Archiv

DFB, UEFA und FIFA
"Korruption ist weiterhin ein Kernkonzept"

In sieben Jahren möchte der DFB die Fußball-Europameisterschaft ausrichten. Doch die Sommermärchen-Affäre holt den Fußball-Bund immer wieder ein. International sorgt der Abschied des russischen Vize-Premiers und WM-Organisationschefs, Witali Mutko, aus der FIFA-Führung für Aufsehen.

Thomas Kistner im Gespräch mit Matthias Friebe |
    Der EM-Pokal beim Finale der Europameisterschaft 2016 am 10.07.2016 im Pariser Stade de France.
    Wird der EM-Pokal 2024 in Deutschland vergeben? (Imago)
    Für die Europameisterschaft 2024 bewerben sich zwei Landesverbände: der deutsche und der türkische Fußballverband. "Da treffen die Richtigen aufeinander: die Deutschen mit ihrer ungeklärten WM-Affäre und die Türken mit ihren absurden Spielmanipulationsaffären", kommentiert der Experte der Süddeutschen Zeitung, Thomas Kistner. Es sei deshalb gut, dass die Politik auf Aufklärung in der Sommermärchenaffäre drängt.
    In der Affäre hatte es neue Entwicklungen gegeben und Kistner wundert sich, dass der Aufklärungseifer der Staatsanwaltschaft in bestimmten Punkten nicht größer ist: "Das ist die Absurdität in dieser Affäre , denn das beim Sommermärchen geschmiert wurde, scheint jenseits jedes vernünftigen Zweifels als gesichert. Da genügt es auf den Zehn-Millionen-Vertrag der Bewerber mit Jack Warner hinzuweisen." Der DFB habe sich eine mindestens sieben Millionen Euro teure Aufklärungsarbeit der Kanzlei Freshfields geleistet, was eine übrigens sehr hohe Summe für einen gemeinnützigen Verband darstelle, und diese Aufklärungsarbeit habe ein Ergebnis gebracht, was dem DFB in die Karten spiele, aber nach gründlicherer Aufklärung durch die Ermittlungsbehörden verlange.
    "Figuren aus Zeiten des tiefsten Morastes"
    Auch bei den Abstimmungen für die Austragung der EURO 2024 erwartet Kistner keinen fairen Wettstreit: "Über die Euro entscheiden auch dieses Mal die UEFA-Spitzenleute und da sitzen noch immer Figuren, die aus Zeiten des tiefsten Morastes in der FIFA und der UEFA übrig geblieben sind. Korruption ist weiterhin ein Kernkonzept bei Wahlen in großen Sportverbänden."
    Neben der EM sorgt auch die WM für Schlagzeilen. Witali Mutko, russischer Vize-Premier, früher Sportminister und jetzt Chef des Organisationskomitees der nächsten WM 2018 in Russland wird in Zukunft nicht mehr Mitglied im FIFA-Council sein. Kistner beklagt, dass in der FIFA klare Regeln oft nicht oder erst sehr spät Anwendung finden. "Das ist das Hauptproblem, dass die Sportfamilie in ihren Funktionärsschienen immer wieder die passenden Leute hochzieht. Man muss drauf schauen, dass wenigstens in die unabhängigen Gremien Leute von draußen kommen", so Kistner.