
"Ich freue mich jeden Tag, wenn ich es riechen darf, wenn ich es in die Hand nehmen kann und es duftet schon so herrlich, dann ist es für mich immer wie Heimat."
Es klingt erst mal grob, wenn das lange Messer mit Wellenschliff in die harte Kruste fährt. Knusperkrümel auf dem Holzbrett. Das Objekt der Begierde: ein Laib Brot. Erst schneiden, dann die Sinne spitzen. Sonja Laböck ist Deutschlands erste und einzige Brotsommelière.
"Das ist jetzt unser Bauernkrustenbrot. Das ist sehr kräftig gebacken, auf Steinplatten, doppelt lange. Und wenn man reinbeißt, dann knackt es richtig."
"Der Klang der Kruste sagt mir jetzt schon mal: Das ist auf alle Fälle ein Roggenbrot, weil ein Weizenbrot hat keine so dicke Kruste. An der Kruste hört man schon, ob es richtig gut ausgebacken ist."
Musik in den Ohren eines Brotsommeliers
Der Klang der Kruste ist wie Musik in den Ohren eines Brotsommeliers. Nach dem Sound kommen die Sinne: Erst fühlen, dann riechen, und natürlich schmecken.
"Riecht die Kruste karamellig, riecht sie erdig, hat sie irgendwelche Fremdaromen, die da nicht hin sollen? Und dann nehme ich so ein kleines Stück aus der Krume raus und gebe das in den Mund, dann muss ich zwei, drei Mal kauen, dann atme ich ein, dann bekomme ich die ganzen Aromen."
"Darf ich das mal machen? Ich nehme mir mal so ein Stück. Schön weich, schmeckt nach Brot."
"Schmeckt nach sehr gutem Brot. Sie merken schon, wenn es auf der Zunge liegt: Sie haben keine Tendenz, wenn man es hinten runter schluckt. Es ist nicht bitter, es hat aber auch nicht zu viel Säure, es ist ganz harmonisch."
Mehr als ein Grundnahrungsmittel
Harmonisch im Geschmack, ausgewogen in den Zutaten - das Brot ist längst kein bloßes Grundnahrungsmittel mehr, es ist ein ganzheitliches Wellness-Produkt, Lifestyle und Lebensphilosophie, nachhaltig von der Erzeugung bis zur Verdauung. Low-Carb-Trend und Lebensmittel-Intoleranzen hin oder her. Bäckereien sind heute schließlich keine simplen Backstuben mehr - Bäckereien sind Brotmanufaktur. Die neueste Kreation von Sonja Laböck liegt schön drapiert in kleinen Päckchen im Regal neben der Brötchenvitrine - verpackt in Zellophanfolie. Dieses Brot nennt sie "Sexy Alive".
"Jetzt im Moment habe ich es in geschnittener Form da, weil es einfach praktischer ist für zu Hause. Man muss erst mal den Grundgedanken "was ist sexy?" für sich wirken lassen. Sexy ist eigentlich Sexappeal, ja? Und Sexappeal ist positive Ausstrahlung."
"Durch die Mineralstoffe und die Vitamine, die da drin sind, bekommt man schönere Haut. Und dann hat man eine positivere Ausstrahlung."
"Wenn man an dem Brot riecht: Es riecht leicht erdig, wie angekommen würde ich sagen. Es ist von der Krume her großporig durchzogen mit diesen Haferflocken, Kürbissen, Sonnenblumenkernen, Pekan- und den Walnüssen und Chia-Samen. Das sind so diese ganz kleinen Punkte, die so wie kleine Sterne im dunklen Abendhimmel."
Der Sternenhimmel in der Brotkrume - klingt nach Esoterik-Event mit Kosmetik-Krimskrams und ist doch nur Brot-Bohei. Die Brotsommelière Sonja Laböck aus München bricht eine Lanze, nein eine Kruste für die Brotkultur, für das Kunsthandwerk einer verloren gehenden Zunft in Zeiten seelenloser Backshops.
"Also ich esse dieses Sexy-Alive-Brot mit Topfen und Erdbeermarmelade. Was auch noch sehr gut passt, weil wir ja in München sind: ein Bier, ein helles Bier, frisch gezapft."