Das Bürgerfest fand nach den Sprengstoff-Anschlägen vom Donnerstag unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt. Der sächsische Ministerpräsident Tillich mahnte dort - auch mit Blick auf die jüngste fremdenfeindliche Gewalt - weitere Anstrengungen zur Vollendung der inneren Einheit an.
Deutlicher wurde die Bundeskanzlerin, die mit ihrer Videobotschaft den Hauptakzent des Tages setzte. Merkel forderte, das Motto "Wir sind das Volk" nicht von Rechten vereinnahmen zu lassen - und warnte davor, die geschichtlichen Hintergründe zu vergessen. Der Ruf sei in der DDR sehr emanzipatorisch gewesen, so Merkel. Menschen, die in der sozialistischen Diktatur nicht zu Wort kamen, hätten damit auf sich aufmerksam gemacht. Heute werde der Ruf von Menschen bemutzt, die glaubten, zu kurz gekommen zu sein - darunter seien auch Leute mit rechtem Hintergrund. Dagegen müsse man auftreten, betonte Merkel, denn: "Alle sind das Volk."
Merkel lobte ausdrücklich den Umgang der sächsischen Staatsregierung und der sächsischen Gesellschaft mit solchen Strömungen. Diese hätten sehr gut reagiert, in dem sie sagten: "Wer glaubt, dass er Probleme hat, die durch die Gesellschaft oder durch die Politik nicht wahrgenommen werden, der soll sie äußern." Das sei gelebte Demokratie, so die Kanzlerin.
In der Sächsischen Zeitung räumte Merkel, ein, dass es Schwerpunkte von Fremdenhass in einigen Gegendenden der neuen Bundesländer gebe. Das hatte der Bericht zum Stand der Deutschen Einheit festgestellt. Sie wisse aber auch, so Merkel, dass das Führungspersonal, beispielsweise der NPD, zum Teil aus den alten Bundesländern gekommen sei.
Nirgendwo in Deutschland gibt es gemessen an der Bevölkerungszahl mehr fremdenfeindliche und rechtsextreme Gewalttaten als in Sachsen. Mit der Pegida-Bewegung ist vor allem die Landeshauptstadt zum Symbol einer neuen rechtspopulistischen und nationalistischen Bewegung geworden.
Der ehemalige Bundestagspräsident Thierse forderte im Deutschlandfunk einen selbstkritischen Blick mit der Entwicklung. Die Stimmungslage in Ostdeutschland sei aus verschiedenen Gründen anders als im Westen, gerade in Bezug auf das Thema Umgang mit Ausländern. Der Historiker Justus Ulbricht spricht im Deutschlandfunk von einem "Entwertungs- und Überfremdungsgefühl", das immer wieder durch bestimmte Entwicklungen bedient werde.
Dresden erwartet an den drei Festtagen insgesamt rund 750.000 Besucher. 2.600 Beamte sind in der Stadt unterwegs, um die Feierlichkeiten abzusichern. Zum zentralen Festakt am Montag werden auch Bundespräsident Gauck und die Bundeskanzlerin erwartet.
(mg)