Und damit Teil jener kapitalistischen Konsum-Ideologie, der man eigentlich entrinnen wollte?
Daniel Schreiber, Kunstkritiker und Autor, hält Fasten für sehr sinnvoll:
"Das Fasten und andere asketische Kulturtechniken gehören zum anthropologischen Erbe. Zur Zeit erleben wir tatsächlich eine Renaissance, ein verstärktes Interesse am Fasten, aber auch an Yoga oder der Meditation. Das hängt mit einer Sehnsucht nach dem Ausbruch aus unserem Wohlstandsleben zusammen, aus dem eigentlich kein Ausbruch mehr möglich ist. Zum anderen äußert sich darin der Wunsch nach Spiritualität: Ohne dass wir wissen, wie sich Leere anfühlt, können wir auch nicht verstehen, was Fülle bedeutet, ohne das Regulativ des Verzichts kann es keine Lust geben, ohne Askese keinen Genuss."
Christian Schüle, Journalist und Autor, hält Fasten für vollkommen überschätzt und ein "falsches Züchtigungs- und Selbstzüchtigungs-Instrument":
"Fasten bringt vielleicht für einen kurzen Moment die Illusion von Glück und Gesundheit, aber letztlich rüstet man seinen eigenen Körper zu, zur Leistungssteigerung und zur Optimierung. Heute ist Fasten Teil eines selbstgerechten Optimierungsprogramms, mit dem sich das moralisierte Ich als überlegen inszeniert. Diese moralische Selbsterhebung zum einen und zum anderen die kapitalistische Umwertung der Askese zur Leistungssteigerung stören mich enorm. Ich möchte stattdessen für eine ganz normale Lebensführung mit Maß und Mitte plädieren, dann braucht auch niemand zu fasten, wenn er das ganze Jahr über ein gelingendes Leben führt."