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Bundesliga
Kind oder Kunde?

Mittlerweile hat jeder Erstligist und fast jeder Zweitligist in Deutschland einen sogenannten "Kids-Club". Der Grund ist einfach: Liga, Vereine, aber auch Sponsoren kämpfen um die Gunst der Fans und Kunden von morgen.

Von Moritz Küpper |
    Sommercamp des Kids Clubs des 1. FC Köln
    Sommercamp des Kids Clubs des 1. FC Köln (Deutschlandradio / Moritz Küpper)
    "Wo wirklich jede einzelne Mimik getrackt wird."
    Das Odysseum in Köln. Eigentlich ein Abenteuermuseum für Kinder, dominieren an diesem Vormittag dunkelblaue Anzüge, graue Kostüme oder eben Jeans und Sakko.
    "Hier kann man ganz schön sehen: Wurden Kinder vorher einem TV-Kontakt ausgesetzt."
    Es läuft der Kongress "Kids & Marke". Das Publikum lauscht gebahnt, schließlich machen die Zahlen Eindruck: Knapp zwei Milliarden Euro soll die Gruppe der Kinder in Deutschland pro Jahr über Taschengeld, Geburtstags-, Weihnachts- oder Ostergeschenke zur Verfügung haben. Weitere Ausgaben der Eltern sowie die langfristige Kundenbindung gar nicht erst eingerechnet. Ein riesiger Markt, an dem auch, schaut man auf die Teilnehmerliste, die Fußball-Klubs interessiert sind. Knapp 20 Vertreter von Profiklubs aus Deutschland sind da gelistet: Eintracht Frankfurt, Schalke 04, der FC Bayern München und der 1. FC Köln haben sich angemeldet, genauso wie der Hamburger SV oder auch die beiden Stuttgarter Vereine, der VfB und die Kickers.
    Kinder als Vehikel um die Eltern zu erreichen
    "Ja, Fußball ist in Deutschland ein Thema, mit dem man flächendeckend Kinder begeistern kann. Das haben längst die Fußballklubs in der Bundesliga entdeckt und machen es richtig, dass sie Werte an Kinder transportieren, aber natürlich auch das Interesse für ihre Vereine."
    Für Hans-Willy Brockers, Geschäftsführer von "ESB-Marketing Netzwerk" und Veranstalter des Kongresses ist es daher auch nur logisch, dass er den Fußball selbst zu einem Schwerpunkt gemacht hat: Den gesamten Vormittag das eintägigen Kongresses geht es im sogenannten "Markenwelt"-Forum um den runden Ball - von Seiten der Vereine, aber auch den Sponsoren:
    "Stollenstrolche", also so etwas wie das "Tor des Monats" für Kinder. Für die deutsche Telekom ein ideales Einfallstor, um Aufmerksamkeit, Sympathien, aber auch - über die Kinder - potentielle Kunden zu bekommen, wie Simon Fink von der zuständigen Agentur "DO IT" auf der Bühne erzählt: "Nichts desto trotz sind die Kinder dahinter auch das Vehikel, um die Eltern zu erreichen, um die Vereine zu erreichen."
    Der Fußball als Einfallstor: Für Wertevermittlung, aber auch als Nutzen für die Marke. Ein Prinzip, was auch der zweite private große Sponsor im Fußballgeschäft in Deutschland, die Volkswagen AG probiert. Das "Junior Master" des Autobauers, das nach eigener Aussage größte Fußball-Turnier für C-Juniorinnen und D-Junioren, ist nicht nur das älteste Fußball-Engagement des Konzerns, es hat sich auch - ähnlich wie bei der Telekom - als Sponsoring-Instrument bewährt - und zwar ohne auf Klubs oder andere angewiesen zu sein, wie Ingo Böhm von VW in seinem Vortrag betont: "Wir sind froh, dass wir eine markeneigene Plattform haben, auf der wir uns so ein bisschen austoben können."
    Jeder Bundesligist hat seinen Kids Club
    Gerade der Blick auf die Zahlen, gerade auch auf Seiten der Vereine, lässt erahnen, welches Potential im Kinderbereich schlummert: Jeder der 18 Bundesligisten hat einen sogenannten Kids Club, dazu noch elf in Liga zwei. Insgesamt 120.000 Mitglieder sind es aktuell, Tendenz weiter steigend. Einer der inhaltlichen Marktführer ist der FC St. Pauli mit seinem Rabauken-Club. Jan-Oliver Hetze, der Projektleiter Jugendmarketing:
    "Also der FC St. Pauli engagiert sich für Kinder, um den Verein erstmal sympathisch darzustellen, um natürlich neue Fans zu gewinnen, Berührungspunkte mit Kindern zu bekommen, die vielleicht dem Verein vorher nicht so zugewandt waren und einfach die Marke, das Image nach außen zu tragen."
    Obwohl sich Pauli selbst als ein Hamburger Stadtteilklub sieht, macht der Verein deutschlandweit Fußball-Camps, präsentiert sich beispielsweise auch in Nürnberg. Dazu gibt es die Möglichkeit, Kindergeburtstage bei Pauli zu feiern. In einigen Wochen will der Klub zudem eine Rabauken-App eigens für Kinder präsentieren und sich künftig verstärkt auch im Nachmittagsangebot von Schulen einbringen. Für Hetze sind die Kinder in erster Linie potentielle Fans, aber...
    "also, Kunden sind es natürlich auch, aber wir bewegen uns ein stückweit immer auf einem schmalen Grat." Denn zum einen geht es natürlich darum, auch Geld zu verdienen, nicht nur künftig, sondern auch im hier und jetzt: Das Engagement bei St. Pauli muss sich selbst tragen. Das Kind also als Kunde? Das ist nur die eine Seite, die - laut Arne Stratmann, zuständig in Fangelegenheiten bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) - selbst gar nicht mal so groß ist. Er hat eine Studie mit nach Köln gebracht, über die er auf der Bühne spricht:
    "...und das Geld verdienen noch nicht so an oberster Stelle steht. Aber ich glaube, das wird schon auch noch mehr an Gewicht bekommen. Vermittlung von Vereinskultur, Teamwork, Zusammenhalt, Abbau von Vorurteilen und auch Aggressionsabbau."
    Der Sponsor sucht die Einlaufkinder aus
    Auch das sind Ziele und Werte, die in den Kids-Clubs vermittelt werden. So konnten Kinder beispielsweise im vergangenen Sommer an einem Camp im Köln teilnehmen, an dem sie Blindenfußball spielen konnten, Rollstuhlbasketball probierten oder auch mit Polizisten über Pyrotechnik und deren Effekten diskutierten. Doch mitunter stehen sich diese Interessen, auch gegenüber, wie Stratmann von der DFL anhand des Beispiels Auflaufkinder in der Bundesliga illustriert: "Das funktioniert nicht an allen Standorten, weil natürlich auch dort die wirtschaftlichen Aspekte überwiegen in einigen Bereichen."
    Sprich: Die Einlaufkinder werden von Sponsoren ausgesucht, nicht vom Kids Club. In Hoffenheim beispielsweise, so Stratmann, und...
    "Was machen wir da mal, dass auch spieltäglich Kinder von unsern Kids Clubs einlaufen können? Jetzt haben sie sich eine schöne Aktion ausgedacht und zwei Fahnenkids, die aber auch ausdrücklich nicht gebrandet sind, sondern nur in den Vereinsfarben, in den jeweiligen auflaufen, und schwenken einfach eine Fahne."
    In Einzelfällen lässt sich das Problem also lösen: Die große Kommerz-Diskussion im Fußball, sie aber bleibt - auch bei den jüngsten Anhängern.