Ein Bär mit ausgebreiteten Armen, in einer Hand ein Schild. Das ist das Symbol der App "Gegen Nazis". Jessica Zeller führt sie vor. Sie öffnet die App, tippt auf das Feld Aktionen, und es zeigt sich eine Berlinkarte. Darauf ist ihr eigener Standort zu sehen. In einem anderen Bezirk findet eine Demonstration von Neonazis statt:
"Das sehe ich daran, dass es eine Route gibt. Diese Route ist braun. Wäre es eine Gegenkundgebung, dann wäre die Route orange. Ähnlich sehe ich verschiedene Marker. Die Marker haben Icons. Unser Marker für die Gegenkundgebung ist ein orangener Bär. Die Nazi-Kundgebung ist braun und hat einen kleinen Hundehaufen als Symbol."
Weil die gerade freigeschaltete App keine aktuellen Informationen hat, greift Jessica Zeller vom Netzwerk "Berlin gegen Nazis" auf einen geplanten Naziaufmarsch von Ende November in der Nähe eines Flüchtlingsheims in Hellersdorf zurück. Sie tippt auf einen der Marker. In einem Fenster erscheint ein kurzer Text:
"Da kriege ich die Kurzinfos: Was ist da, wo ist es und was passiert da? Und in dem Falle sehen wir, okay, um 13 Uhr geht's los. Und hier reden nicht nur Vertreterinnen und Vertreter der Initiative 'Hellersdorf hilft', sondern auf der Bühne ist auch Integrationssenatorin Dilek Kolat, der Bezirksbürgermeister von Marzahn-Hellersdorf, Stefan Komoß, und es gibt Livemusik."
Informationen mit einem Klick
All diese Informationen können mit einem Klick heruntergeladen, oder direkt in sozialen Netzwerken weiterverbreitet werden. Die App wird von Mitarbeitern des Projektes "Berlin gegen Nazis" und der "Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Berlin" mit Informationen gefüttert. Getragen werden beide Projekte vom Verein für demokratische Kultur. Dessen Geschäftsführerin Bianca Klose freut sich, dass viele zivilgesellschaftliche Institutionen als Partner die App "Gegen Nazis" unterstützen:
"Das heißt, wir haben ganz gezielt jene Strukturen angesprochen, die sich bisher nicht so beteiligt haben am Engagement gegen Rechtsextremismus. Das heißt Wirtschaftsunternehmen genauso wie Kirchenstrukturen, Gewerkschaften, Kulturbetriebe etc. Und wir setzen vor allem darauf, dass der Gegenprotest bei rechtsextremen Aktivitäten dieser Stadt erweitert wird."
Die App ist dreisprachig: deutsch, englisch und türkisch. Unter den Partnern befindet sich auch der Türkische Bund Berlin-Brandenburg, TBB, mit 32 Mitgliedsvereinen. Dessen Geschäftsführer Fuat Şengül betont, dass sich der TBB stets gegen Rechtsextremismus und Rassismus einsetzt. Bisher schicke der Verband Informationen über einen E-Mail-Verteiler an ca. 4.500 Personen. Mit der App könne man sie schneller erreichen:
"Ich denke, das ist eine wichtige Brückenfunktion der App, um auch die türkeistämmige Community hier in Berlin zu mobilisieren und zum Engagement gegen Nazis zu bewegen. Von daher werden wir das verstärkt nutzen. Und wir werden auch auf diese App auf unserer Webseite und auf verschiedenen Kanälen hinweisen und aufmerksam machen."
Kundgebungen von Rechtsextremisten finden in letzter Zeit häufig gegen Flüchtlinge statt. Aber auch in Fußballstadien ist das ein Dauerthema. Christian Rudolph ist Vorstand der Gruppe Aktive Fans beim Fußballverein Tennis Borussia Berlin. Für Rudolph bieten sich viele Möglichkeiten, wie die App bei rechtsextremen Vorfällen genutzt werden kann. Aktive Fans können die Betreiber der App mit Informationen beliefern, sagt er. Aber sie können auch selbst schneller informiert werden:
"Grade wenn wir uns im Fußball bewegen, haben wir nicht immer die Möglichkeit, geschlossen zu reisen. Und da ist es, glaube ich, für kleinere Gruppen, informiert zu sein, wo vielleicht Vorfälle stattfinden."
Übrigens sammelt die App "Gegen Nazis" im Gegensatz zu vielen anderen keine persönlichen Daten. Auch der eigene Standort wird nicht erfasst. Er ist nur für den Nutzer selbst zu sehen.