Archiv


Der König der Spiele

"Twixt", "Incognito", "Top Secret": Alex Randolph hat nicht nur zeitlebens begeistert gespielt, sondern auch leidenschaftlich Spiele erfunden. Am 4. Mai wäre der "Godfather of Games" 90 Jahre alt geworden - für das Deutsche Spielearchiv Anlass, ihn mit einer großen Schau zu ehren.

Von Thomas Senne |
    "Als Kind war ich natürlich sehr am Spiel interessiert, aber komischerweise hat das nie aufgehört. Ich habe entdeckt, ganz aus Zufall, dass es möglich war, vom Schaffen eines Spieles auch in unserer komischen Welt zu leben."

    Inzwischen gilt Alex Randolph längst als "Godfather of Games", als König der Spieleerfinder. Sein Erfolgsgeheimnis:

    "Es lag an der Qualität seiner Vorarbeit, seiner Prototypen seiner natürlich vielen Ideen und auch an der Beharrlichkeit, die Sachen auch durchzuziehen und das zu machen. Und: Er war sieben Tage in der Woche in seinem Atelier","

    sagt Ausstellungsleiterin Stefanie Kuschill. Im Haus vom Deutschen Spielearchiv Nürnberg präsentiert sie rare Objekte aus der Werkstatt des 2004 verstorbenen "Grandseigneurs der Spielewelt".

    ""Er hat auch viele Anregungen aus Japan und Amerika mitgenommen, aber er hat in Deutschland eben auch den Spielemarkt entdeckt."

    Etliche Prototypen aus Papier oder Holz sind jetzt hinter Vitrinen zu finden und natürlich: jede Menge realisierte Spiele. In den unterschiedlichsten Variationen. Namen wie "Hol’s der Geier", "Incognito", "Tempo, kleine Schnecke" oder "Rüsselbande". "Twixt" hat er zusammen mit dem ehemaligen Chefredakteur des MAD-Magazins Herbert Feuerstein im Wiener Szenecafé Hawelka auf Schreibblöcken entwickelt. Und dann ist da noch "Sagaland", die wohl bekannteste Kreation, an der Randolph federführend mitgewirkt hat: Millionenfach ist dieses Familienbrettspiel bereits über die Ladentheke gegangen und in über zehn Sprachen übersetzt worden. Plötzlich ist Alex Randolph selber zu hören und er erzählt, quasi posthum, von seinem Beruf, der ihm zur Berufung wurde - in einem Videofilm der Ausstellung.

    "Es gibt eben Leute, die das Glück haben, zu entdecken, was sie am meisten begabt sind. Und ich glaube, bei mir ist es die Spielwelt.”"

    Ob Strategiespiele, ob Karten-, Würfel- oder Legespiele - gerne verwendete Randolph dazu Elemente altbekannter Spiele, um diese dann mit eigenen Zutaten völlig neu zu arrangieren. Zwei Kinderkreisel zum Beispiel werden so zu unkonventionellen Kämpfern in einem Boxring und sind in der japanischen Weiterentwicklung immer noch bei Jungens absolut angesagt, nur dass sie ihre Beyblade-Kämpfe nun auch noch via YouTube dokumentieren.

    ""Er hat’ s mal selber gesagt: Warum erfindet man denn eigentlich Spiele? Schach und Poker gibt’ s doch schon. Aber er hat eben Freude daran gehabt, neue zu kombinieren, neue Spiele zu machen und aus verschiedenen Spielprinzipien wieder etwas Neues zu bauen"

    "Top Secret!" heißt die Nürnberger Schau und spielt damit nicht nur auf das gleichnamige Spiel von Randolph an. Denn auch mit seinem Leben spielte er gern Verwirrspiele. Er wohnte in Japan, Italien, Österreich und den USA und liebte die Verschleierung seiner Herkunft über alle Maßen. Vielleicht mit ein Erbe seiner Tätigkeit als US-Geheimagent. Als einer der sogenannten "Richie Boys" wurde er ausgebildet, um bei den Nazis zu spionieren. Wozu es aber offenbar nie kam. Wo Randolph genau geboren wurde, weiß jedenfalls keiner. Wahrscheinlich in Südböhmen. Verbrieft aber ist, dass er 2004 in Venedig starb, wo er viele seiner Spiele entwickelt hat. Ein Kosmopolit, an den die Nürnberger Präsentation kurzweilig erinnert: die kreative Ausbeute eines Mannes, der nur dann Mensch war, wenn er spielte.