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Das Ringen um Stoibers Erbe

Am 9. Oktober wählt der Bayerische Landtag einen neuen Ministerpräsidenten. Zuvor stimmen die CSU-Delegierten über ihren neuen Parteivorsitzenden ab. Während Günther Beckstein als Ministerpräsident gesetzt ist, könnte die innerparteiliche Wahl für eine Überraschung sorgen: Zwar gilt Erwin Huber als Favorit für den CSU-Vorsitz, doch Horst Seehofer versucht, mit Rhetorik und Volksnähe auf den Zielmetern zu punkten.

Von Barbara Roth | 28.08.2007
    In vier Wochen macht Edmund Stoiber seine Ankündigung vom 18. Januar dieses Jahres wahr: Auf einem Parteitag Ende September in München tritt er als Vorsitzender der CSU ab, danach - nach 14 Jahren im Amt - als bayerischer Ministerpräsident zurück. Stoibers Abschied zog sich gut acht Monate hin, für die Partei eine streckenweise quälend lange Zeit. Innenminister Günther Beckstein wird ihn an der Spitze des Freistaates beerben. Um den Parteivorsitz wird noch gerungen.

    "’Ich bin der Meinung: Seehofer. Der hat ein Auftreten, eine Ausstrahlung, ein Super-Mann.’ – ‚Der Seehofer wird es aber nicht mit der Gaudi.’ – ‚Alle anderen machen das auch.’ - ‚Aber die reden nicht so, Familie ist alles. Dann muss ich stad sein.’ – ‚Du musst sehen, die sind allein in Berlin droben, da kommt doch so was vor.’ – ‚Der Seehofer ist ein heller Kopf, aber der Huber wird es.’ - ‚Ja, der wird es.’ - ‚Hätte der Seehofer den Schmarren nicht gemacht...’ - ‚Das ist eine Privatangelegenheit, das hat mit dem anderen nichts zu tun.’ – ‚Privat? Das gehört da auch dazu."

    Ein Stammtisch irgendwo in Bayern. Es streiten sich zwei ältere Herren. Der eine trägt Krachlederne, der andere ein kariertes Arbeitshemd. Der eine ist CSU-Mitglied, seit über einem halben Jahrhundert, wie er stolz betont. Der andere will in seinem gut 70-jährigen Leben nie etwas anderes gewählt haben als CSU.

    Der Stammtisch ist einem Bayern heilig. Bei einer Maß Bier lässt es sich trefflich politisieren und polemisieren. Am geläuterten Ehebrecher Horst Seehofer scheiden sich die Geister. Offiziell ist sein Liebesleben in der CSU natürlich kein Thema. Beim Duell um den Parteivorsitz aber spielt es eine Rolle. Denn fast jeder in der CSU spricht darüber:

    "’Meinen Sie, dass die Frau Pauli kommt?’ – ‚Mir ist Recht, wenn die dabei ist, die brauchen wir.’ – ‚Nein, da bin ich dagegen.’ - ‚Die brauchen wir.’ – ‚Da bin ich dagegen.’ - ‚Warum bist Du dagegen? So saubere Weiber brauchen wir. Die hat Anhänge.’ - ‚Nein. Weil man so nicht mit den Leuten umgehen darf. Weil der Stoiber hat sonst seine Sache richtig gemacht, und dann darf man keinen solchen Abgang reinbringen.’ – ‚Sie hat es machen müssen, sie hat dem Stoiber die Wahrheit gesagt. Das ist doch wahr, keiner hat es sich sagen trauen.’ - ‚Aber das hätte man anders auch machen können.’ - ‚Ein anderer man hat es aber nicht gemacht.’"

    Rund 168.000 Mitglieder hat die CSU, die Christlich-Soziale Union. Gut 1.000 von ihnen entscheiden auf dem Parteitag am 29. September, wer Stoibers Nachfolger als ihr Vorsitzender wird. Abgeordnete, Ortsverbands- und Kreisvorsitzende stellen das Gros der Delegierten. Eine klare Mehrheit der Funktionäre favorisiert Landeswirtschaftsminister Erwin Huber.

    Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer darf sich als Liebling der Basis fühlen. Die Fürther Landrätin Gabriele Pauli, obwohl Symbolfigur der Stoiber-Kritiker, gilt als chancenlos. Denn auch für die CSU heißt die Parole: Man liebt den Verrat, aber nicht den Verräter.
    Dem scheidenden Ministerpräsidenten weint der Stammtisch keine allzugroßen Tränen nach. Stoibers Stern sank unaufhaltsam, seit er Ende 2005 nicht als Superminister in Merkels Kabinett wechseln wollte. Seinen Rückzieher empfanden die meisten seiner Anhänger als feige und unverzeihbar. Mit ihm musste die CSU bei den Landtagswahlen 2008 um Wählerstimmen fürchten müssen.

    Ein Generationswechsel findet allerdings jetzt in Bayern nicht statt. Ein fast 64-jähriger löste einen bald 66-jährigen ab. Somit gilt Günther Beckstein als ein Übergangskandidat. Spätestens nach den Landtagswahlen im Jahre 2013 ist für ihn Schluss. Seine potentiellen Nachfolger unter den Anfang 50-jährigen muss man noch mit der Lupe suchen. Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann, Merkels Regierungssprecher Ulrich Wilhelm und Landesgruppenchef Peter Ramsauer seien namentlich nur genannt. Als Talent unter den 40-jährigen fällt Beckstein zuallererst der umstrittene Generalsekretär Markus Söder ein.

    Der Bayerische Defiliermarsch - eigentlich dem Ministerpräsidenten vorbehalten - wird fast allabendlich irgendwo im Freistaat von einer Blaskapelle angestimmt. Huber und Seehofer sind auf Wahlkampftour durch Bayerns sommerliche Bierzelte. Die Kontrahenten tingeln von Volksfesten zu Feuerwehrjubiläen, sprechen bei Trachtenvereinen und auf CSU-Kundgebungen.

    Das Festzelt im Töging am Inn, nahe dem Wallfahrtsort Altötting, es ist gut gefüllt. Rund 800 Menschen lassen sich Weißbier und Schweinswürste schmecken und sind gespannt, ob er anspricht, worüber sie alle tuscheln. Horst Seehofer:

    "Ich weiß jetzt nicht, ob Sie wegen der Politik da sind. Oder ob Sie aus anderen Gründen neugierig sind. Könnte ja sein. Ich nehme mal an, dass Sie alle politisch interessiert sind. Und dass Sie an allen anderen Dingen meiner Person überhaupt nicht interessiert sind."

    Natürlich weiß der 58-jährige, dass ihm die Artikel über seine Berliner Ex-Geliebte geschadet haben. Bei der Kampfabstimmung droht ihm die wohl peinlichste Niederlage seiner Laufbahn. Aufgeben aber will er trotzdem nicht. Seehofer kämpft. Es ist ein einsamer Kampf. Gegen Boulevardblätter. Gegen das eigene Parteiestablishment. Sein Argument: Sein Bekanntheitsgrad gepaart mit Becksteins Beliebtheit mache die CSU unschlagbar:

    "Ich bin doch nicht blauäugig, ich registriere aber, dass der Zuspruch der Menschen in einem Maße stattfindet, wie ich es vorher nie erlebt habe. Ich bin ja im politischen Alltag immer von Freunden umzingelt. Heute Abend habe ich den Eindruck, dass ich von Freunden umgeben bin. Man könnte auch sagen, ich begrüße die Prominenz am ersten Tisch und die Intelligenz im ganzen Zelt."

    Seine Pointen schmeicheln dem Publikum. Seehofer zieht Zuhörer im Bierzelt immer schnell auf seine Seite. Der Bundesminister kokettiert mit seinem Ruf als Eigenbrötler. Und er weiß um sein rhetorisches Talent. Er spricht es nicht aus, aber spätestens beim traditionsreichen Politischen Aschermittwoch in Passau wird sich zeigen, ob der neue Vorsitzende Stoiber das Wasser reichen kann.

    "Ich bin ja angeblich nicht teamfähig. Ich habe jetzt vielen Kabinetten angehört. Ich habe mehr Reformen durchgeführt als alle, die über Reformen reden. Glauben Sie, dass Sie das ohne Teamfähigkeit hinbekommen? Ich habe nur einen Satz von Franz Josef Strauß ernst genommen, den ich Anfangs der Jungen Union gesagt habe: Ich erwarte von einem Politiker, dass er seinen Verstand nicht beim Betreten eines Konferenzsaals an der Garderobe abgibt, sondern für seine Meinung kämpft, für seinen Standpunkt kämpft."

    Geschickt buhlt er bei der Jungen Union um Stimmen. Er verspricht, bis 2010 die Hälfte aller Führungsposten mit unter 50-jährigen zu besetzen. Wesentlich mehr an Programm bietet er nicht.

    Seehofer sieht sich als der geborene Nachfolger. Seit 1994 ist er in der Partei schon Stoibers Stellvertreter. Seit zwölf Jahren gehört er mit Unterbrechungen verschiedenen Bundesregierungen an. Minister in Merkels Kabinett will er bleiben. Seehofer wird nicht, wie einige bereits munkeln, beleidigt den Bettel hinwerfen, sollte er unterliegen. Und mehr noch: Dann will er wieder als Vize kandidieren, egal wie demütigend die Niederlage gegen Huber auch sein mag:

    "Aber wenn ich das schon sage, lese ich wieder irgendwo: Seehofer rechnet mit Niederlage. Deshalb sage ich sicherheitshalber: Ich möchte gewinnen. Aber man weiß, meine Damen und Herren: Wenn man ein Spielfeld betritt, kann man auch verlieren. Und wenn man als Demokrat verliert, dann hat man das Ergebnis zu akzeptieren und sich wieder einzugliedern in der Funktion, die man bisher hatte, mitzuhelfen, dass wir weiterhin Erfolg haben. Ganz einfach."

    Als es im Januar in Wildbad-Kreuth um die Stoiber-Nachfolge ging, war der Ingolstädter weder anwesend noch wurde er gefragt. Das ärgert ihn bis heute, weiß Heinrich Oberreuter, Leiter der Politischen Akademie Tutzing. Denn Seehofer sei eitel. Laut dem politologischen CSU-Kenner aber chancenlos:

    "Weil Seehofer der Geruch anhaftet, dass er einen großen Teil seiner politischen Karriere auf eigene Rechnung gemacht hat, dass er schwer einzubinden sei, dass er also das in Frage stellt, was für die CSU immer ein Markenartikel war: nämlich die Einigkeit und die Geschlossenheit. Am Parteitag wählt nicht die Basis, sondern die Delegierten, sozusagen das Eingemachte der Partei. Und die haben sich in ihrem Leben wohl schon 20 Mal gefragt, ob sie in einer bestimmten Situation nicht auf den Tisch hauen und ihre eigene Meinung sagen müssten. Und haben die immer wieder zurückgestellt - um der Geschlossenheit der Partei willen. Und die werden schon aus diesem Grund Seehofer ihre Stimme verweigern."

    Nachts in Kreuth teilten Beckstein und Huber die Macht unter sich auf. Es war damals Stoibers Idee, dass sich die beiden auf ein Bier treffen sollten. Der angeschlagene CSU-Häuptling verließ Kreuth noch im Glauben, weitermachen zu dürfen - auch weil die personelle Alternative fehlte. Als er auf dem Sprung nach Berlin war, zerstritten sich Beckstein und Huber wegen seiner Nachfolge. Seitdem gingen sie sich aus dem Weg.

    Was Stoiber allerdings für unmöglich hielt: Die Rivalen sprachen sich aus und schlossen einen Pakt: Der Franke – weil beim Wähler beliebter - wird Ministerpräsident. Der Niederbayer übernimmt die Spitze der Partei. Abgeordnete plauderten beim Frühstück die nächtliche Versöhnung aus. Eine Panne. So schnell sollte sie nicht öffentlich werden. Denn Stoiber wusste noch nichts. Von den Eilmeldungen kalt erwischt, kündigte er am gleichen Tag seinen Rücktritt an. Heinrich Oberreuter:

    "Die CSU hat in Kreuth das größte Chaos ihrer Geschichte hinter sich gebracht. Nach dem Königssturz im Grunde konnte die Partei eigentlich nichts weniger brauchen als eine erneute Auseinandersetzung personalpolitischer Natur. Insofern war die Absprache Beckstein - Huber für die Seele der Partei in gewisser Weise eine Erlösung. Und allein, dass Seehofer seine Kandidatur daneben gestellt hat, hat quasi diese Sehnsucht der Partei nach Ruhe gestört. An Huber bindet sich also eigentlich der Eindruck einer gewissen stabilisierten Harmonie zwischen ihm und Beckstein. Und dieser Pakt steht."

    Stoiber mimte daraufhin monatelang den Beleidigten. Mit den Putschisten sprach er nur das Nötigste. Selbst im Ausland ließ er sich als erfolgreicher Ministerpräsident feiern, zuhause die Seinen zappeln. Acht Monate zieht sich nun der Abschied hin. Erst im Juli atmete die Fraktion auf: Günther Beckstein wurde als Nachfolger nominiert. Am 9. Oktober wird der neue Ministerpräsident im Landtag gewählt. Beckstein:

    "Jeder weiß, dass es Edmund Stoiber alles andere als leicht fällt. Umso höher ist es zu bewerten, dass er jetzt auch sagt: Jawohl, ich unterstütze Dich. Ich bin wirklich dankbar dafür nach den großen Turbulenzen im letzten halben Jahr, wo es ja harte Auseinandersetzungen, wo es auch Verletzungen, Wunden, tiefe Wunden gegeben hat. Es wird keinen Politikwechsel geben."

    Peißenberg in Oberbayern. Politische Kundgebung. Rund 900 Besucher. Der Bayerische Defiliermarsch kündigt wieder einen Wahlkämpfer an.

    Becksteins Tandempartner will sich bis zum Parteitag in allen 108 CSU-Kreisverbänden präsentiert haben. Der 61-jährige hat Nachholbedarf. Nicht, weil man ihn nicht kennt. Der Niederbayer galt lange als Stoibers Wadlbeißer. Als seine rechte Hand in der Staatskanzlei boxte er dessen unpopuläre Sparpolitik durch - da flogen ihm die Sympathien der Basis nicht gerade massenweise zu. Das will Erwin Huber ändern:

    "Mir wird immer wieder gesagt, dass man an mir schätzt: die Verlässigkeit, die Beharrlichkeit, die Zuverlässigkeit, die Glaubwürdigkeit. Ich bemühe mich, dass Wort und Tat übereinstimmen. Das darf ich vielleicht noch sagen, ich freue mich sehr, dass viele Frauen und Damen zu dieser heutigen Versammlung gekommen sind. Wir haben Ihnen ja besonders zu danken. Denn die großen Erfolge der CSU hängen damit zusammen, dass relativ und absolut mehr Frauen als Männer die CSU wählen. Dies ist auch der Beweis, dass die Frauen was von Politik verstehen, liebe Männer."

    Huber verkörpert den Typ des Parteisoldaten. Verwurzelt, fleißig und kompetent. Er war, noch von Franz Josef Strauß berufen, Generalsekretär; unter Stoiber Finanzminister, Leiter der Staatskanzlei und Wirtschaftsminister. Ein Provinzpolitiker, unkt mancher in Berlin.

    Doch Huber kennt die bundespolitische Bühne: Er verhandelte für Bayern im Vermittlungsausschuss, schrieb an Wahlkampfprogrammen der Union mit, saß schon bei Helmut Kohl in Koalitionsgesprächen und Angela Merkel wollte ihn als Minister ins Kanzleramt holen. Bei der Wahl 2009 will ein Parteichef Huber für den Bundestag kandidieren.

    Der Minister präsentiert sich als Mann der Mitte. Als Mannschaftsspieler, der keine Alleingänge kennt, sondern die gesamte Partei wieder spiegelt. Anders als Seehofer, meint Huber, doch laut sagt er es nicht. Der Wirtschaftsliberale versucht, sich der CSU als Macher mit Herz zu verkaufen. Das ist seine Profilierungschance, gilt sein Kontrahent doch als deren soziales Gewissen. Offen wird über eine politische Richtungsentscheidung aber nicht diskutiert. Erwin Huber:

    "Der wirtschaftliche Aufschwung mit dem Wachstum hat ja bei vielen die Frage ausgelöst: Ja, habe ich denn als Bürger etwas vom Wachstum? Oder ist es nur etwas für die Aktienkurse? Das ist eine sehr berechtigte Frage. Aber wenn Sie sehen, dass in den letzten zwei Jahren in Bayern 150.000 Arbeitsplätze neu entstanden sind, dann heißt es doch, dass 150.000 Menschen jetzt wieder eine verlässliche Grundlage haben für ihr Leben, weniger Angst für sich und ihre Familie, deshalb stimmt es schon, was wir uns als Richtschnur gegeben haben: Sozial ist, was Arbeit schafft."

    Ein eher müder Beifall. Die Herzen fliegen ihm nicht überschwenglich zu. Modern und wertkonservativ, traditionell und fortschrittlich, mit starken Staat und Kruzifix im Klassenzimmer – Huber betet eineinhalb Stunden lang das gesamte christsoziale Glaubensbekenntnis runter.

    Seine Botschaft: Es gibt keinen Politikwechsel, sondern nur ein neues Gesicht. Mancher im Publikum unterdrückt ein Gähnen. Als großer Redner gilt Huber ohnehin nicht. Mir kommt es auf Inhalte an, wird er später sagen. Er lege keinen Wert auf billige Gags. Und wendet sich lieber den Autogrammjägern zu:

    "’Herr Minister, wir brauchen unbedingt noch ein Foto.’ - ‚Machen wir.’ - ‚Und dann brauche ich noch eine Unterschrift.’ - ‚Machen wir auch.’ - ‚Über dem Stoiber.’ - ‚Das ist aber Ehre, dass ich drüber unterschreiben darf. Was soll ich draufschreiben?’ - ‚Für Horst.’ - ‚Auch Horst. Ich mag alle, die Horst heißen. Dein Erwin Huber, schreibe ich.’ – ‚Dein?’ - ‚Ja, dein. Alles Gute.’"

    Huber kann sich im Rennen um den Parteivorsitz seiner Favoritenrolle sicher sein. Zumal er den künftigen Ministerpräsidenten hinter sich weiß. Denn Becksteins Wort hat Gewicht. Dass Beckstein aus Franken kommt, dazu noch evangelisch ist, spielt im Freistaat längst keine Rolle mehr. Selbst im tief katholischen Oberbayern nicht. Als Spitzenkandidat muss er der CSU 2008 die Mehrheiten sichern: am 2. März bei den Kommunalwahlen, am 28. September bei den Landtagswahlen:

    "Ich mache da überhaupt keinen Hehl daraus, dass ich für Erwin Huber als Parteivorsitzender bin. Wir haben eine ganze Reihe von Brandherden in der Partei, wo ein Parteivorsitzender viel Zeit hinein geben muss, um von Garmisch bis Coburg, von Weiden bis Regensburg dafür zu sorgen, dass die Partei wirklich wieder in eine schlagkräftige Organisation hineinkommt. Jemand, der auf der bayerischen Bühne zuhause ist, jemand, der Generalsekretär der CSU war, kann das besser als Horst Seehofer,der ein glänzender Solist ist, der eine herausragende Fähigkeit der Kommunikation hat, aber seine Aufgabe liegen in Berlin und Brüssel und er wird nicht die Zeit haben."

    Ob der bayerische Löwe auch in Berlin bei Stimme bleibt, müssen die Nachfolger erst noch beweisen. Leicht werden sie es nicht haben. Edmund Stoiber verstand es gekonnt, sich in der Großen Koalition Gehör zu verschaffen. Auch wenn er sich als besserwisserisch Erscheinender oft unbeliebt machte.

    Den polternden Bayer los zu sein, freut viele in Bundeshauptstadt; und die sitzen nicht nur bei der SPD. Meint der Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter:

    "Nur die CDU muss sich mal bei ihrer gelegentlichen Herablassung gegen die Leute aus dem Süden eine Überlegung vorlegen, nämlich die: dass sie seit drei Bundestagswahlen außerhalb Bayerns, also ohne die Stimmen der CSU, eine, na ja, gut, 25-Prozent-Partei ist. Und dass sie in die Nähe der Koalitions- und Regierungsfähigkeit kommt eben nur durch das bayerische Stimmengewicht, dass sie über 30 Prozent bringt oder früher über 40 Prozent gebracht hat. Also insofern werden alle Gelüste, die Bayern klein zu halten, schon innerhalb der Union ersterben müssen, weil sie die Bayern groß brauchen – mindestens an der Wahlurne."

    Der parteiinterne Wahlkampf plätschert vor sich hin. Nicht mal die Dritte im Rennen, Gabriele Pauli, schreckt zur Zeit mit Schlagzeilen auf. Dabei hat sich manch Unzufriedener von ihr Belebung erhofft. Ihre Kandidatur kündigte die 50-jährige vollmundig an. Ein Programm blieb sie bis dato schuldig. Mangels Einladungen zur Parteibasis begnügt sie sich mit Straßenwahlkampf in Fürth:

    "Wir haben sehr verkrustete Strukturen in der CSU. Man ist wenig offen an der Spitze. Und mein Weg wäre, dass wir nicht nur die Parteibasis und die Mitglieder, sondern auch die Bürger dazu einladen, dazu beizutragen, dass wir eine starke, moderne Volkspartei haben."

    Gabriele Pauli am Werbestand:

    "’Ich lese über Sie immer in der Bildzeitung.’ - ‚Ach was.’ - ‚Na ja, was da steht, kann man nur zur Hälfte glauben, aber die andere stimmt. Ich stehe voll hinter Ihnen. Es ist eine schöne Entscheidung, was sie machen.’ - ‚Ja, man muss einfach mal ran, ein bisschen Durcheinander machen.’ - ‚Toi, toi, toi!’ - ‚Schönen Abend noch. Tschüss.’"
    Landwirtschaftsminister Horst Seehofer gestikuliert am Dienstag, 14. Februar 2006, während einer Pressekonferenz zur Vogelgrippe in Berlin.
    Horst Seehofer kämpft um den Parteivorsitz. (AP)
    Edmund Stoiber stellt sich nach der Marathonsitzung mit der CSU-Fraktion in Wildbad Kreuth den Fragen von Journalisten.
    Edmund Stoiber in Wildbad Kreuth. (AP)
    Die Fürther Landrätin Gabriele Pauli spricht auf einer Pressekonferenz in Zirndorf bei Fürth über ihre Kandidatur um den CSU-Vorsitz.
    Gabriele Pauli sucht die Öffentlichkeit. (AP)