Am Anfang steht die Frage aller Fragen:
"Wann, wo und warum wurde die Oper erfunden?"
Die Antwort lautet:
"Die Oper als Kunstform entstand um 1600 in Florenz, Sitz der Kunst und Wissenschaft fördernden, extrem reichen Dynastie der Medici, Großherzöge der Toskana."
Das allein als Antwort aber wäre sicher zu knapp; und so behandeln die fast zweieinhalb Seiten füllenden Anmerkungen auch Aspekte wie den frühen Gesangsstil, die damaligen Affektwechsel und die ersten Hauptdarsteller.
In neun thematische Blöcke haben die beiden renommierten Musikwissenschaftler Sabine Henze-Döhring und Sieghart Döhring ihre "101 wichtigsten Fragen" rund ums Thema Oper eingeteilt, es geht um Handlungen und Stoffe, ums Thema Gesang, um die Oper als Spektakel, um Organisation und Finanzen, also den gesamten Backstage-Bereich, sowie um alles, was das Publikum betrifft.
"Seit wann wird in der Oper geklatscht und gebuht? - Beifall oder Kundgebungen des Missfallens reichen zurück bis zu den Anfängen der öffentlichen Oper im 17. Jahrhundert."
Händeklatschen, Pfiffe oder Buhrufe
Während der Vorstellungen ging es laut zu, waren Gespräche, Streitigkeiten, Kommen und Gehen, der Verkauf von Speisen und Getränken an der Tagesordnung. In der Pariser Oper wurde zum Beispiel 1690 während einer Aufführung von Louis Lullys "Orphée" gepfiffen. Händeklatschen, Pfiffe oder Buhrufe – im Theater schon in der Antike üblich – kamen in der Oper alsbald in Brauch. Im 18. Jahrhundert gab es dann erstmals bezahlten und bestellten Applaus, die sogenannten Claqueure hielten Einzug.
"Die Geschichte der Oper kennt tragische, auch extrem ungerecht behandelte Opfer des Ausbuhens, von dem heute vor allem die Regisseure betroffen sind."
Das Beispiel zeigt, dass es den Autoren in ihren kurzen und prägnanten Artikeln gelingt, jeweils einen historischen Bogen zu spannen von den Anfängen bis zur Gegenwart, von den ersten Bühnen-Experimenten um 1600 bis hin zum neuzeitlichen Streaming. Was auf den ersten Blick wie ein cleveres Marketing-Produkt erscheint – alles zur Oper auf nur 160 Seiten –, entpuppt sich bei genauerem Hinschauen als ein sehr fundiertes, kompaktes, Fakten und Anekdoten scharf voneinander trennendes Buch. Die beiden Autoren schaffen es auf diese Weise, ein breites Publikum anzusprechen. Sowohl die eingefleischten Opernfreunde als auch interessierte Einsteiger finden hier eine Opern-, und indirekt auch eine Mentalitätsgeschichte, kurzweilig, anschaulich, kenntnisreich – und vor allem verständlich.