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Die FIFA und Russland
ARD erkennt keine Einschränkung der Pressefreiheit

Der Deutsche Journalisten-Verband verlangt "freie Berichterstattung", "FIFA kuscht vor Putin" titelt die "Bild". Hintergrund ist die eingeschränkte Akkreditierung zum WM-Vorbereitungsturnier Confed Cup für einen Journalisten der Zeitung. Doch nicht alle können die Aufregung nachvollziehen.

Von Matthias Friebe |
    So sieht der Ball aus, der beim Confed Cup in Russland rollen soll.
    So sieht der Ball aus, der beim Confed Cup in Russland rollen soll. (picture alliance / Alexei Danichev / Sputnik / dpa)
    Vier Tage ist es her, dass SWR-Redakteur Oliver Frick von der FIFA seine Akkreditierungsbestätigung für den Confed Cup im Juni in Russland bekam. "Da steht ganz normal Oliver-Uwe Frick, ARD Radio Management, und dann kommt ein Standard-Text, wie ich ihn kenne aus Südafrika 2009 oder aus Brasilien 2013 beim Confed Cup."
    Frick wird in Russland nicht zum ersten Mal das ARD-Hörfunk-Team leiten. Auffälligkeiten oder Verschärfungen der Bestimmungen hat er nicht festgestellt: "Es ist sogar eine Erlaubnis zum Filmen dabei zwischen dem 17. Mai und dem 10. Juli auch ganz gewöhnlich, dass man bei den Team-Basecamps filmen darf, dass man in den Städten filmen darf, dass man Kulturdenkmäler und so filmen darf - alles ohne spezielle Erlaubnis."
    Laut "Bild"-Zeitung beschränkt sich die Akkreditierung nur auf die Spielorte und nahegelegene Sehenswürdigkeiten. Daraus hatte das Blatt eine mögliche russische Zensur abgeleitet. Das kann der ARD-Teamchef nicht nachvollziehen: "Warum momentan vielleicht, das ist meine Vermutung, ein Übersetzungsfehler oder eine ganz weite Interpretation seitens mancher Kollegen dazu benutzt wird, hier wieder für Wirbel zu sorgen und Einschränkung der Pressefreiheit anzuprangern und so zu tun, als würden die deutschen Journalisten nur eingeschränkt vom Confed Cup berichten können, das kann ich absolut nicht bestätigen."
    DJV: "Neue Qualität der Einschränkung"
    Frank Überall, der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, kommt zu einem anderen Schluss: "Das ist eine neue Qualität der Einschränkung von Pressefreiheit. So in der Form, so streng, haben wir das noch nicht erlebt. Auch wenn die Regeln möglicherweise noch auslegungsbedürftig sind, in einem autoritären Staat möchte ich mich darauf aber nicht verlassen. Es kann nicht sein, dass möglicherweise Kolleginnen und Kollegen ins Gefängnis wandern, nur weil sie ihren Job machen."
    Aktuell liegt Russland in der Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" nur auf Rang 148 von 180. Deshalb hat Überall auch einen offenen Brief an FIFA-Präsident Gianni Infantino geschickt, in dem er an den Wert der Pressefreiheit erinnert und eine "radikale Änderung der Akkreditierungsbestimmungen" fordert: "Die Vereinten Nationen stehen für die Pressefreiheit und dann muss auch Russland sich danach richten. Es kann nicht sein, dass hier die Pressefreiheit mit Füßen getreten wird, wir wollen doch, dass beim Fußball nur der Ball mit Füßen getreten wird."
    Überall hofft auf ein Umdenken bei den Granden der Fußball-Funktionäre und setzt unter anderem auf DFB-Präsident Reinhard Grindel. "Der DFB hat sich ja auch schon glücklicherweise kritisch geäußert. Jetzt muss man eben auf FIFA-Ebene sehen, ob man mit dem russischen Staat da noch mal ins Gespräch kommen kann. Ich bin da skeptisch, ob das funktioniert, aber man sollte es nicht unversucht lassen."
    Keine offizielle FIFA-Stellungnahme
    In einer ersten Stellungnahme hatte der DFB-Präsident angekündigt, bei der nächsten Sitzung des FIFA-Rats, in den er frisch gewählt worden ist, sich für die Pressefreiheit stark zu machen. Fraglich ist aber, ob er dabei Gehör findet. Die "Bild"-Zeitung berichtet davon, dass die FIFA selbst mit den Regeln für den Confed Cup nicht glücklich sei, sie aber akzeptiere. Eine offizielle Stellungnahme des Weltverbands liegt aktuell nicht vor.
    Vor wenigen Tagen ist ARD-Teamchef Oliver Frick von einer Reise aus Russland zurückgekehrt. Dort hat er sich mit 350 Medien-Vertretern aus der ganzen Welt getroffen im Vorfeld des Turniers. "Das sind ganz erfahrene Profis, die sich vor keiner kritischen Frage scheuen. Wir haben zwei Tage mit den Russen diskutiert. Da wurde alles aufs Tapet gebracht, auch Akkreditierung, auch Visa. Da gab‘s keine einzige blöde Situation und auch keine einzige Unstimmigkeit - im Gegenteil: Die Russen machen das, was vor ihnen die Brasilianer oder auch die Südafrikaner gemacht haben."
    Klar ist: Die Option eines weitergehenden Arbeitsvisums steht jedem Journalisten zusätzlich zur Verfügung. Bisher gab es nach Deutschlandfunk-Informationen bei der Beantragung keine Hindernisse. Allerdings: Über die Interpretation der Klauseln wird - Stand heute - noch intensiv diskutiert. Auch Politiker aller Fraktionen äußern sich heute erwartungsgemäß empört. Denn, die Erfahrungen haben gezeigt, dass Russland kein über die Maßen zuverlässiger Partner des Sports ist. Noch vor dem Ende der Schlussfeier der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi annektierte Putin die Halbinsel Krim und brach trotz internationaler Proteste damit den Olympischen Frieden.