Stefan Heinlein: Wie kann Deutschland seine Klimaziele erreichen: In der Diskussion ist eine CO2-Steuer. Schauen wir auf den Luftverkehr, denn gerade das Fliegen gilt als Klimakiller. Sina Fröhndrich, welchen Anteil hat das Fliegen an den CO2-Emissionen?
Sina Fröhndrich: Auf dem Papier ist der Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß eher gering. Da ist von knapp drei Prozent die Rede – allerdings: Wissenschaftler ziehen das in Zweifel. Weil andere Emissionen wie Feinstaub etwa außen vor bleiben. Nur auf das CO2 zu schauen, das sei eine Milchmädchenrechnung, sagt der Klimaforscher Stefan Gössling von der Universität Lund, der Fliegen für besonders schädlich hält:
"Weil es keine andere menschliche Aktivität gibt, die in so kurzer Zeit so große Energiemengen verbraucht und dabei nicht nur zu Emissionen von CO2 führt, sondern auch noch zu anderen klimawirksamen Gasen."
Industrieländer schneiden schlecht ab
Und was Gössling auch vorrechnet: Wer fliegt eigentlich auf wessen Kosten? Im vergangenen Jahr gab es etwas mehr als vier Milliarden Passagiere. Das klingt nach der halben Weltbevölkerung. Allerdings: Meist fliegen Passagiere ja hin und zurück – und dann sind darunter auch Vielflieger. Daraus ergibt sich dann, dass weniger als drei Prozent der Weltbevölkerung überhaupt schon mal international geflogen sind. Sprich: Wenn wir uns die CO2-Emissionen anhand der Passagiere anschauen würden, würden die Industrieländer da ziemlich schlecht abschneiden.
Stefan Heinlein: Fliegen teurer machen ist eine Forderung von Klimaschützern: Wie könnte denn eine CO2-Abgabe im Luftverkehr aussehen?
Sina Fröhndrich: Sie könnte auf die Tickets draufgeschlagen werden - je nach Distanz. Ob das eine Lenkungswirkung haben würde, hängt sicher von der Höhe ab, und bei Geschäftsreisenden würde ich noch ein Fragezeichen dahinter setzen: Denn wenn da geflogen werden muss, wird auch geflogen. Und schauen wir uns mal die Abgabe an, die es schon die gibt: Die Luftverkehrssteuer, die für Flüge aus Deutschland in andere Länder erhoben wird - den Flugverkehr gebremst hat sie in den vergangenen Jahren eigentlich nicht.
Geld besser in Forschung anlegen als zu spenden
Stefan Heinlein: Passagiere können ihren Flug ja kompensieren und die Fluglinien beteiligen sich am CO2-Zertifikatehandel - bringt das nichts?
Sina Fröhndrich: Kritiker sagen zum CO2-Zertifikate-Handel: Die Zertifikate seien noch immer zu billig, um zu wirken. Und zur privaten Spende: Es hilft sicherlich dem eigenen Gewissen, wenn man Geld spendet, um Bäume zu pflanzen – bei der Lufthansa soll das künftig schon in der Buchungsmaske der Fall sein. Aber hören wir nochmal die Meinung von Stefan Gössling: "Es ist eine sehr billige Maßnahme und leitet keinen weiterfristig denkenden Fortschritt ein, um zum Beispiel neue Technologien zu entwickeln." Also, das Geld wäre besser in der Forschung angelegt, meint er.
Stefan Heinlein: Woran ist da zu denken?
Sina Fröhndrich: Sparsamere Flugzeuge: Die Lufthansa hat zuletzt 40 neue Maschinen gekauft. Einsparungen: 1,5 Millionen Tonnen CO2 im Jahr. Das rechnet sich, weil dadurch auch Treibstoff gespart wird. Wir sehen an den Quartalszahlen der Lufthansa von heute, dass der hohe Kerosinpreis die Bilanz deutlich drückt. Die Frage ist aber: Was bringen effizientere Flugzeuge, wenn der Flugverkehr insgesamt wächst? Und wie voll sind diese Flugzeuge? Sind sie ausgebucht? Das ist meist nicht der Fall.
Zweites Thema: alternative Kraftstoffe, Biokerosin, das auch die Lufthansa erprobt. Aber marktreif ist noch keiner. Der Konzern hat auf Anfrage erklärt: Noch sei Biokerosin fünf Mal teurer als normales Kerosin. Das rechnet sich also noch nicht. Immerhin führt der Konzern an: Der durchschnittliche Kerosinverbrauch je 100 Passagierkilometer hat sich gegenüber 2008 um durchschnittlich 1,7 Prozent pro Jahr reduziert. Allerdings: Das heißt nur, dass effizienter geflogen wird, aber nicht, dass insgesamt weniger Kerosin verbraucht wurde.