Archiv


Das Digitale Logbuch: Das Interaktive Werbeplakat

Man kann sich nicht für alles interessieren. Auch nicht für jede Werbung. Und ohne jetzt allzu chauvinistisch sein zu wollen: Männlein und Weiblein haben da ja auch von vornherein etwas andere Präferenzen. Die super-hippen und super-teuren Manolo-High-Heels sprechen nun einmal eher die Dame an, die 200 kg schweren Hifi-Boxen mit Neodym-Bändchen-Hochtönern für 30.000 Euro -Stückpreis nun mal eher den Herren.

Von Michael Gessat |
    Und auch die lieben Nachwuchskonsumenten wollen ja informiert werden, zum Beispiel über die neuesten, unverzichtbaren Handy-Klingeltöne für nur 4,99 Euro, das anschließende Jahresabo steht im Kleingedruckten. Was also tun, drei Plakate aufhängen, für jeden Geschmack eines? I wo, ein einziges reicht. Ein interaktives. Das guckt, wer gerade guckt. Und wechselt dann einfach den angezeigten Inhalt. Das geht natürlich nicht mit bedrucktem Papier. Die "intelligenten Displays", die kürzlich von einem koreanischen Elektronikkonzern in Amsterdam vorgestellt worden sind, bestehen aus einem 57 Zoll großen Bildschirm. Eine Kamera nimmt auf, wer vor dem Monitor so herumgeht, und ein integrierter Rechner samt entsprechender Software identifiziert die Betrachter nach Geschlecht und ungefährer Altersgruppe.

    Das Ganze spart nicht nur Platz, es ist auch der absolute Knüller für die Werbeheinis. Die wollen ja immer ganz genau wissen, wer sich ihren Schwachsinn anschaut. Und wie lange, wie oft, und wann. Aber warum sollen die Plakate eigentlich nur zurückglotzen? Die Leute aktiv anquatschen wär doch auch nicht schlecht: "Hallo Süßer! Ja, du da im hellgrauen Anzug! Ich bin’s, die scharfe Ellen mit der DSL-Flatrate! Schau doch mal her!". Und wenn schon "intelligent": So eine Personenerkennung, die könnte man doch eigentlich auch direkt mit Schäubles Straftäter- und Terroristendatenbank vernetzen. Dann verwickelt die scharfe Ellen einen automatisch ausgemachten Verdächtigen einfach mal in eine kleine Plauderei. Solange, bis die Polizei da ist.
    Wer partout nicht durchschaut werden will, auch nicht als Konsument, der muss halt demnächst vermummt durch die Innenstädte schleichen. Das ist dann aber auch schon wieder ziemlich verdächtig.