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Das Digitale Logbuch: Piep und weg

"Si tacuisses, philosophus mansisses", wie der alte Lateiner so schön sagt: "Oh, hättest du geschwiegen, du wärest Philosoph geblieben". Das gilt eigentlich heute mehr denn je. Weil ja allerorts in jedes hingehaltene Mikrofon und in jede Kamera hineingequatscht wird.

    Und bei all dem Gequatsche redet sich eben mancher blitzschnell um Kopf und Kragen. Für deutsche Politiker oder Wirtschaftsweise funktioniert immer wieder sehr gut der geschichtliche Verweis auf die jüngere deutsche Vergangenheit: Mal eben irgendwas mit Nazis oder Juden dahergesagt; schon ist die Karriere vorbei oder das Renommee im Eimer.

    Bei den Amerikanern, den Erfindern von "political correctness", ist die Sache noch viel schlichter gelagert. Ganz schrecklich verpönt sind da nämlich diese schlimmen Wörter wie "shi---" oder "fu---" - aber die darf ich hier jetzt auf dem Sender auch nicht sagen. Bei diesbezüglich potentiell gefährlichen Live-Shows senden die Amis deshalb ja gar nicht live, sondern immer ein paar Sekunden verzögert. Und dann lauern da hochbezahlte Fachkräfte im Hintergrund auf ein "shi---" oder "fu---"; und drücken blitzschnell auf den "-piep-"-Knopf. Aber was ist, wenn die bei dem Geschwafel mal nicht aufpassen oder einfach vor Langeweile einschlafen?

    Gott sei dank gibt es aber wohl demnächst eine neue Software von Microsoft; gerade haben die sich die Sache patentieren lassen. Die filtert "unerwünschte Wörter oder Ausdrücke" automatisch aus einem Audiostream heraus, und zwar in Echtzeit. Auf den mitdenkenden, vollautomatischen Sprachzensor haben nicht nur Medienschaffende, Wirtschaftsweise und Politiker gewartet. Das Ganze muss auch unbedingt Bestandteil von Windows 7 und von diesem ganzen neumodischen Kommunikationssoftware-Krams für Handys und IP-Telefonie werden.

    Und dann kostet es auch für Sie als Privatperson nicht mehr gleich Kopf und Kragen, oder sagen wir, den Job; wenn Sie mal nach ein paar Gläschen Wein dem Chef fernmündlich mitteilen, was Sie eigentlich von ihm und den Umstrukturierungen in ihrem Betrieb halten: "Lieber Herr ---, Sie sind doch ein totaler I---. Glauben Sie V--- eigentlich selbst an den Bulls---, oder wollen Sie uns einfach nur verar---, Sie I---, Sie...". Wenn er Sie dann am nächsten Tag fragt, was das denn für ein Anruf war: Dann einfach irgendetwas von Computerproblemen murmeln, ansonsten an die alten Lateiner denken und die Klappe halten.