Dass die im Juni gewählte dänische Regierung herumeiert, kann man ihr nun wirklich nicht vorwerfen. Mit der heute in Kraft tretenden Reform, die die Leistungen für Asylbewerber drastisch kürzt, sagt Integrationsministerin Inger Stojberg, verfolge man ein klares Ziel: Es sollen deutlich weniger Menschen nach Dänemark kommen:
"Wir müssen tun, was wir können, um den massiven Zustrom von Asylbewerbern nach Dänemark zu stoppen. Und ich bin der Meinung, dass Kürzungen bei den Sozialleistungen es bei den Schleppern weniger attraktiv macht, Dänemark zu wählen."
Massiver Zulauf, das hieß für dänische Verhältnisse im vergangenen Jahr: 15.000 Asylanträge, rund doppelt so viel wie 2013. Setzt man das ins Verhältnis zum nach Einwohnerzahl 16 Mal größeren Nachbarn Deutschland, kommt man auf eine Zahl von 240.000. Deutlich weniger als in Schweden, aber allemal ausreichend, um daraus ein Wahlkampfthema zu machen, das noch immer die politische Auseinandersetzung beherrscht. Dass es in der Bevölkerung Unterstützung für die jetzt geltenden Reformen gibt, zeigte das Ergebnis vom Frühsommer. Die dänische Volkspartei legte stark zu, wurde mit 21 Prozent zweitstärkste Kraft. Sie unterstützt nun die liberale Minderheitsregierung von Ministerpräsident Lars Lokke Rasmussen und erwartet, so ihr Abgeordneter Martin Henriksen, weitere Schritte, um die Zuwanderung zu bremsen:
"Das ist ein guter Anfang, aber wir müssen natürlich noch mehr im Asylbereich machen und die Regeln weiter verschärfen. Wir erwarten, dass wir uns wieder zusammensetzen und weitere Verschärfungen einführen."
Rotes Kreuz: Armut schafft das Gegenteil von Integration
Bisher konnte ein Alleinstehender ohne Kinder monatlich mit einer finanziellen Unterstützung von umgerechnet 1450 Euro rechnen. Klingt großzügig, nur werden im teuren Dänemark noch die hohen Steuern abgezogen. Nach der Reform sind es nur 800 Euro vor Steuern, wer einen Sprachtest für Fortgeschrittene besteht, bekommt 200 Euro monatlich extra. So will der Staat jährlich rund 150 Millionen Euro einsparen, was bei Oppositionspolitikern wie Morten Östergaard stärkstes Unwohlsein hervorruft:
"Mir dreht sich alles um, wenn ich sehe, wie sich eine Ministerin und eine willige Mehrheit hinstellt und behauptet, dass Menschen, die vor Bomben fliehen und ihr Leben aufs Spiel setzen, es deswegen tun, weil es hier so hohe Sozialleistungen gibt. Es ist eine Schande, so zu argumentieren."
Auch Anders Ladekarl vom dänischen Roten Kreuz hält die Argumente der Regierung für nicht überzeugend:
"Es gibt keine Untersuchung, die belegen, dass Sozialhilfen einen Einfluss darauf haben, wo die Menschen Asyl suchen. Keiner weiß also, ob die Politik der Regierung die Zahl der Asylbewerber beeinflusst. Wir wissen nur, dass sie zu mehr Armut führt."
Armut, so fährt Ladekarl fort, treibe die Menschen in die Isolation und schaffe das Gegenteil von Integration. Die dafür zuständige Ministerin Inger Stojberg gibt sogar zu, dass es ihr darum auch gar nicht gehe. Auch die möglichen oder tatsächlichen Einsparungen stünden bei der Reform nicht im Vordergrund:
"Für mich geht es hier nicht nur um Kronen und Öre, also die Staatausgaben, sondern in hohem Maße darum, das Dänemark zu bewahren, das wir kennen."