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Cold Specks neues Album
Abkehr vom Gemütlichkeits-Wohlfühl-Folk

Der Kanadierin Al Spx wird oft nachgesagt, unter ihrem Künstlernamen "Cold Specks" ein neues Musikgenre erfunden zu haben: eine Mischung aus Soul und dunklem Doom Metal. Mit "Neuroplasticity" ist nun das zweite Album der 26-Jährigen erschienen - ein Werk voller Spannungen und Mystik.

Von Ina Plodroch |
    Eine Gitarre in Nahaufnahme.
    In Cold Specks neuem Album erinnert nur die dunkle, raue Gesangsstimme an den Vorgänger. (picture alliance / Maximilian Schönherr)
    Al Spx' Songs überraschen – sie singt eine Melodie, lässt sie harmlos dahin plätschern, um dann plötzlich Mitten im Song stehen zu bleiben und einen völlig neuen Weg einzuschlagen.
    "Ich mag es, spielerisch mit Songstrukturen umzugehen. Ich mag es, zu überraschen, denke ich."
    Die 26-jährige Kanadierin Al Spx erfindet sich auf ihrem zweiten Album neu. Ganz schön mutig. Nur ihre dunkle und raue Stimme erinnert an ihr hochgelobtes Debütalbum "I predict a Graceful Explosion" - Folk mit sanften Gitarren, persönlichen Texten – gemütliche Songs, warm und leise. Aber auf Dauer zu langweilig für Spx.
    "Mit dem ersten Album war ich die ganze Zeit auf Tour, da fühlte ich mich von den mageren Songs bedrängt. Ich wollte Musik machen, die ich jeden Tag spielen kann. Also habe ich Songs geschrieben, die spielerisch mit der Instrumentierung und dem Rhythmus umgehen. Ich habe es 'Neuroplasticity' genannt, weil das den Wandel andeutet. Es gibt eine klare Veränderung, wenn man das erste Album mit dem jetzigen vergleicht."
    Mystische Texte mit drohenden Rhythmen
    "Neuroplasticity" ist düster. Spx macht keinen Wohlfühl-Folk mehr - mystische Texte mit drohenden Rhythmen prägen ihr zweites Album. Kaum ein Song klingt wie der andere: Mal untermalen Klavier und Trompete spärlich Spx' Stimme, dann treibt ein Schlagzeug das Stück voran.
    Al Spx hat einige der zehn Songs in einer Hütte in Südengland geschrieben, um sich aus London, wo sie zwischenzeitlich gewohnt hat, zurückzuziehen.
    "Ich bin dahin gegangen, um ein paar Ideen zu entwickeln. Die Miete in London ist sehr teuer und es ist schwierig, eine eigene Wohnung oder einen Proberaum zu finden. In dieser Hütte konnte ich mir ein Studio aufbauen, ich konnte einfach existieren ohne den ganze Trubel in London."
    Die Verlassenheit und die Stimmung in Glastonbury, wo sie immer mal wieder hingefahren ist, haben ihre Songs beeinflusst. Aber auch die Zusammenarbeit mit anderen Musikern: Sie war mit Moby im Studio, hat auf Swans neuem Album gesungen und mit dem Trompeter Ambrose Akinmusire zusammengearbeitet. Die beiden tauchen auch auf ihrem Album auf, Akinmusire bringt Jazz in das Album, die tiefe Stimme von Swans-Sänger Michael Gira verleiht den Songs Düsterkeit, die jedoch vor allem durch Spx' Texte entsteht:
    "Jedes Messer, das in meinem Rücken steckt, werde ich in deinen stoßen", singt Spx. Doch das ist nicht etwa eine Mordfantasie von Spx, nur ein Zitat, das ihr so gefiel, dass sie einen Song draus machte. Auf "Neuroplasticity" verarbeitet sie keine persönlichen Gefühle mehr.
    "Ich fing an, Musik zu machen, um mir die Zeit zu vertreiben. Jetzt verdiene ich mein Geld damit. Und ich schreibe irgendwie immer noch zum Zeitvertreib. Man kommt auf die Welt und wird dann beerdigt. In der Zeit dazwischen versucht man, ein Zeichen zu setzen und ich mache das eben mit Musik."
    Sie macht einfach ihr Ding
    Al Spx wirkt unabhängig, sie macht einfach ihr Ding – gestern ein warmes Folk-Album, heute dunkle und ungemütliche Soul-Songs. Oder doch Doom Soul wie sie mal schrieb? Liest man etwas über sie im Internet, heißt es überall, sie habe dieses Genre erfunden. Doch:
    Den Stempel wird sie kaum wieder los. Spx stört es nicht, sie macht einfach weiter Musik, um sich die Zeit zu vertreiben. Auf Neuroplastic ist ihr das gelungen – ein Album voller Spannungen und Mystik - düster, aggressiv, energisch. Mit ihrer Stimme im Mittelpunkt, mit der sie ganz zum Schluss in einer Ballade doch noch persönlich wird und von ihren eignen Abgründen singt.