Die etablierten Medien seien die "Lügenpresse" - ein wiederkehrender Vorwurf, dem sich Journalisten stellen müssen. Zum Lügen gehört mitunter auch Weglassen, was unter dem Kampfbegriff "Lückenpresse" kritisiert wird. In der Politik arbeiten vor allem rechtspopulistische Kräfte mit dem Vorwurf, über ein Thema sei nicht berichtet worden.
Auch den Nachrichten des Deutschlanfunks wird wie vielen anderen Medienhäusern oder öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vorgeworfen, Dinge zu verschweigen. Der Mann, der im Düsseldorfer Hauptbahnhof am 11. März mehrere Menschen mit einer Axt verletzte, war Gegenstand der Nachrichtensendungen - trotzdem gab es in sozialen Netzwerken den Vorwurf einer bewussten Nicht-Berichterstattung.
Komplizierte Suche vereinfacht
Wurde über ein Thema wirklich nicht berichtet? Der Freie Journalist Marc Krüger (36) und der Internetentwickler Rolf-Thomas Langer (39) haben zur Überprüfung das Tool "Claim Checker" ins Leben gerufen, das seit dem vergangenen Wochenende online ist.
"Selbst finden schlägt gesagt bekommen", sagte Krüger DLF24 über das Portal. Er wolle es den Menschen leichter machen, zu prüfen, ob etwas wirklich nicht berichtet wurde. "Wenn beispielsweise Frauke Petry darüber spricht, dass die Medien etwas weggelassen haben, kann ein User mit unserer Suche das überprüfen - bevor er eine Verschwörung wittert." Wer den "Claim Checker" benutzt, landet in der Suche von Google News. Diese wird auf bestimmte deutsche Medien eingegrenzt, sie liefert dann Ergebnisse von den Seiten der wichtigen überregionalen Tageszeitungen in Deutschland und von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.
Eine solche Suche ist für Nutzer bei Google allerdings kompliziert. Wer ausschließlich bei den genannten Medien prüfen möchte, ob über den Angriff mit der Axt in Düsseldorf berichtet wurde, müsste in der Suche nach beispielsweise "Axt Düsseldorf" bei Google News folgendes eingeben:
"axt AND düsseldorf AND (site:bild.de OR site:faz.net OR site:handelsblatt.com OR site:n-tv.de OR site:spiegel.de OR site:stern.de OR site:sueddeutsche.de OR site:taz.de OR site:welt.de OR site:zeit.de OR site:br.de OR site:deutschlandfunk.de OR site:deutschlandradiokultur.de OR site:dradiowissen.de OR site:heute.de OR site:hr-online.de OR site:mdr.de OR site:ndr.de OR site:radiobremen.de OR site:rbb-online.de OR site:sr.de OR site:swr.de OR site:swr3.de OR site:tagesschau.de OR site:wdr.de)"
Im Alltag ist das unrealistisch - und deshalb übernimmt der "Claim Checker" diese mühevolle Eingrenzung.
"Wer sehr skeptisch ist, den bekommen wir nicht"
Dass man damit nicht alle Nutzer gewinnen wird, weiß auch Krüger. "Wer sehr skeptisch ist, den bekommen wir nicht", sagt er. "Aber ich verspreche mir die kleine Chance auf einen Lerneffekt bei anderen Nutzern, die sich vielleicht in solchen Momenten dann denken: 'Guck doch erstmal.'" Der "Claim Checker" könne dabei helfen, Diskussionen zu versachlichen. Das Tool möchte er mit seinem Kollegen weiterentwickeln, denn es gebe noch Schwachstellen. "Manche Leute wissen wohl nicht, was sie eingeben sollen." Deshalb hätten sie bestimmte in diesem Kontext aktuelle Suchbegriffe über dem Suchfeld platziert - wie der nie stattgefundene Terroranschlag "Bowling Green Massacre", auf den sich eine Beraterin von US-Präsident Donald Trump bezogen hat.
Die Suche läuft laut Krüger auch im umgekehrten Sinn: Wenn große Medien nicht über etwas berichten, könne es auch ein Hinweis darauf sein, dass etwas tatsächlich nicht stattgefunden habe. Es kann sich aber auch um regionale Ereignisse handeln, die in lokalen Medien behandelt wurden. "Die Suchergebnisse sind deshalb nicht das komplette Angebot der durchsuchten Medien", sagt Krüger. "Sie sind für den schnellen Überblick gedacht."
(nch/jasi)