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Der Papst und die Medien
Wird Radio Vatikan abgeschaltet?

Papst Franziskus hat 2015 angekündigt, vatikanische Kommunikationsstrategien zu reformieren. Mit dem Kommunikationspräfekten wurde dafür ein neues Amt geschaffen, eine Art Kommunikationsminister des Papstes. Viele Medienmitarbeiter im Vatikan haben nun Angst: Wird Radio Vatikan verschwinden? Wird es abgelöst? Und wenn ja, durch was?

Von Thomas Migge |
    Funkmast Radio Vatikan, seit 1931 wird von Rom aus in die ganze Welt gesendet.
    Seit 1931 sendet Radio Vatikan von Rom aus in die ganze Welt. (AFP / ALBERTO PIZZOLI)
    Wer auf der Kurzwelle auf der Suche nach einem Rundfunksender auf dieses Signal stößt, hat Radio Vatikan gefunden. Die erste Sendung von Radio Vatikan wurde am 12. Februar 1931 ausgestrahlt - mit einer Botschaft von Papst Pius XI. - gesprochen in lateinischer Sprache. Heute ist Radio Vatikan ein Sender mit 37 Redaktionen. Radio Vatikan sendet in 37 Sprachen - und das weltweit.
    Das kostet - und zwar rund 20 Millionen Euro. Die werden aus dem Budget des Vatikans bestritten. Werbung gibt es keine, und circa 300 Journalisten und Mitarbeiter weltweit wollen bezahlt werden. Mit den hohen Kosten für den Papstsender soll es bald vorbei sein. Der traditionelle Rundfunksender der Päpste wird nach dem Willen von Papst Franziskus Teil des 2015 geschaffenen neuen Kommunikationssekretariats. Dessen Chef, eine Art Super-Kommunikationsminister des Papstes, ist der katholische Geistliche, Filmexperte und Ex-Direktor des vatikanischen Fernsehzentrums Dario Edoardo Viganò:
    "Papst Franziskus will die gesamte Kommunikation des Kirchenstaats neu organisieren. Es geht um einen kompletten Umbau aller vatikanischen Kommunikationsformen. Dazu gehört auch die Vatikanbuchhandlung, der Pressesaal und auch das Fernsehzentrum."
    Und eben auch Radio Vatikan. Wann genau mit der Umsetzung der Reform des vatikanischen Kommunikationswesens begonnen wird, ist unklar. Zunächst hieß es im Dezember, jetzt ist von Anfang 2017 die Rede. Fest steht nur, das bestätigen verschiedene Quellen, dass ein radikaler Umbau bevorsteht.
    Auf dem Weg zum modernen Medienunternehmen
    Nicht wenige Journalisten befürchten, der defizitäre Rundfunksender, so ein Mitarbeiter, der namentlich nicht genannt werden, solle "eingedampft" werden: weniger Programme, weniger Mitarbeiter. Steht also das Ende eines vielfältigen Programms bevor, das nicht nur aus Papstmessen besteht, sondern auch aus internationaler Politik-, Musik- und Kultur-Berichterstattung? Für Bernd Hagenkord sind in Sachen Kommunikationsreform im Vatikan noch viele Fragen offen. Der Jesuit ist Leiter der deutschsprachigen Redaktion bei Radio Vatikan:
    "Es kann sein, dass die Marke Radio Vatikan verschwindet. Es kann sein, dass wir unter einem neuen Logo erscheinen. Das ist alles noch nicht raus. Wir werden versuchen, ein, ich nenne es mal so säkular, Medienunternehmen auf die Beine zu stellen. Nicht einfach nur die, die da sind, zusammenzukleben und zu gucken, was dabei heraus kommt, sondern wirklich neu zu denken: Wie muss man heute modern Medien machen? Und dann, und das ist die Extraschwierigkeit bei uns, das in 37 Sprachen zu machen. Diese Geschichten zusammenzubringen, ist wahnsinnig komplex."
    Bernd Hagenkord, Leiter der deutschsprachigen Redaktion.
    Bernd Hagenkord, Leiter der deutschsprachigen Redaktion. (Radio Vatikan / dpa)
    Für die Befürworter der Medienreform im Kirchenstaat geht es vor allem um die Frage, wie sich die Medienlandschaft im 21. Jahrhundert verändert. Für Giacomo Galeazzi ist es an der Zeit, den seiner Meinung nach, Zitat, "logistisch veralteten Laden umzukrempeln". Galeazzi ist Vatikanexperte der liberalen Tageszeitung "La Stampa":
    Der Vatikan und das Silicon Valley
    "Es geht darum, Strukturen, Institutionen und Handlungsabläufen zu vereinfachen. Dass Radio Vatikan, der Fernsehsender aber auch die Papstzeitung 'Osservatore Romano' allein vor sich hin arbeiten - das geht künftig nicht mehr, so Papst Franziskus, der radikal sparen will und muss. Sein Ziel ist eine logistische Konzentration. Bis vor kurzem gab es fünf vatikanische Büros für die Kommunikation!"
    Alle vatikanischen Büros, die mit Kommunikation zu tun haben, und alle Ausspielwege zusammenzuführen - das soll via Internet gelingen. Das neue Kommunikationssekretariat arbeitet derzeit an einer Internetplattform, in Zusammenarbeit mit einem noch nicht namentlich bekannten Anbieter aus dem US-amerikanischen Silicon Valley, auf der alles zusammen finden soll: Papstfernsehen und Radio, die Papsttageszeitung, Videos, Podcasts etc. Eine vatikanische Internetplattform, die komplett über alles informieren wird, was im Kirchenstaat geschieht und was der Papst macht: wohin er reist, was er sagt, was in seinem Namen veröffentlicht wird.
    Papst Franziskus begrüßt den Facebook-Gründer Zuckerberg.
    Papst Franziskus begrüßt den Facebook-Gründer Zuckerberg. (dpa/picture-alliance/Michael KappelerL'Osservatore Romano)
    Während der Kommunikationsminister des Papstes von einer, Zitat, "dringend notwendigen Reform zur Kostenreduzierung" spricht, befürchten Gegner und Kritiker des Projekts, darunter nicht wenige betroffene Journalisten aus dem Vatikan, dass zukünftig die gesamte Kommunikation von einem einzigen Büro aus kontrolliert wird: von dem des allmächtigen Kommunikationsministers. Auf dem Spiel scheinen also Programmvielfalt und redaktionelle Unabhängigkeit zu stehen.
    Radio schlägt Internet?
    Auf dem Spiel steht aber auch, meint Bernd Hagenkord, das Prinzip der Erreichbarkeit. Denn wenn der Vatikan nur noch via Internet ausstrahlt, was ist dann mit jenen - nicht wenigen - Missionsstationen, Klostergemeinschaften und Gemeinden, die nicht über eine regelmäßige Stromversorgung verfügen oder zu wenig Computer besitzen, um die geplante Internetplattform zu empfangen?
    Bernd Hagenkord: "Das ist eine interessante Frage. Radio ist immer noch das demokratischste aller Medien. Dafür brauchen wir eine Batterie, ein Kabel, Lautsprecher, um Radio zu hören. Ich brauche kein kompliziertes Netz, um Internet zu empfangen. Damit komme ich in Gegenden hinein, die sonst überhaupt keine Chance haben, medial irgendwo stattzufinden. Und wenn ein Journalist von Radio Vatikan in Afrika in einem Flüchtlingslager ist, die hören alle Radio da! Von daher ist das Dienst an denen, die nichts haben, die ausgeschlossen sind."
    Der Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan geht deshalb davon aus, dass das klassische Radioformat weiter existieren wird. Wie genau ist noch unklar, aber, so Hagenkord, der Vatikan wäre ja dumm, wenn er auf die schier unermessliche Reichweite des Radios verzichten würde.