Bruno Taut, geboren 1880 in Königsberg, starb in Ankara, wo der 24. Dezember 1938 ein Tag war wie jeder andere. Dort lebte und lehrte der Emigrant, der Deutschland 1933 ohne Zögern verlassen hatte und zunächst nach Japan, dann in die Türkei gegangen war. Ein linksorientierter Architekt hatte von den Nazis nichts Gutes zu erwarten. Weit davon entfernt, in seinen Gastländern als Heilsbringer der Architektur-Moderne aufzutreten, beschäftigte er sich stattdessen sorgfältig und lernend mit deren Baukunst. In der Emigration entstand sein bleibendes Werk, die "Architekturlehre". Immer begleitete Bruno Taut das eigene Schaffen theoretisch, zeitweise hatte er dafür mehr Muße, als ihm lieb war - im Ersten Weltkrieg und danach nämlich, als es für ihn und seine Kollegen nichts zu bauen gab. Aber die große Zeit der Manifeste und Utopien hatte ja lange vor 1914 begonnen mit der Forderung nach neuen Formen für ein neues, industriegeprägtes Zeitalter. Der junge Bruno Taut hatte es glühend ausgerufen in seiner expressionistischen Zeitschrift "Frühlicht".
"Zerschmeißt die Muschelkalksteinsäulen in Dorisch, Ionisch und Korinthisch, zertrümmert die Puppenwitze! Runter mit der ‚Vornehmheit‘ der Sandsteine und Spiegelscheiben, in Scherben der Marmor- und Edelholzkram, auf den Müllhaufen mit dem Plunder!"
Aber auch damals entwarf Taut im Büro des Architekten Bruno Möhring schon ganz seriös Geschäfts- und Wohngebäude, begann in Berlin zusammen mit Heinrich Tessenow den Bau der Gartenstadt Falkenberg - wegen ihrer kräftigen Farben von den Bewohnern zärtlich "Kolonie Tuschkasten" genannt - und errichtete für die Kölner Werkbund-Ausstellung 1914 den Glaspalast, ein expressiv-farbiges Kuppelgebilde, das die auftraggebende Glasindustrie entzücken, aber auch die visionäre Dimension des von Taut hoch geschätzten Baustoffs Glas demonstrieren sollte. "Mut zur Farbe", den hatte Taut, in klarer Distanz zur wenig später ausgerufenen Bauhaus-Sachlichkeit, die sich ganz und gar auf Weiß versteifte. Natürlich, auch Taut gehörte zu den Reformern.
"Erstens: An der Spitze aller Forderungen an einen Bau steht die bestmögliche Benutzbarkeit. Zweitens: Das verwendete Material und die verwendete Konstruktion muss sich völlig der ersten These unterordnen."
"Zerschmeißt die Muschelkalksteinsäulen in Dorisch, Ionisch und Korinthisch, zertrümmert die Puppenwitze! Runter mit der ‚Vornehmheit‘ der Sandsteine und Spiegelscheiben, in Scherben der Marmor- und Edelholzkram, auf den Müllhaufen mit dem Plunder!"
Aber auch damals entwarf Taut im Büro des Architekten Bruno Möhring schon ganz seriös Geschäfts- und Wohngebäude, begann in Berlin zusammen mit Heinrich Tessenow den Bau der Gartenstadt Falkenberg - wegen ihrer kräftigen Farben von den Bewohnern zärtlich "Kolonie Tuschkasten" genannt - und errichtete für die Kölner Werkbund-Ausstellung 1914 den Glaspalast, ein expressiv-farbiges Kuppelgebilde, das die auftraggebende Glasindustrie entzücken, aber auch die visionäre Dimension des von Taut hoch geschätzten Baustoffs Glas demonstrieren sollte. "Mut zur Farbe", den hatte Taut, in klarer Distanz zur wenig später ausgerufenen Bauhaus-Sachlichkeit, die sich ganz und gar auf Weiß versteifte. Natürlich, auch Taut gehörte zu den Reformern.
"Erstens: An der Spitze aller Forderungen an einen Bau steht die bestmögliche Benutzbarkeit. Zweitens: Das verwendete Material und die verwendete Konstruktion muss sich völlig der ersten These unterordnen."
Aber wie fern Bruno Taut dem metrischen und standardisierten Bauhaus-Geist blieb, das zeigt sich in den Siedlungen des sozialen Wohnbaus, die er mit dem wirtschaftlichen Aufschwung seit 1924 in Berlin realisieren konnte, dringend benötigter Wohnraum für Tausende von Menschen: neben der Wohnstadt Carl Legien entstanden, im Auftrag der damals noch gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft GEHAG, die Hufeisensiedlung Britz und die Siedlung Onkel Toms Hütte in Berlin-Zehlendorf. An der besonders konnte sich der 1996 verstorbene Architekturhistoriker Julius Posener nicht sattsehen.
"Man staunt immer wieder über die ganz strengen Gegebenheiten, starke Fantasie und großartige künstlerische Erfüllung oder Verwirklichung dieser Siedlung, das gibt’s kein zweites Mal."
Auch unter Beachtung der "strengen Gegebenheiten" verschrieb sich Taut nicht dem asketischen Funktionalismus etwa eines Walter Gropius. Er achtete auf die Unterscheidung von oben und unten, die Reihenhäuser und Zeilen sitzen auf Sockeln, haben markante, farbig umsäumte Türen. Taut fügte der Funktionsarchitektur ein ästhetisches Moment bei, das sich seinem Gefühl erschloss, dies allerdings erst nach langem Nachdenken.
"Dann hat er die Entwürfe, die fertigen, nach Hause genommen, dann hat er gewartet, dann kam vielleicht 14 Tage später ein Abend, wo er sich aufgelegt fühlte, an diesen Entwürfen kleine Änderungen vorzunehmen. Er nannte das merkwürdigerweise 'in Proportion bringen'. Es war, ich würde sagen, 'bewohnbar machen', und zwar durch tausend kleine Unregelmäßigkeiten."
Dies Unregelmäßige, stets raffiniert Abweichende, ermöglichte einen feinfühligen Städtebau, der in den 70er Jahren als Gegenmodell zur abgewirtschafteten Bauwirtschaftsmoderne wieder zu Ehren kam. Bis heute wirkt der Zauber, den Taut der Moderne beigemischt hat.
"Man staunt immer wieder über die ganz strengen Gegebenheiten, starke Fantasie und großartige künstlerische Erfüllung oder Verwirklichung dieser Siedlung, das gibt’s kein zweites Mal."
Auch unter Beachtung der "strengen Gegebenheiten" verschrieb sich Taut nicht dem asketischen Funktionalismus etwa eines Walter Gropius. Er achtete auf die Unterscheidung von oben und unten, die Reihenhäuser und Zeilen sitzen auf Sockeln, haben markante, farbig umsäumte Türen. Taut fügte der Funktionsarchitektur ein ästhetisches Moment bei, das sich seinem Gefühl erschloss, dies allerdings erst nach langem Nachdenken.
"Dann hat er die Entwürfe, die fertigen, nach Hause genommen, dann hat er gewartet, dann kam vielleicht 14 Tage später ein Abend, wo er sich aufgelegt fühlte, an diesen Entwürfen kleine Änderungen vorzunehmen. Er nannte das merkwürdigerweise 'in Proportion bringen'. Es war, ich würde sagen, 'bewohnbar machen', und zwar durch tausend kleine Unregelmäßigkeiten."
Dies Unregelmäßige, stets raffiniert Abweichende, ermöglichte einen feinfühligen Städtebau, der in den 70er Jahren als Gegenmodell zur abgewirtschafteten Bauwirtschaftsmoderne wieder zu Ehren kam. Bis heute wirkt der Zauber, den Taut der Moderne beigemischt hat.