Sie ist immer noch DER Börsenplatz der Welt, die Wall Street in New York. Täglich eröffnet die Glocke ein weitgehend reguliertes und transparentes Geschäft. Aber es gibt auch einen intransparenten Teil, der aus Networking und Seilschaften besteht und Fragen bei deutschen Beobachtern aufwirft: Warum wird die Deutsche Bank so hart von den amerikanischen Justizbehörden angegangen?
14 Milliarden Dollar Strafe drohen der Bank für die Teilhabe an unseriösen Immobiliengeschäften in den Jahren vor der Finanzkrise. Die Bank will sie nicht bezahlen und kann es wohl auch nicht.
Es gehe den US-Behörden dabei nicht um Wiedergutmachung und Gerechtigkeit, vermutet der Finanzwissenschaftler Max Otte:
Die Milliardenstrafen für die Deutsche Bank, die vom Justizministerium gefordert werden, sind sicherlich auch Teil eines systematischen Wirtschaftskrieges, auch bei VW, bei anderen europäischen Unternehmen. Die Strafen, die parallel für amerikanische Unternehmen verhängt werden, wie zum Beispiel jetzt für die Wells Fargo Bank, sind sehr viel geringer. Also, man muss da schon motiviertes, parteiisches Verhalten der amerikanischen Behörden annehmen.
Beim Verhandeln der Strafen wird auch Politik betrieben
Max Otte steht mit dieser Meinung nicht alleine da. Ähnlich denkt auch Wolfgang Gerke, der Präsident der Bayerischen Finanz-Zentrums. Er sagte dem ZDF:
"Die Deutsche Bank ist natürlich auch ein Konkurrent für amerikanische Banken. Nun muss man leider sagen: Die Deutsche Bank hat auch in Amerika Geschäfte gemacht, die man nicht machen durfte, die einfach unseriös waren – haben amerikanische Banken auch gemacht. Die haben das Ganze aber wesentlich schneller abgewickelt. Ich habe im Moment manchmal den Eindruck, dass beim Verhandeln der Strafen auch Politik betrieben wird."
Aber warum? Dass die Deutsche Bank Giganten wie JPMorgan Chase oder Goldman Sachs aus dem amerikanischen Markt drängen könnte, ist kaum glaubhaft. Und Strafzahlungen als Mittel gegen ausländische Konkurrenz – das erscheint dem Vizepräsidenten der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz unwahrscheinlich. Klaus Nieding:
"Was allerdings auffällig ist, ist, dass offensichtlich deutsche Unternehmen im Augenblick einen schlechten Stand haben in den USA. Wenn wir mal sehen, dass es ja ähnliche Fälle und Vorwürfe gegen andere internationale Banken gegeben hat, amerikanische wie auch ausländische Banken und die alle mit einem blauen Auge davongekommen sind, mit deutlich geringeren Geldbußen, Strafen, oder wenn wir den Fall Volkswagen mal herannehmen, auch bei dem Dieselskandal stehen ja drakonische Strafen im Raum. Aber ich würde jetzt nicht so weit gehen, dass man das hier mit prohibitiven Tendenzen vermischt, sondern meines Erachtens nach ist dies auch dem laufenden Wahlkampf in den USA geschuldet. Man will vielleicht auch seitens der staatlichen Behörden zeigen, dass eben dieser Staat auch funktioniert."
Das muss er wohl auch. Denn Banken, amerikanische und nicht-amerikanische, haben immer wieder US-Regeln verletzt. Nicht nur, dass sie die Finanzkrise von vor acht Jahren mit windigen Hypothekenkrediten herbeigeführt haben. Banken haben auch die amerikanische Außenpolitik unterlaufen, haben Sanktionen der Regierung missachtet, etwa gegen den Sudan, gegen Kuba und vor allem gegen den Iran.
Banken haben immer wieder US-Regeln verletzt
So hat zum Beispiel die französische Großbank BNP Paribas vor zwei Jahren eine Strafe von umgerechnet 6,6 Milliarden Euro akzeptiert. Die Summe, so der damalige Justizminister Eric Holder, enthalte eine Botschaft an alle, die in Amerika Geschäfte machten, die nämlich, dass illegales Verhalten nicht geduldet werde.
Dieser Appell wird immer noch gehört. Deutsche Banken halten sich aus dem langsam wieder anlaufenden Handel mit dem Iran raus. Aus Sorge um ihre amerikanische Banklizenz, aus Sorge vor weiteren Strafen, weil Amerika die Sanktionen gegen den Iran noch nicht so weit aufgehoben hat wie die EU. Das behindere die deutschen Exporte in den Iran, beklagt zum Beispiel Ulrich Ackermann, Leiter der Abteilung Außenwirtschaft im Maschinenbauverband:
"Viele Geschäftsbanken in Deutschland fürchten, dass sie mit ihren Geschäften mit dem Iran in Schwierigkeiten kommen könnten, weil sie auch ein nicht unerhebliches USA-Geschäft haben. Und in Amerika sind nach wie vor die primary sanctions in Kraft. Das heißt also, Bankgeschäfte dürfen auch amerikanische Banken im Moment noch nicht machen. Und das hat, wie gesagt, die Rückwirkung auf die deutschen und europäischen Banken und hindert sie daran, aktiver zu werden."
Rund 110 Milliarden Dollar eingetrieben
Banken verstehen die Sprache des Geldes. Und Amerika spricht diese Sprache laut und deutlich. Auch gegenüber heimischen Banken. Nach Berechnungen des "Wall Street Journals" haben US-Behörden rund 110 Milliarden Dollar eingetrieben, um Vergehen in der Finanzkrise zu ahnden:
16,7 Milliarden Dollar von der Bank of America,
13 Milliarden Dollar von JP Morgan Chase,
7 Milliarden Dollar von der Citigroup.
Alles amerikanische Geldhäuser, die der Internationale Währungsfonds im Blick hat, wenn er seinen regelmäßigen Bericht zur Stabilität des Finanzmarktes vorlegt. Vor ein paar Tagen war es wieder so weit. Und Matthew Jones aus der Finanzmarktabteilung des IWF, wollte sich zwar nicht zur Deutschen Bank äußern, wies aber den Verdacht parteilicher Bankenkontrolle in Amerika zurück:
"Harte Strafen gehören zu diesem regulatorischen Rahmen. Das ist ein fortlaufender Prozess. Denn wir wollen eine Kultur der Verantwortung im weltweiten Finanzsystem erwirken."
So bleibt die Deutsche Bank mit einer Strafe von 14 Milliarden Dollar bedroht. Vielleicht kann sie den Betrag runterhandeln. Goldman Sachs hatte in einem vergleichbaren Fall einem Bußgeld von rund 2,6 Milliarden Dollar zugestimmt, nachdem die amerikanische Regierung ursprünglich 15 Milliarden Dollar gefordert hatte.
Unternehmen zeigen Interesse an der Deutschen Bank
Doch zwischen der Forderung an Goldman Sachs und der an die Deutsche Bank soll im Justizministerium ein Personalwechsel stattgefunden haben – und der neue Mann, mit dem es die Deutsche Bank zu tun hat, gilt als "harter Hund". Mit ihm verhandelten Vorstände der Deutschen Bank am vergangenen Wochenende – es war auch eine Verhandlung um die Existenz des Geldhauses: Denn hohe Strafen würden ihre Ersparnisse aufbrauchen, gingen ans Eigenkapital.
Schon zeigen Banken und Unternehmen Interesse an der Deutschen Bank: Darunter Dax-Konzerne wie Daimler und BASF, außerdem große amerikanische Geldinstitute. Sie könnten sich vorstellen bei der Bank einzusteigen, sollte eine amerikanische Geldbuße in Milliardenhöhe einen solchen Schritt notwendig machen.
Im Moment scheinen sich die Anleger an der Börse damit zufriedenzugeben. Aber vor gut einer Woche hatten sie noch auf die Insolvenz gewettet – oder besser: auf die Rettung durch den deutschen Staat.
Auch in Brüssel sind die anhaltenden Spekulationen über die tatsächlichen oder vermeintlichen Schwierigkeiten bei der Deutschen Bank seit Wochen Thema. Immerhin geht es um die größte Bank in Deutschland und damit um ein systemrelevantes, weil auch innerhalb Europas eng vernetztes Geldinstitut. Doch wenn es um Nachfragen geht, wie bedrohlich die Nachrichten aus Deutschland sind, weicht die EU-Kommission beharrlich aus.
"Wir kommentieren weder Marktbewegungen noch Berichte zu einzelnen Banken. Ich kann Ihnen etwas sagen über die neuen Mechanismen, die für mehr Stabilität im Finanzsektor sorgen sollen. Oder etwas zur Bankenaufsicht. Aber nicht zu einzelnen Banken."
So eine Kommissionssprecherin. Doch in Brüssel hat auch der jüngste Bericht des Internationalen Währungsfonds zur nächsten möglichen Bankenkrise in Europa für einige Aufregung gesorgt. Laut IWF könnten bis zu 30 Prozent der europäischen Geldhäuser auf Dauer nicht überleben, weil sie schlicht nicht genug Geld verdienen. Und 26 Prozent der Institute dürften Mühe haben, in Zukunft profitabel zu arbeiten. Dabei geht es immerhin um ein Geschäftsvolumen in Höhe von 7,6 Billionen Euro.
Das Problem aus IWF-Sicht: ein Überangebot an Banken, ungelöste Altlasten und die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Letztere wiederum sei verantwortlich für die schlechte Ertragslage der Geldhäuser. Darauf müsse die EU reagieren, forderte erst jüngst der Chef der Liberalen im Europäischen Parlament, der ehemalige belgische Premierminister Guy Verhofstadt:
"Wir hatten Probleme mit griechischen Banken, irischen Banken, spanischen Banken; portugiesischen Banken, belgischen Banken, deutschen Banken – und jetzt ist es die Deutsche Bank, die nun im Fokus steht. Und für weitere Unsicherheiten sorgt. Was wiederum die Kreditklemme in Europa verlängern dürfte."
Doch andere beschwichtigen: Europa sei inzwischen durch die Bankenunion gut aufgestellt, auch wenn diese noch nicht vollständig umgesetzt ist. Aber die wichtigsten Bausteine sind verankert: die Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank wacht über 120 Bankengruppen mit einer Bilanzsumme von über 30 Milliarden Europa; es gibt die Gläubigerhaftung, einen Abwicklungsfonds sowie Regeln für die Sanierung beuiehungsweise Abwicklung einer Bank.
Und diese Mechanismen, so der Finanzexperte der Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold, würden im Falle eines Falles auch für den deutschen Branchenprimus gelten:
"Die Deutsche Bank ist in der Verpflichtung, dass ihr Abwicklungsplan dann ausgeführt wird. Und ihr Restrukturierungsplan. Wir haben dafür eine Europäische Behörde. In der EZB haben wir dazu eine Europäische Aufsicht. Und wir haben eine Zentralbank, die jetzt in diesem Bereich viel Erfahrung hat. Ich sehe im Augenblick überhaupt keinen Grund, neuen Staatshilfen das Wort zu reden."
Gläubiger in der Pflicht
Tatsächlich stünden selbst bei einer systemrelevanten Bank wie der Deutschen Bank erst einmal die Gläubiger in der Pflicht. Sie müssten sich an einem Verlust privat beteiligen, es ginge um mindestens acht Prozent der Bilanzsumme. Erst in einem späteren, genau festgelegten Verfahren wären staatliche Hilfen möglich. Private Vermögen von bis zu 100.000 Euro sind allerdings EU-weit geschützt. Auch der Direktor der Brüsseler Denkfabrik Center for European Policy Studies, Daniel Gros, hält deshalb die Debatte über mögliche Staatshilfen für die Deutsche Bank für schlicht überflüssig:
"Bei der Deutschen Bank gibt es keinen Grund, diese Regeln nicht anzuwenden. Es geht ja gerade darum, um eine Insolvenz zu vermeiden. Natürlich eine Insolvenz der Deutschen Bank, bei der ihre gesamten Geschäfte, die sie mit deutschen und anderen Finanzinstituten hat, dann wären alle diese Geschäfte plötzlich eingefroren. Das wäre eine Katastrophe für den europäischen Finanzmarkt. Aber ein Bail In hieß ja bloß, dass einige Kapitalgeber auf ihre Einlagen verzichten müssen. Dass aber die Geschäfte der Deutschen Bank weitergehen. Und das wäre keine große Gefahr."
Doch auch die Warnungen vor einer nächsten europäischen Bankenkrise - wie jüngst vom IWF skizziert - hält Gros für übertrieben. Nicht nur, weil die EU ihre Hausaufgaben nach der Finanzkrise größtenteils erledigt habe. Auch ganz praktische Gründe sprechen seiner Meinung dagegen, dass die Branche erneut in eine Schieflage geraten könnte:
"Das ist viel zu dramatisch. Die meisten Banken außerhalb Italiens leiden ja nicht darunter, dass sie irgendwelche Lasten aus der Vergangenheit haben. Sondern nur daran, dass die Zukunft nicht schön aussieht. Das aber ist etwas ganz anderes. Und außerdem sind die Sparer verzweifelt, weil sie nicht wissen, wohin mit ihrem Geld. Es wird also nicht dazu kommen, dass die Sparer ihre Konten abziehen. Deshalb - eine allgemeine Bankenkrise steht nicht vor der Tür."
Was allerdings nicht bedeutet, dass sich Anleger und Aufseher einfach entspannt zurücklehnen können. Noch ist beispielsweise die Krise bei den italienischen Banken nicht gelöst, dazu kommen jetzt die Spekulationen um die Deutsche Bank. Das alles sorgt für anhaltende Unruhe.
Keine allgemeine Bankenkrise
Auch wenn die Probleme eigentlich nicht neu seien, sagt der Finanzexperte der Grünen, Sven Giegold mit Verweis auf die Ergebnisse des Banken-Stresstests im zurückliegenden Sommer. Dabei hatten sowohl die Commerzbank als auch die Deutsche Bank unterdurchschnittlich abgeschnitten:
"Insgesamt sind die Kriterien für die Stresstests von der EZB gesetzt worden und haben dort das, was derzeit eigentlich am bedrohlichsten ist – das Niedrigzinsumfeld – bewusst nicht in das Stressszenario mit aufgenommen. Insofern war das an der Stelle Freizeitstress. Man hat getestet, was passiert, wenn die Zinsen ansteigen. Man hat aber nicht getestet, was passiert, wenn die Zinsen langfristig niedrig bleiben. Und Letzteres ist für die Banken sehr gefährlich. Und zwar nicht nur für die Deutsche Bank, sondern leider auch für die realwirtschaftlich orientierten Banken."
Diskutiert wird momentan aber hauptsächlich über das größte deutsche Geldinstitut, die Deutsche Bank. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble musste sich am Wochenende auf der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds Fragen nach der Zukunft der Deutschen Bank anhören, beantwortete sie aber nicht. Und auch die Bundeskanzlerin hält sich zurück:
"Zur Deutschen Bank möchte ich nur so viel sagen, dass die Deutsche Bank ein Teil des deutschen Banken- und Finanzwesens ist und dass wir uns natürlich wünschen, dass alle Unternehmen, auch wenn es temporäre Schwierigkeiten gibt, eine gute Entwicklung nehmen. Und darüber hinaus möchte ich das nicht kommentieren."
John Cryan, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, sah sich am letzten Septembertag immerhin genötigt mitzuteilen, die Bank sei im Grunde sicher aufgestellt wie nie, erfülle alle Eigenkapitalanforderungen und habe 215 Milliarden Euro an liquiden Mitteln als Sicherheitspuffer.
Dass es der Bank nicht gut geht, kann er natürlich nicht sagen. Zum Amtsantritt allerdings, vor gut einem Jahr, war er noch sehr offen und ging hart mit den Defiziten ins Gericht, die ihm frühere Manager hinterlassen hatten. Eine lausige Datenverarbeitung habe er vorgefunden, langsame Arbeitsprozesse, eine schreckliche und ineffiziente interne Organisation.
Das zu ändern, da sei er dran. Kürzlich hat die Bank zum Beispiel eine sogenannte Digitalfabrik eröffnet: Alle Kunden sollen fast alles überall mit dem Smartphone erledigen können. Das ist ein Ziel. Das komme auch in der Belegschaft an, erzählen Mitarbeiter. Sie spürten einen Aufbruch, ja den berühmten Kulturwandel. Viele seien grundsätzlich motiviert und bereit, die Ärmel noch weiter hochzukrempeln.
Aber es gibt auch Ärger über "die da oben" in der Bank. Für die tatsächlich Schuldigen an den Manipulationen und unseriösen Geschäften wünschen sich auch Deutsche Bank-Mitarbeiter harte Gefängnisstrafen. Und Mitleid, wenn Kollegen mit siebenstelligem Jahresgehalt den Job verlieren, gebe es nicht. Die Hedgefonds, die auf die Pleite der Bank gewettet hatten, werden eher als Teil des Geschäfts gesehen: "Wir sind große Jungs", sagt einer. Er wisse, wie solch eine Transaktion funktioniere. Einer sei immer das Opfer, diesmal eben die Deutsche Bank.
Diese Gelassenheit findet sich da, wo Filialen geschlossen werden, nicht. 9.000 Stellen werden weltweit gestrichen. In Deutschland sind es 4.000. Vorige Woche wurden die letzten tausend Aufhebungsverträge unterschrieben. Jan Duscheck betreut die Bank für die Gewerkschaft Verdi. Sein Eindruck von der Stimmung im Haus:
"Die Stimmung unter den Beschäftigten ist natürlich schlecht und immer noch von einer großen Unsicherheit geprägt. Es gibt immer noch viele Kolleginnen und Kollegen, für die überhaupt nicht klar ist, wie und wo es für sie weitergeht. Wir betrachten mit Sorge, dass dieser Zustand jetzt schon so lange anhält."
Ob sich diese Stimmung bald bessern wird, ist ungewiss. Denn John Cryan, der Vorstandsvorsitzende der Bank, weiß, dass nicht nur die Deutsche Bank ein Problem hat, sondern die ganze Branche. Es müssten Banken vom Markt verschwinden, meint er und sagte es ganz unverblümt:
"Es gibt in Deutschland schlicht zu viele Banken. Anders als in Spanien, Frankreich oder Nordeuropa kam es hier nie zu einer großen Welle von Zusammenschlüssen.
Das deckt sich mit Analysen der Wissenschaft. Jan Pieter Krahnen, Professor für Finanzmarktstabilität an der Universität Frankfurt:
Die Bankensysteme, die wir jetzt in vielen europäischen Ländern sehen, zeichnen sich im internationalen Vergleich ganz besonders durch ihre fehlende Profitabilität aus. Die Banksysteme in Europa sind zu groß. Sie haben zu viele Beschäftigte. Sie verwenden zu alte Technologien. Und das in einer großen Breite.
Europas Kreditwirtschaft wird schrumpfen
Wo wenig Profit entsteht, ist die Versuchung zu gewinnträchtigen Geschäften immer groß. Damit steigen auch die Risiken. Und womöglich auch die Bereitschaft zu Manipulationen. Dies zu verhindern, ist der Deutschen Bank in der Vergangenheit nicht gelungen, sagt ihr ehemaliger Chefvolkswirt Thomas Mayer:
"Die Deutsche Bank traf es besonders hart. Man muss natürlich auch hinterfragen, ob die Deutsche Bank intern die Rechtsrisiken genauso gut gemanagt hat wie die Marktrisiken. Die Marktrisiken immerhin wurden so gemanagt, dass man zumindest im Auge des Hurrikans, des Finanzsturms musste man nicht zum Staat gehen. Bei den Rechtsrisiken stellt sich heraus, dass die Rechtsrisiken nicht gut gemanagt worden sind. Da wurde man eingeholt. Da erwischte es einen auf einer Seite, auf die man nicht vorbereitet war, mit der man nicht gerechnet hatte."
Seriöses und gewinnbringendes Geschäftsmodell gesucht
Europas Kreditwirtschaft wird schrumpfen, mit ihr die deutsche und deshalb auch die Deutsche Bank. Die strukturellen Defizite sind - vielleicht unbeabsichtigt - durch die amerikanischen Strafandrohungen in einem existenziellen Maße offenbar geworden.
Für die Deutsche Bank hängt alles daran, zunächst die drohende 14-Milliarden-Dollar-Strafe abzuwenden und eine niedrigere Summe auszuhandeln. Damit sie überleben kann. Aber für die Deutsche Bank geht es noch um mehr: Die amerikanische Börsenaufsicht verlangt von ihr ein seriöses und gewinnbringendes Geschäftsmodell - Das zu etablieren, kann auf dem amerikanischen Markt sehr schwierig werden.