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Deutsch-israelische Beziehungen
"Deutschland ist für Israel unentbehrlich geworden"

Vor 50 Jahren haben Deutschland und Israel offiziell diplomatische Beziehungen aufgenommen. Seitdem habe sich das Verhältnis beider Länder normalisiert, sagte der israelische Diplomat Avi Primor im DLF. Das Wiedergutmachungsabkommen sei der Anfang vom Ende der Verdrängung in Deutschland gewesen.

Avi Primor im Gespräch mit Rainer Berthold Schossig |
    Avi Primor
    Avi Primor, Präsident der israelischen Gesellschaft für Auswärtige Politik (picture alliance / dpa / Uwe Zucchi)
    Israel kooperiere heute mit Deutschland mehr als mit jedem anderen Land - außer den USA, betonte Avi Primor im Deutschlandfunk. Der frühere Botschafter Israels in Deutschland sagte, dass die Israelis die Beziehungen zu Deutschland eher als normal betrachteten als die Deutschen: "Ich glaube, dass die Deutschen noch befangen sind, viel mehr als wir."
    Zu dieser Normalisierung der Beziehungen trage bis heute das Wiedergutmachungsabkommen bei, das der frühere israelische Präsident Ben Gurion mit dem ehemaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer ausgehandelt hatte. Gurion sei an deutschen Industriegütern interessiert gewesen, um eine Volkswirtschaft in Israel aufzubauen, so Primor. Viele Israelis seien aber nur widerwillig nach Deutschland gereist, um sich mit den Maschinen vertraut zu machen. Sie hätten Gespräche mit den Deutschen abgelehnt.
    Ende der Verdrängung beschleunigte Normalisierung
    Dabei hätten sich jedoch zunehmend zwischenmenschliche Beziehungen entwickelt, "die das Deutschland-Bild in Israel total verwandelt haben". Schließlich habe die 68er-Bewegung in Deutschland zur Aufarbeitung der Shoah beigetragen. Seitdem würde das Verhältnis beider Länder nicht mehr durch die Verdrängung der Geschichte belastet.
    Die Freundschaft zu Deutschland kann laut Primor nur aufrecht erhalten werden, "wenn wir offen und ehrlich miteinander sprechen". Dazu gehöre auch, Kritik zu äußern. Im Hinblick auf die teils antisemitischen Demonstrationen in Deutschland während des Gaza-Krieges im vergangenen Sommer äußerte Primor die Einschätzung, die Proteste seien hauptsächlich von Muslimen organisiert worden. Sie hätten sich von der Situation im Nahen Osten betroffen gefühlt. Die Bundesregierung habe - wie der Großteil der Bevölkerung - versucht, antisemitische Proteste zu bekämpfen.
    Das Interview mit Avi Primor können Sie in unserem Audio-On-Demand-Bereich nachhören.